Der Verrat: Thriller (German Edition)
als sei sie besonders erfreut über diese Information. »Das heißt, dass fünfzehn Prozent gestorben sind«, sagte sie.
»Stimmt. Aber Sie haben das, was als Krebs der Phase zwei gilt. Damit liegen Sie irgendwo in der Mitte des Spektrums, was den Ernst der Lage betrifft.«
»Was werden Sie mit mir machen?«
Er streckte die Hand über den Tisch und legte sie auf ihre verschränkten Hände. »Wir werden eine Therapie ausarbeiten, die Ihnen die bestmögliche Chance gibt, Ihren Sohn aufwachsen zu sehen.«
Das war der Moment, in dem wir beide, Scarlett und ich, zu weinen begannen.
31
D as Kind machte ihn ganz verrückt. Geduld war nicht Pete Matthews’ Stärke, und kurze Zeit nachdem er ihn abgeholt hatte, wusste er sich schon keinen Rat mehr mit dem Jungen. Im Wagen ging er ihm tierisch auf die Nerven. Sang misstönend Petes Lieblingsmelodien mit, jammerte, dass er aufs Klo müsse, beklagte sich, dass er Hunger hätte, und weinte, weil er Durst hatte. Wie viele Wünsche konnte ein einziges Kind haben?
Er war noch nie so froh gewesen, endlich bei dem Reihenhaus in Corktown anzukommen, hatte das Kind mit einem Sandwich und einer Flasche Wasser in dem Zimmer unterm Dach eingesperrt und den Fernseher angeschaltet, damit es Unterhaltung hatte. Wenn er Glück hatte, würde es still sein und einschlafen. Pete hasste die Art, wie ihn das Kind anschaute; diese Mischung aus Bewunderung und Angst behagte ihm nicht.
Pete war ein Mann, der daran gewöhnt war, seinen Willen durchzusetzen. Im Lauf der Jahre hatte er sich alle möglichen spitzfindigen Tricks ausgedacht, um sicherzustellen, dass die endgültige Tonmischung schließlich so war, wie er es für richtig hielt. Meistens glaubten die Künstler, mit denen er zusammenarbeitete, dass all die guten Ideen auf sie selbst zurückgingen; aber er wusste, dass ein wesentliches Element der Produktion, die die Zuhörer genossen, von seinem Einsatz, seiner individuellen Kombination aus Können, Erfahrung und Phantasie herrührte. Hier in Detroit arbeitete er viel mit erfahrenen Studiomusikern, die schon im Geschäft gewesen waren, als die Künstler, mit denen sie die Musik aufnahmen, noch in den Windeln lagen. Diese Musiker wussten, dass sie sich in den Händen eines wahren Profis befanden und reagierten begeistert auf Pete. Mit ihnen hatte er nie ein Problem.
Nur die Jungspunde dachten, sie wüssten alles besser, und manchmal brauchte Pete eine Weile, bis er sie zu seinen Ansichten bekehrt hatte. Wenn sie nicht mit ihm übereinstimmten, machte er einfach auf seine Art und Weise weiter und tat so, als hätten sie genau das verlangt. Die meisten konnten die feineren Nuancen der Produktion sowieso kaum beurteilen und begriffen nichts. Deshalb brauchte er einfach Zeit und Ausdauer.
Er holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank und machte sich ein Sandwich. Amerikanisches Essen mochte er sehr. Hauchdünn geschnittener Schinken, Eiersalat und Cheez Whiz auf Roggentoast. Wunderbar. Bevor er sich zum Essen an den Tisch setzte, ging er in den Flur und horchte. Außer dem fernen Gemurmel des Fernsehers war nichts zu hören. Das Kind weinte nicht, und nur das war wichtig. Er hätte es jetzt überhaupt nicht brauchen können, dass die Nachbarn die Polizei riefen, um sich über ein schreiendes Kind zu beklagen.
Er kehrte zu seinem Bier und Sandwich zurück und überlegte, welche Möglichkeiten er hatte. Es blieb noch eine Woche Arbeit in Detroit, dann sollte er nach Großbritannien zurückfliegen. Es gab noch einiges mit Stephanie zu regeln, und das wollte er eher früher als später erledigen.
Pete war in der Angelegenheit mit Stephanie einige Zeit ratlos gewesen. Er begriff einfach nicht, warum sie nicht zu ihm zurückgekehrt war. Sie gehörte doch zu ihm. Er liebte sie hingebungsvoll. Niemand konnte sie so lieben wie er. Er hatte ihr alles geboten, was eine Frau sich wünschen konnte, und trotzdem verweigerte sie sich. Aber jetzt, wo das Kind die Bildfläche betreten hatte, war er sicher, dass sie die Situation anders sehen würde. Es waren zwei Menschen nötig, um sich richtig um ein Kind zu kümmern. Das musste sie doch jetzt einsehen.
Na gut, er hatte gleich von Jimmys Geburt an etwas gegen ihn gehabt, aber nur, weil Stephanie so viel Zeit und Energie auf dieses Flittchen Scarlett und ihren Bastard verwendet hatte. Zeit, die sie ihm und ihrer Beziehung hätte widmen sollen. Auch alle seine Freunde waren dieser Meinung gewesen. Ihr Platz war in ihrem eigenen Heim, nicht da draußen
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