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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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verleitet hatte«, sagte Hoshina an den Shōgun gewandt. »Der sōsakan-sama hat sogar Schatzminister Nitta vor Gericht verteidigt, damit jeder glauben sollte, es ginge ihm um Gerechtigkeit. Doch seine Ermittlung ist ein Possenspiel, und seine angeblich guten Absichten dienen lediglich der Vertuschung. Kurtisane Wisterie hat in ihrem Tagebuch geschrieben, dass sie den sōsakan-sama zwingen wollte, sie zu heiraten. Er hat ihr die Waffe gegeben, die sie benötigte, als er Euch, Herr, beleidigt und Fürst Mitsuyoshi bedroht hat. Offenbar hat Wisterie versucht, den sōsakan-sama zu erpressen. Er hat sie ermordet, damit sie niemandem erzählen konnte, was er gesagt hat. Er ist ein Verräter, der einmal gemordet hat, um seinem Sohn die Nachfolge zu ermöglichen, und ein zweites Mal, um sein Verbrechen zu vertuschen.«
    »In der Tat, so könnte es gewesen sein …« Tokugawa Tsunayoshi blickte Sano finster an.
    Sano spürte sein Herz vor Panik rasen. Hoshina verdrehte alles, was er zu seiner eigenen Verteidigung vorbrachte, damit er, Sano, als Schuldiger dastand. Entsetzt von dem Albtraum, den er durchlebte, und wütend auf Hoshina, auf die Ältesten, auf den Shōgun und die Ungerechtigkeit, die ihm zuteil wurde, griff Sano zu einer List – der einzigen Möglichkeit, lebend aus diesem Intrigenspiel herauszukommen.
    »Herr«, sagte Sano zum Shōgun, »gestattet mir bitte, alle hier Anwesenden daran zu erinnern, dass Ihr die höchste Macht im Lande seid. Eure Weisheit und die Schärfe Eures Urteils übersteigen die aller niederen Menschen. Polizeikommandeur Hoshina muss sich bei Euch entschuldigen, weil er Euch, dem Unfehlbaren, seine klägliche Meinung aufzwingen will!«
    Ein Ausdruck der Entrüstung verdrängte Hoshinas selbstgefällige Miene. »Er will Euch schmeicheln, Herr, damit Ihr besser über ihn denkt als über mich!«
    Der Shōgun, der stets auf Lob und Schmeicheleien erpicht war, schaute Hoshina unwillig an und ermahnte ihn mit einer Geste zu schweigen. »Fahrt fort«, sagte er dann zu Sano.
    »Ihr seid ein kluger Herrscher mit der einzigartigen Fähigkeit, Recht und Unrecht zu unterscheiden. Würdet Ihr einen Mann verurteilen, weil ein Untergebener es von Euch verlangt?«, fragte Sano den Shōgun, obwohl es ihn beschämte, seinen Herrn auf diese Weise zu beeinflussen. »Würdet Ihr den wahren Mörder ungestraft davonkommen lassen, weil Hoshina- san mir die Schuld an Fürst Mitsuyoshis Mord geben will?«
    Während Hoshina in hilfloser Schmach die Augen aufriss, hob der Shōgun unschlüssig die Brauen. »Ich … äh, glaube nicht«, sagte er dann zustimmend.
    »Natürlich würdet Ihr das nicht tun, Herr.« Nachdem Sano die Oberhand gewonnen hatte, wurde sein Tonfall forscher. »Euer einzigartiges Ehrgefühl erfordert mehr als nur ein Tagebuch zweifelhafter Herkunft und die Beschuldigungen Hoshina -sans , ehe Ihr entscheidet, ob ein Mann, dem Ihr vertraut habt, ein Verbrecher ist. Ihr braucht Tatsachen, Herr.«
    »Tatsachen. Äh … ja.« Der Shōgun griff das Wort auf, als würde es ihn entzücken und eine komplizierte Situation auf diesen einfachen Gedanken schrumpfen lassen. Dann legte sich ein Schleier der Verwirrung auf seine Züge. »Aber woher bekomme ich diese Tatsachen? Was … äh, soll ich tun?«
    »Da Ihr mich um meine bescheidene Meinung bittet«, sagte Sano, »schlage ich vor, Ihr erteilt mir den Befehl, weiterhin nach dem Mörder zu suchen, bis ich den wahren Schuldigen gefunden habe und meine Behauptung beweisen kann, dass ich unschuldig bin und von meinen Feinden hereingelegt wurde.«
    Die verwirrte Miene des Shōgun hellte sich auf. Doch bevor er etwas sagen konnte, mischte Hoshina sich ein: »Bitte verzeiht, Herr, aber der sōsakan-sama darf nicht die Erlaubnis erhalten, irgendeinen Unschuldigen zu bestimmen, den er dann für seine Verbrechen verantwortlich machen kann.« Der Polizeikommandeur sprach in heftigem, verzweifeltem Tonfall. »Wenn Ihr seiner Bitte entsprecht, begünstigt Ihr den Mann, der Euren Vetter ermordet hat!«
    »Aus Liebe zur Gerechtigkeit sollte Polizeikommandeur Hoshina erlaubt werden, nach Beweisen für meine Schuld zu suchen«, erklärte Sano.
    Hoshina riss ungläubig den Mund auf. Der Shōgun dachte nach. Sein Blick fiel auf den Kammerherrn Yanagisawa, dessen Schultern leicht zuckten, womit er signalisierte, dass er die Verantwortung für die Entscheidung ablehnte. Der Shōgun drehte sich zu den Ältesten um. Sie verharrten still und teilnahmslos wie reglose Bäume vor

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