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Der Verrat Der Drachen: Roman

Titel: Der Verrat Der Drachen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Morgan
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seine heiße Stirn legte, und schloss die Augen. Sofort sah sie Helligkeit; Wissen strömte in sie ein, wie es auch bei Tallis geschehen war. Sie sah schwarze Anhäufungen, die rotes Fleisch zerfetzten, sah Blut, das schwach durch Organe floss, die kaum vor Leben pulsierten, und ohne zu wissen, wie es geschah, ließ sie die Helligkeit der Energie hindurchfließen, schob das Schwarz fort, gab den Organen und Muskeln das Blut zurück. Das Herz des Mannes begann mit stetiger Kraft zu schlagen, und seine Lunge weitete sich, als er tief Luft holte.
    Wie lange es dauerte, bis die Schwärze verschwand, wusste Shaan nicht zu sagen, doch als sie ihre Hand wegzog und die Augen öffnete, war die Blässe aus seinen Wangen einem schwachen Anflug von Rosigkeit gewichen. Er atmete gleichmäßig; seine Augen lagen nun ruhig unter den Lidern. Die Hitze des Fiebers war verschwunden.
    Shaan sackte am Fußende des Betts zusammen. Sie hatte es geschafft; sie war sich sicher, dass er geheilt war. Allerdings wusste sie nicht, wie sie es den Schwestern erklären sollte, doch das war ihr gleichgültig. Sie hatte einen Schaden rückgängig gemacht, den Azoth angerichtet hatte. Vielleicht würde sie in der Lage sein, Leben zu retten, die sonst vielleicht verloren gewesen wären. Sie sah auf ihre Hände hinab, dann langsam, fragend, auf ihr eigenes, verletztes Bein und die schwächeren Muskeln ihres linken Arms. Vielleicht konnte sie sich selbst auch heilen.
    Sie ignorierte den Schmerz in ihrem Körper und konzentrierte sich angestrengt auf ihr linkes Bein, starrte es an, richtete ihre Aufmerksamkeit auf seine Schwäche, den Schmerz, der es ermüdete. Aber nichts kam. Ihre Finger blieben taub. Shaan sah noch einmal nach dem jungen Mann und verließ dann das Zimmer. Sie würde weggehen, kurz schlafen und es dann noch einmal versuchen. Vielleicht war das alles, was sie brauchte.
    Fast hatte sie das Ende des Ganges erreicht, als Schwester Lyria zurückkehrte und ihr nacheilte.
    »Shaan«, rief sie, »wohin gehst du?«
    »Ich muss mich ausruhen«, sagte sie.
    »Wie geht es dem jungen Mann?«
    »Er schläft.« Shaan hoffte, dass die Schwester nicht nach ihm sehen würde, aber Lyria ging zurück zu dem Zimmer. Da sie sich nicht mit ihren Fragen abgeben wollte, eilte Shaan zum Ende des Ganges, aber noch bevor sie dort ankam, hatte Schwester Lyria den Mann gesehen und rief nach ihr.
    »Shaan, warte!« Sie rannte ihr nach. »Es geht ihm viel besser. Ich dachte, er würde sterben; unsere Heilerinnen hatten keine Hoffnung für ihn. Wie ist das geschehen?«
    »Vielleicht hat er einfach Glück.« Shaan trat um sie herum und ging auf die Tür zu.
    »Amora hat den Stein ebenfalls berührt«, rief die Schwester; ihr Ton brachte Shaan zum Stehenbleiben. Lyrias Augen waren von inbrünstigem Glauben erfüllt. »Sie war diejenige, die diesen Tempel errichtete, diejenige, die das Heilen der vielen begann, die in der Revolution verwundet worden waren. Vielleicht behütet sie dich.«
    Der Ausdruck ihrer Augen war verstörend, und Shaan wandte sich ab. »Ich muss gehen«, sagte sie und entfernte sich so rasch, wie ihr schmerzendes Bein es gestattete.
    Die nächste Stunde lang versteckte sie sich hinter verschlossener Tür in ihrem Zimmer und versuchte sich auszuruhen, während sie sich Gedanken über das machte, was sie getan hatte, und was die Schwester wohl davon hielt. Lyria hatte eindeutig einen Verdacht, aber würde sie irgendjemandem davon erzählen? Höchstwahrscheinlich. Aber was konnte die Schwester schon tun? Shaan würde nichts eingestehen, und Lyria hatte keinen Beweis. Shaan war nicht bereit, sich zu einer Art heilendem Engel für die Schwestern machen zu lassen – und sie würden wollen, dass sie genau das wurde. Sie wusste nicht einmal, ob sie diese Kraft kontrollieren konnte. »Sie hat einen dunklen Beiklang.« Tallis hatte das gesagt; er hatte es gespürt, und sie auch. Wer sagte schon, dass sie nicht müde werden und jemanden töten würde, statt ihn zu heilen?
    Sie lag auf ihrem Bett, starrte die Decke an und wünschte sich, sie könnte mit Tallis darüber reden, als es an der Tür klopfte.
    »Der Wagen steht bereit, Fräulein.«
    Sie schloss kurz die Augen, stand dann auf und öffnete die Tür.
    »Tut mir leid, aber ich dachte, ich sollte kommen und Euch holen.« Es war der Kutscher. Er schenkte ihr ein kleines Lächeln und fuhr sich mit der Hand über den kahl werdenden Schädel. »Die Führerin mag’s nicht, wenn man sie warten

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