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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Scheidungsprozesses war von Ehebruch die Rede gewesen; allerdings hatten sich das beide Seiten gegenseitig vorgeworfen.
    »Du siehst gut aus«, sagte ich. Und das stimmte. Hemd und Anzug waren maßgeschneidert, die Krawatte war teuer. Ich hatte einen ganzen Schrank von diesem Zeug.
    »Du auch. Ist das deine neue Arbeitskleidung?«
    »Mehr oder weniger. Manchmal lasse ich die Krawatte weg.«
    Wir bestellten Bier und tranken es im Stehen.

    »Wie geht’s Claire?« fragte er. Das Vorgeplänkel war offenbar vorüber.
    »Gut, nehme ich an. Wir werden die Scheidung im beiderseitigen Einvernehmen einreichen. Ich bin ausgezogen.«
    »Geht es ihr gut?«
    »Ich glaube, sie war erleichtert, mich los zu sein. Ich würde sagen, es geht ihr besser als vor einem Monat.«
    »Hat sie einen anderen?«
    »Ich glaube nicht.« Ich musste vorsichtig sein, denn das meiste, wenn nicht alles, was wir hier besprachen, würde Warner meinen Eltern erzählen, insbesondere irgendwelche verwerflichen Scheidungsgründe. Sie würden Claire nur zu gern die Schuld geben, und wenn sie glaubten, dass sie mir untreu gewesen war, würden sie die Scheidung ganz logisch finden.
    »Und du?« fragte Warner.
    »Nein. Ich hab meine Hosen anbehalten.«
    »Warum wollt ihr euch dann scheiden lassen?«
    »Aus vielen Gründen, die ich eigentlich nicht erörtern möchte.«
    Damit war er nicht zufrieden. Seine eigene Scheidung war ein regelrechter Krieg gewesen, in dem beide Parteien um das Sorgerecht für die Kinder gekämpft hatten.
    Er hatte mich so oft an allen Einzelheiten Anteil nehmen lassen, dass er mir regelrecht auf die Nerven gegangen war. Jetzt erwartete er von mir dasselbe.
    »Ihr seid eines Tages aufgewacht und habt beschlossen, euch scheiden zu lassen?«
    »Du hast das doch auch hinter dir, Warner. Du weißt, dass es nicht so einfach ist.«
    Der Oberkellner führte uns zu unserem Tisch am Ende des Restaurants. Wir kamen an einem Tisch vorbei, an dem Wayne Umpstead mit zwei Männern saß, die ich nicht kannte. Umpstead war derjenige gewesen, den Mister an die Tür geschickt hatte, damit er das Essen hereinholte, und den die Kugel des Scharfschützen knapp verfehlt hatte. Er sah durch mich hindurch.
    Um elf Uhr, als ich im CCNV gewesen war, hatte man dem Vorstandsvorsitzenden Arthur Jacobs eine Kopie der Klageschrift übergeben. Umpstead war kein Teilhaber, und so fragte ich mich, ob er überhaupt von der Klage wusste.
    Natürlich wusste er davon. Am Nachmittag hatte man in eilig einberufenen Besprechungen die Bombe platzen lassen. Man musste eine Verteidigungsstrategie entwerfen, Marschbefehle erteilen, eine Wagenburg bilden. Kein Wort zu jemandem, der nicht zur Kanzlei gehörte. Nach außen hin würde man die Klage einfach ignorieren.
    Glücklicherweise konnte Umpstead unseren Tisch nicht sehen. Ich blickte mich um, ob noch irgendwelche anderen bösen Buben im Restaurant waren. Warner wollte zwei Martinis bestellen, doch ich unterbrach ihn. Für mich bitte nur Mineralwasser.
    Bei Warner hieß es immer volle Kraft voraus - ob es nun um Arbeit, Spiel, Essen, Trinken, Frauen, Bücher oder alte Filme ging. Auf einem Berg in Bolivien war er in einem Schneesturm beinahe erfroren, und in Australien war er beim Tauchen von einer giftigen Wasserschlange gebissen worden. Die Phase unmittelbar nach der Scheidung hatte er bemerkenswert leicht hinter sich gebracht, und zwar hauptsächlich deshalb, weil er gern reiste, Drachen flog, auf Berge stieg, mit Haien kämpfte und überall Frauen fand, die ihm gefielen.
    Als Teilhaber einer großen Kanzlei in Atlanta verdiente er viel Geld. Und gab viel aus. Bei diesem Abendessen würde Geld ein Thema sein.
    »Mineralwasser?« sagte er verächtlich. »Na komm schon. Bestell dir einen richtigen Drink.«

    »Nein.« Warner würde nach dem Martini zu Wein übergehen, es würde ein langer Abend werden, und er würde um vier Uhr schon wieder vor seinem Notebook sitzen und den leichten Kater als kleines, alltägliches Ärgernis betrachten.
    »Feigling«, murmelte er. Ich überflog die Speisekarte. Er musterte jede Frau, die vorbeiging.
    Der Ober brachte seinen Martini, und wir bestellten. »Erzähl mir von deiner Arbeit«, sagte er und gab sich redlich Mühe, den Eindruck zu erwecken, als interessierte er sich dafür.
    »Warum?«
    »Weil sie faszinierend sein muss.«
    »Warum sagst du das?«
    »Du hast ein Vermögen ausgeschlagen. Dafür musst du schon einen verdammt guten Grund haben.«
    »Es gibt Gründe, und für mich sind sie

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