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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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geben. Sind Sie deswegen gekommen?«
    »Ich weiß nicht, warum ich gekommen bin. Ich habe mich heute morgen an den Schreibtisch gesetzt, als wäre das alles nie passiert, aber ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ich bin einfach in der Gegend herumgefahren. Und jetzt bin ich hier.«
    Er schüttelte langsam den Kopf, als falle es ihm schwer, das zu begreifen.
    »Möchten Sie einen Kaffee?«
    »Nein, danke. Sie kannten Mr. Hardy recht gut, nicht?«
    »Ja, Devon war regelmäßig bei uns.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Wahrscheinlich in der städtischen Leichenhalle des General Hospital.«
    »Was geschieht mit ihm, wenn er keine Angehörigen hat?«
    »Dann wird er auf Kosten der Stadt beerdigt. In den Büchern taucht so was als
    >Armenbegräbnis< auf. In der Nähe des RFK-Stadions liegt ein Friedhof, wo diese Toten unter die Erde gebracht werden. Sie würden sich wundern, wie viele es gibt, auf die niemand Anspruch erhebt.«
    »Bestimmt.«
    »Sie würden sich wahrscheinlich über jeden Aspekt des Lebens von Obdachlosen wundern.«
    Das war eine kleine Spitze, aber für Spiegelfechtereien war ich nicht in Stimmung. »Wissen Sie, ob er AIDS hatte?«
    Er legte den Kopf schief, sah zur Decke und dachte ein paar Sekunden über diese Frage nach. »Warum?«
    »Ich stand hinter ihm. Sein Hinterkopf wurde in Stücke gerissen. Mein Gesicht war voller Blut. Darum.«
    Mit dieser Auskunft war ich nicht mehr einer der Bösen, sondern nur noch ein Durchschnittsweißer.
    »Ich glaube nicht, dass er AIDS hatte.«
    »Wird das denn nach dem Tod überprüft?«
    »Bei Obdachlosen?«
    »Ja.«
    »Meistens ja. Devon ist allerdings auf andere Art um» Leben gekommen.«
    »Könnten Sie es herausfinden?«
    Er zuckte die Schultern und taute noch ein bißchen mehr auf. »Klar«, sagte er zögernd und zog einen Stift aus der Brusttasche. »Sind Sie deswegen gekommen?
    Weil Sie Angst vor AIDS haben?«
    »Ich glaube, das ist einer der Gründe. Hätten Sie keine Angst?«
    »Doch.«
    Abraham trat ein, ein kleiner, hektischer Mann um die vierzig, dessen ganze Erscheinung geradezu die Karikatur eines Armenanwalts war. Er war Jude, trug einen dunklen Bart, eine Hornbrille, einen verknitterten Blazer, eine ebenso verknitterte khakifarbene Hose und schmutzige Turnschuhe, und er umgab sich mit der gewichtigen Aura eines Mannes, der ausgezogen ist, die Welt zu retten.
    Er beachtete mich nicht, und Green hielt offenbar nicht viel von Formalitäten.
    »Es sind starke Schneefälle angekündigt worden«, sagte Green zu ihm. »Wir müssen dafür sorgen, dass alle verfügbaren Notunterkünfte geöffnet sind.«
    »Ich bin bereits dabei«, erwiderte Abraham knapp und war schon wieder draußen.

    »Ich weiß, dass Sie viel zu tun haben«, sagte ich.
    »War das alles, was Sie wissen wollten? Eine Blutuntersuchung?«
    »Ich glaube ja. Haben Sie eine Ahnung, warum er es getan hat?«
    Er nahm die Brille ab, putzte sie mit einem Tuch und rieb sich die Augen. »Er war geisteskrank, wie viele dieser Leute. Wenn Sie jahrelang auf der Straße leben, sich ständig betrinken und Crack rauchen, wenn Sie in der Kälte auf dem Bürgersteig schlafen und von Polizisten und kleinen Ganoven herumgestoßen werden, dann werden Sie irgendwann verrückt. Außerdem hatte er noch eine Rechnung offen.«
    »Die Zwangsräumung.«
    »Ja. Vor ein paar Monaten ist Devon in ein verlassenes Lagerhaus Ecke New York und Florida gezogen. Irgend jemand hat das Ding mit ein paar Spanplatten in kleine Zimmer unterteilt. Nach Obdachlosenmaßstäben war es nicht mal schlecht: ein Dach über dem Kopf, ein paar Toiletten, fließendes Wasser. Hundert Dollar pro Monat, zahlbar an einen ehemaligen Zuhälter, der die Trennwände eingezogen hatte und behauptete, der Besitzer zu sein.«
    »Und? War er der Besitzer?«
    »Ich glaube, ja.« Er zog einen dünnen Ordner aus einem der Stapel auf seinem Tisch. Wunderbarerweise war es der richtige. Er blätterte darin. »Und da wird es dann kompliziert. Letzten Monat ist das Objekt von einer Gesellschaft namens RiverOaks gekauft worden, einem großen Immobilienkonzern.«
    »Und RiverOaks hat alle vor die Tür gesetzt?«
    »Ja.«
    »Ich nehme an, dass RiverOaks von unserer Kanzlei vertreten worden ist.«
    »Da könnten Sie recht haben.«
    »Warum wird es kompliziert?« - »Ich habe gehört, dass der Zwangsräumung keine Benachrichtigung vorausgegangen ist. Die Leute behaupten, sie hätten Miete an den Zuhälter gezahlt, und wenn das stimmt, dann waren sie keine

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