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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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für die Kunden, als ihnen den Rücken zu waschen.«
    Reiko begriff, dass das Badehaus ein illegales Bordell war und dass Yuya als Prostituierte arbeitete. Beschämt zog sie die Schultern ein und folgte Yuya in ein Schlafzimmer. Dort knieten beide Frauen nieder. Yuya stopfte eine Tabakspfeife und zündete sie mit einer glühenden Kohle aus dem Ofen an, während Reiko den Blick auf den befleckten Futon vermied.
    »Und?«, sagte Yuya, die den Kopf hin- und herwarf und den Rauch ausblies.
    Reiko kam sofort zum Thema. »Ihr kennt Kurtisane Wisterie, nicht wahr?«
    »Oh ja.« Yuya lächelte angewidert.
    »Wann habt Ihr sie das letzte Mal gesehen?«
    »Vor drei Jahren vielleicht. Sie kam hierher ins Badehaus.«
    Das war lange Zeit vor Fürst Mitsuyoshis Ermordung, doch Reiko wollte jede Information, die sie bekommen konnte. »Warum kam Wisterie hierher?«
    »Es hieß, der Mann, der sie aus Yoshiwara befreit hatte, hätte ihr Geld gegeben, von dem sie leben konnte, aber sie war sehr verschwenderisch. Sie wollte weiterhin ein Leben führen, wie sie es als Kurtisane gekannt hatte, deshalb mietete sie ein großes Haus, kaufte teure Möbel und Kimonos aus feinsten Stoffen und gab rauschende Feste. Nach kurzer Zeit war das Geld aufgebraucht. Sie borgte sich immer größere Summen und war bald hoch verschuldet. Schließlich musste sie alles verkaufen, aus dem Haus ausziehen und vor den Geldverleihern davonlaufen, die sie jagten, weil sie ihr Geld zurückwollten.«
    Das war eine ganz andere Version als die, die in dem zweiten Tagebuch beschrieben wurde, überlegte Reiko – und Yuya hatte weniger Grund zu lügen als die Person, die das Tagebuch geschrieben hatte, um Sano zu vernichten.
    »Wie viele andere Frauen, die schwere Zeiten durchmachen, ist Wisterie schließlich im Badehaus gelandet.« Yuya kicherte über das Unglück der schönen Kurtisane. »Als sie hierher kam, führte sie sich auf wie eine Fürstin. Sie sprach von oben herab zu uns anderen und erwartete von uns, dass wir sie bedienten. Sie hielt sich für etwas Besonderes.«
    »Weil sie eine tayu gewesen war?«, wollte Reiko wissen.
    »Ja, auch deshalb«, erwiderte Yuya. »Aber wenn Ihr mich fragt, ist eine Hure eine Hure, egal, wie teuer sie ist.« Sie klopfte Asche aus der Pfeife in den Ofen. »Wisterie war die Geliebte jenes Mannes, dem dieses Badehaus gehört. Sie kannten sich schon aus unserer Jugend. Der Besitzer war damals ihr Liebhaber, und er war noch immer verrückt nach ihr. Wisterie lebte hier, musste den Kunden aber nicht zu Diensten sein wie die anderen Frauen.«
    In Yuyas Stimme schwang Zorn mit. »Durch unsere Arbeit haben wir sie ernährt. Und sobald wir etwas taten, das sie ärgerte, beschwerte sie sich beim Besitzer, worauf wir verprügelt wurden.«
    Je mehr Reiko über Wisterie erfuhr, desto unsympathischer wurde sie ihr. Hatte ihr verderbter Charakter zu ihrem Tod geführt? Doch die Ereignisse, von denen Yuya sprach, hatten sich vor langer Zeit zugetragen, und vielleicht hatten sie gar nichts mit Fürst Mitsuyoshis Ermordung zu tun.
    »Wir Frauen waren alle froh, als Wisterie zurück ins Vergnügungsviertel geschickt wurde«, sagte Yuya mit einem rachsüchtigen Grinsen.
    »Warum ist Wisterie wieder nach Yoshiwara zurückgegangen?«, fragte Reiko, die neugierig auf den Rest der Geschichte wartete. Ob es wohl möglich wäre, Yuya dem Shōgun als Zeugin zu präsentieren, deren Bericht über Wisteries Leben die falschen Darstellungen im Tagebuch widerlegen und Sanos Namen reinwaschen könnte?
    »Der Besitzer stellte Wisterie mehreren Händlern vor, die er kannte. Sie ging mit den Männern ins Bett und bekam Geld dafür. Aber Wisterie wurde immer gieriger. Eines Nachts nahm ein wohlhabender Weinhändler sie mit nach Hause. Nachdem er eingeschlafen war, stahl Wisterie ein Kästchen mit Goldmünzen und schlich sich aus dem Haus. Am nächsten Tag entdeckte der Händler, dass Wisterie mitsamt dem Geld verschwunden war. Er zeigte sie bei der Polizei an.« Yuya zuckte die Schultern und ließ den Rest dieser gewöhnlichen Geschichte einer weiblichen Kriminellen, die zur Strafe nach Yoshiwara geschickt wurde, unausgesprochen.
    »Habt Ihr Wisterie danach nicht mehr gesehen?«, fragte Reiko gespannt.
    »Ich habe sie zwar nicht gesehen, aber sie kam hierher. Ich war mit einem Kunden in einem Zimmer, als die Nachtwache jemanden ins Haus ließ.« Yuya war ihr Unbehagen anzumerken. »Es waren der Besitzer und Wisterie. Ich habe ihre Stimmen erkannt.«
    »Wann war

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