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Der Verrat Der Drachen: Roman

Titel: Der Verrat Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
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auch gestern Abend nicht Lebewohl gesagt, und sie hatte von ihm erwartet, wenigstens hier zu sein. Vielleicht war dies irgendein Inselbrauch, von dem sie nichts wusste.
    »Komm.« Veila stieß ihren Arm an. »Es wird Zeit.« Die ältere Frau raffte die Röcke und watete voran in die Brandung zu den wartenden Händen der Schifferinnen, die die Jolle ruhig hielten, während Veila einstieg. Tuon warf einen letzten Blick auf den leeren Strand, folgte ihr, zuckte zusammen, als das kalte Wasser ihre Füße bedeckte, und versuchte, ihr Kleid über dem auflaufenden Wasser zu halten. Sie stieg gerade ins Boot, als sie ein Klatschen hörte. Als sie sich erstaunt umsah, erblickte sie Ivar, der hinter ihr herkam, breit grinste und eine große, ausgebeulte Tasche auf dem Kopf sowie eine kleinere auf dem Rücken trug.
    »Wartet«, sagte er, »ich komme auch mit.«

16

    D as Schiff knarrte und ächzte, als der Südwind die Segel füllte, und Tuon saß gegenüber von Ivar an dem schmalen Tisch in der Kombüse. Eines der Pergamente der Schriftrollen des Propheten war vor ihm ausgebreitet, und er und Veila studierten den eng geschriebenen Text. Eine heftige Windböe ließ das Boot seitwärts krängen. Ivar streckte die Hand aus, fing einen vorbeirollenden Apfel auf, den er als Briefbeschwerer benutzt hatte, und legte ihn wieder auf die Ecke des Pergaments.
    »Was heißt das hier?« Veila deutete stirnrunzelnd auf einen Abschnitt. »Ich kann es nicht ganz lesen. Meine Augen sind nicht so scharf, wie sie es einst waren.«
    Ivar beugte sich zu ihr. » Und das Licht wird kommen, wird aber nur Dunkelheit bringen «, sagte er.
    »Schon wieder dieser Verweis auf das Licht, das Dunkelheit bringt«, sagte Veila nachdenklich. »Es klingt, als ob er dunkle Tage vorhersagt, eine Zeit der Trauer und Furcht, aber das ist etwas, was wir schon wissen. Natürlich wird Azoths Kommen dunkle Zeiten nach sich ziehen.«
    »Aber Azoth kann nicht das Licht sein«, sagte Ivar.
    »Nein, das kann er nicht.«
    Tuon seufzte. Das Thema, dass das Licht Dunkelheit bringen würde, war in den vergangenen dreißig Stunden schon mehrfach aufgekommen. Was es bedeuten mochte, überstieg ihr Verständnis. Sie war immer noch überrascht, dass Ivar sich über Pasiphaes Wunsch hinweggesetzt hatte. Er hatte so viele Schriftrollen mitgebracht, wie er hatte tragen können, und schien sich keine Sorgen darum zu machen, wie seine Mutter reagieren würde, wenn er zurückkam – falls er das denn je tat.
    Sie beobachtete ihn und Veila, wie sie die Köpfe über die alten Schriften beugten. Keiner von beiden hatte viel Schlaf bekommen, und beide hatten mit geistesabwesender Miene ihre Mahlzeiten gegessen, während sie die alten Pergamente gewälzt hatten.
    »Ich gehe an Deck, um etwas Luft zu schnappen«, sagte Tuon und drängte sich an der Köchin vorbei, um die Stufen zum Deck hinaufzusteigen.
    Draußen war der Tag windig, aber heiter. Die Mannschaft schenkte ihr kaum Aufmerksamkeit, als sie zum Bug ging und sich gegen die Reling lehnte. Sie dachte an nichts, bis sie aus dem Augenwinkel das Huschen eines dunklen Schattens wahrnahm. Asrith und ihr zehnköpfiger Schwarm glitten über sie hinweg, so hoch oben, dass sie wie riesige Vögel aussahen.
    »Sie sind majestätische Geschöpfe, nicht wahr?« Ivar trat neben sie.
    Tuon wandte sich überrascht um. »Ja, aber solltet Ihr nicht eigentlich Veila helfen?«
    Er lächelte. Sein Gesicht zeigte seine Erschöpfung; sein glänzendes, schwarzes Haar flatterte im Wind hin und her.
    »Sogar meine jungen Augen werden zuweilen müde. Außerdem ruht sich die Seherin gerade aus, und ich ziehe Eure Gesellschaft der Ashuks vor. Sie redet von nichts als Tauen und Segeln und glaubt, dass Männer nur zu einem taugen.« Sein Lächeln weitete sich zu einem Grinsen, als Tuon eine Augenbraue hochzog. »Dazu, süße Nusskuchen zu backen, natürlich«, sagte er.
    »Stimmt das denn?«
    »Leider ja.« Er setzte eine gekränkte Miene auf. »Uns Inselmännern wird so wenig Würde gelassen.«
    Tuon lachte, und ein Windstoß riss ihr Haar aus seiner Spange und blies es ihr mitten ins Gesicht. Sie mühte sich ab, es wieder zusammenzufassen, und spuckte Strähnen aus, die ihr an den Lippen klebten.
    Jetzt lachte Ivar. »Vielleicht solltet Ihr Euch den Kopf rasieren, wie Ashuk. Das scheint auf einem Schiff das Beste zu sein.«
    »Ich glaube nicht. Welcher Mann würde mich dann noch wollen?«
    »Ich bin mir sicher, dass Ihr ohne Haare genauso schön sein würdet

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