Der Verrat
geisterhafte Schatten. Die Hitze ließ die Luft über den Holzkohleöfen schimmern. Rauch stieg in die Höhe.
Als Sano die letzte Stufe hinaufstieg, versetzten ihm seine Begleiter einen kräftigen Stoß. Er fiel der Länge nach auf den Boden. Empört starrte er zu Himmelsfeuer hinauf, der über ihm aufragte.
»Siehe da, der stolze Tokugawa-Soldat«, spottete Himmelsfeuer mit einem grausamen Grinsen. Seine Augen funkelten im Licht der Laternen krampfartig ballte er die Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder, von nervöser Energie erfüllt.
Sano stand vorsichtig auf, doch Himmelsfeuer trat ihm gegen das Kinn und streckte ihn mit dem Tritt erneut zu Boden. »Wie mutig seid Ihr ohne Eure Waffen und Truppen und ohne Euren Shōgun, der Euch beschützt?«, spottete Himmelsfeuer und befahl dann: »Zeigt mir Eure Ehrerbietung!«
Von Schmach und Zorn erfüllt, unterdrückte Sano das heftige Verlangen, sich bei diesem gewalttätigen Mann zu rächen und die Lage dadurch noch weiter zu verschlimmern. Er kniete nieder, verbeugte sich und sagte: »Ich stehe Euch zu Diensten.«
Himmelsfeuer grinste, er schien beschwichtigt, obwohl seine Augen wachsam funkelten. Sano drehte sich zu Wisterie um. Mit ihrem zerschlagenen Gesicht und dem kahlen Schädel sah sie zum Erbarmen aus. Ihre einstige Schönheit war verblüht. Wisterie blickte Sano mit einem sonderbaren Ausdruck an, in dem sich Hoffnung und Entsetzen spiegelten.
Während einige Ganoven Sano bewachten, streifte Himmelsfeuer auf dem Speicher umher. »Ich muss hier irgendwie herauskommen«, knurrte er mit zusammengepressten Zähnen. »Wann bringt Euer Gefolgsmann das Geld?«
»So schnell er kann«, erwiderte Sano, den Himmelsfeuers Ungeduld verwirrte und der sich fragte, wie groß die Aussichten waren, eine gewaltlose Kapitulation zu erreichen, wenn der Schurke seine Ungeduld jetzt schon kaum mehr zügeln konnte.
»Verzeiht, dass ich Euch in diese Lage gebracht habe«, hauchte Wisterie. Sie kroch zu Sano heran und flüsterte mit eindringlicher Stimme: »Bitte verhindert, dass er mich mitnimmt.«
»Das wird er nicht«, versprach Sano mit gespieltem Selbstvertrauen.
Himmelsfeuer schritt auf sie zu. »Was tust du da?«, herrschte er Wisterie an. »Versuchst du, ihn zu betören, damit er dich rettet?« Er hob die Hand, um sie zu ohrfeigen.
Wisterie wich zurück und suchte Schutz an Sanos Seite. Er legte schützend einen Arm um sie. »Niemand versucht hier etwas«, sagte er zu Himmelsfeuer. »Beruhigt Euch.«
Doch der Verbrecher wurde rot vor Wut und brüllte: »Rührt sie nicht an! Ihr habt sie einst besessen, aber nun gehört sie mir. Nehmt Eure dreckigen Hände von ihr, oder ich hacke sie Euch ab!«
Seine wilde Eifersucht erschreckte Sano ebenso wie die Tatsache, dass Himmelsfeuer über seine einstige Affäre mit Wisterie Bescheid wusste. Er wich hastig von ihr ab, als ihm bewusst wurde, dass die Chancen, Himmelsfeuers Kapitulation zu erreichen, noch schlechter waren, als er angenommen hatte, weil Himmelsfeuer ihn als Rivalen betrachtete.
Begierig, die Situation unter Kontrolle zu bekommen, sagte er: »Wir alle werden eine Zeit lang miteinander verbringen müssen. Warum setzt Ihr Euch nicht, und wir reden?«
»Haltet den Mund! Sagt mir nicht, was ich zu tun habe!«
Himmelsfeuer zog sein Schwert. Sano erhob sich und griff instinktiv nach seiner eigenen Waffe, doch seine Hand fasste ins Leere. Panik stieg in ihm auf. Wisterie schnappte entsetzt nach Luft. Die anderen Ganoven stießen zornige Rufe aus.
»Haltet euch heraus!«, befahl Himmelsfeuer ihnen und schritt auf Sano zu.
Sano wich zurück und versuchte, vernünftig mit Himmelsfeuer zu reden. »Wenn Ihr mir etwas antut, bekommt Ihr Euer Geld nicht.«
Aber Himmelsfeuer schritt unbeirrt weiter auf ihn zu, bis Sano in einer Ecke in der Falle saß – den Rücken gegen die Wand gepresst – und die Spitze von Himmelsfeuers Schwert gegen seine Kehle drückte. Von grenzenloser Unruhe erfüllt, blieb Himmelsfeuer stehen, mit keuchendem Atem und zuckenden Muskeln. Sano sah wilde Wut in den funkelnden Augen des Ganoven, und Blutgier verzerrte sein Gesicht.
»Wir werden sehen, ob Ihr wie ein Samurai sterbt oder wie der Feigling, der Ihr seid!«, zischte Himmelsfeuer.
»Meinetwegen tötet mich«, entgegnete Sano, der sein Entsetzen unterdrückte, denn er wusste, dass Himmelsfeuer im Stande war, auch einen Unbewaffneten zu töten. »Aber Ihr werdet niemals damit durchkommen. Meine Männer werden Euch jagen, um meinen
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