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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Lagerhauses gegeben habe. Er habe die Akte manipuliert. Er habe versucht, die Sache zu vertuschen. Er habe sie alle schlicht belogen, gab Jacobs mit deutlichem Unbehagen zu. Hätte Chance nach der Geiselnahme die Wahrheit gesagt, dann hätte die Kanzlei die Klage und die daraus resultierende schlechte Presse vermeiden können. Chance habe sie bloßgestellt und sei entfernt worden.
    »Wie hat er die Akte manipuliert?« fragte Mordecai.
    Die Gegenpartei wollte wissen, ob Mordecai die Akte gesehen habe. Ob er wisse, wo das verdammte Ding sei. Er schwieg.
    Jacobs erklärte, gewisse Unterlagen seien aus der Akte entfernt worden.
    »Kennen Sie die Aktennotiz, die Hector Palma am 27. Januar verfasst hat?«
    fragte Mordecai, und sie erstarrten.

    »Nein«, antwortete Jacobs.
    Chance hatte also die Aktennotiz und Lontaes Quittung entfernt und vernichtet.
    Mit großer Gebärde - er genoß jeden Augenblick - entnahm Mordecai seiner Aktentasche einige Kopien der Aktennotiz und der Quittung und schob sie über den Tisch. Hartgesottene Anwälte nahmen sie entgegen und waren so bestürzt, dass es ihnen die Sprache verschlug.
    Es trat ein langes Schweigen ein. Die Aktennotiz wurde gelesen, auf ihre Echtheit untersucht, noch einmal gelesen und schließlich analysiert, in der verzweifelten Hoffnung, ein Schlupfloch zu finden oder auf eine Formulierung zu stoßen, die, aus dem Zusammenhang gerissen, das Blatt zugunsten der Gegenseite wenden könnte. Umsonst. Hectors Worte waren unmissverständlich, seine Schilderung ließ keinen Zweifel zu.
    »Darf ich Sie fragen, woher Sie das haben?« fragte Jacobs höflich.
    »Das ist unwichtig, jedenfalls im Augenblick.«
    Es war offensichtlich, dass die Aktennotiz ein schwerer Schlag für sie war. Vor seinem Hinauswurf hatte Chance ihren Inhalt preisgegeben, und das Original war vernichtet worden. Aber was, wenn es Kopien davon gab?
    Sie konnten nicht fassen, dass sie die Kopien in Händen hielten.
    Aber weil sie erfahrene Anwälte waren, fingen sie sich schnell wieder und legten die Notiz beiseite, als wäre sie etwas, mit dem sie sich zu gegebener Zeit befassen würden.
    »Ich nehme an, damit wären wir bei der fehlenden Akte«, sagte Jacobs in dem Bestreben, wieder festeren Boden unter den Füßen zu bekommen. Sie hatten einen Augenzeugen, der mich in der Nacht des Diebstahls in der Nähe von Chances Büro gesehen hatte. Sie hatten meine Fingerabdrücke. Sie hatten den mysteriösen Aktendeckel auf meinem Schreibtisch, in dem die Schlüssel gewesen waren. Und ich war bei Chance gewesen und hatte die River-Oaks/TAG-Akte einsehen wollen. Ich hatte also ein Motiv.
    »Aber es gibt keinen Augenzeugen für die Tat«, erwiderte Mordecai. »Das sind alles bloß Indizien.«
    »Wissen Sie, wo die Akte ist?« fragte Jacobs.
    »Nein.«
    »Wir haben kein Interesse daran, Mr. Brock ins Gefängnis zu bringen.«
    »Warum drängen Sie dann auf einen Strafprozess?«
    »Es liegt alles auf dem Tisch, Mr. Green. Wenn Sie Ihre Klage zurückziehen, ziehen wir unsere Anzeige zurück.«
    »Wunderbar. Was schlagen Sie vor, damit wir unsere Klage zurückziehen?«
    Rafter schob ein zehn Seiten umfassendes Papier voller mehrfarbiger Tabellen und Diagramme über den Tisch, die das Argument stützen sollten, Kinder und junge, alleinstehende Mütter ohne Ausbildung seien in Schadenersatzprozessen wegen fahrlässiger Tötung nicht viel wert.
    Mit der typischen Gründlichkeit einer großen Kanzlei hatten die Gehilfen in stundenlanger Arbeit die Datenbanken der Nation durchsucht und den neuesten Trend in der Schadenersatzrechtsprechung herausgefiltert. Den Trend des letzten Jahres. Den Trend der letzten fünf Jahre. Den Trend der letzten zehn Jahre.
    Aufgeschlüsselt nach Regionen. Aufgeschlüsselt nach Bundesstaaten.
    Aufgeschlüsselt nach Städten. Wie viel sprachen Schwurgerichte für den Tod eines Vorschulkindes zu? Nicht sehr viel. Der Bundesdurchschnitt lag bei fünfundvierzigtausend - im Süden und mittleren Westen war die Summe weit kleiner, in Kalifornien und den größeren Städten etwas größer.
    Vorschulkinder arbeiteten nicht, sie verdienten kein Geld, und die Gerichte ließen im allgemeinen keine Hypothesen über das zu erwartende Einkommen zu.
    In Lontaes Fall war man bei der Berechnung des Verdienstausfalls nicht kleinlich gewesen. Angesichts der Lücken in ihrem beruflichen Werdegang war man von optimistischen Annahmen ausgegangen: Sie war zweiundzwanzig gewesen und hätte sehr bald einen Vollzeitjob zum

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