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Der Verrat: Thriller (German Edition)

Der Verrat: Thriller (German Edition)

Titel: Der Verrat: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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in dem verdammten Plastikpalast irgendwo in Essex, wo sie einsprang, um bei der Versorgung eines Kindes zu helfen, dessen eigener Vater zu sehr mit seiner Schmarotzerkarriere als DJ beschäftigt war, als dass er so etwas wie Verantwortung zeigen konnte. Ganz am Anfang war er mal da rausgefahren, um es sich anzuschauen. Nur aus Neugier. Es war nicht schwer zu finden gewesen und genauso hässlich, wie er erwartet hatte. Er konnte nicht verstehen, dass eine Frau mit so viel Geschmack wie Stephanie es ertragen konnte, sich dort aufzuhalten.
    Aber jetzt war alles anders. Klar, es würde nicht so sein, als hätte er einen eigenen Sohn. Das würde später kommen, nachdem sie sich sozusagen als Fertigfamilie eingerichtet hatten. Aber er würde Jimmy großziehen, wie es sich gehörte. Würde ihm zeigen, wie es ist, ein Mann zu sein. Das Kind war von Geburt an verzärtelt worden. Er war gehätschelt und getröstet statt diszipliniert worden. Und was war dabei herausgekommen? Er war eine verwöhnte Heulsuse. Aber Pete würde das bald ändern. Würde ihm beibringen, ein kleiner Mann zu sein. Stark und widerstandsfähig. Stephanie würde stolz sein, wenn sie sah, dass er die Verantwortung dafür übernehmen konnte, ein männliches Vorbild für einen Jungen abzugeben. Er sah sie in den zukünftigen Jahren schon alle drei vor sich, der Junge würde seinen Platz kennen und zeigen, dass er sich zu benehmen wusste.
    Er hatte den ersten Schritt getan, indem er eine Verbindung zu Jimmy aufbaute, die auf Disziplin und Gehorsam gegründet war. Damals, als Scarlett Harlot noch am Leben war, hatte Pete sich zur freiwilligen Mitarbeit im Kindergarten gemeldet, den der Junge besuchte. Man war begeistert gewesen von diesem charmanten Mann, der jede Woche einmal mit verschiedenen Musikern auftauchte und sich für die Arbeit mit den Kindern engagierte. Die Kinder machten Geräusche auf vielen verschiedenen Instrumenten. Und Pete nahm es in mühevoller Kleinarbeit auf und formte es zu etwas um, was Musik nahe kam. Er lud die Endresultate auf YouTube hoch, wo liebevolle Eltern sich dem Wunschtraum hingaben, dass ihr kleiner Orlando und die kleine Keira sich auf der Überholspur dem Jugendmusikpreis näherten.
    Und der kleine Jimmy Higgins war der Liebling der Lehrer gewesen. Tatsächlich schien er etwas mehr Gespür zu haben als die meisten anderen Kinder. Wahrscheinlich weil er von klein auf lauter rhythmischer Musik ausgesetzt war, was er seinem untauglichen Nichtsnutz von Vater zu verdanken hatte. Pete pflegte dieses zarte Pflänzchen und brachte Jimmy dazu, dass er sich mehr anstrengte. Es war erfreulich zu sehen, wie der Junge eine Ahnung von Zuckerbrot und Peitsche bekam. Wenn er mit Stephanie erst einmal alles geklärt hatte, konnte er aus dem Jungen vielleicht einen passablen Musiker machen.
    Sein Tagtraum wurde von einem schwachen, dünnen Klagelaut aus dem oberen Stockwerk unterbrochen. Pete schlug mit der Handfläche fest auf den Tisch, dann lief er die Treppe hinauf. Die Hand juckte ihm, dem Kind eine ordentliche Ohrfeige zu verpassen. Schließlich musste es lernen.

32
    Z uerst kam die OP. Mit dem, was Simon »eine weiträumige lokale Exzision« nannte, wollte man erreichen, dass Scarlett so viel Brustgewebe wie möglich erhalten blieb. Weil die Diagnose so früh gestellt worden war, glaubte er, dass man das Krebsgewebe herausschneiden und die Ränder säubern könnte, so dass der Krebs keinen Halt mehr in ihrem Körper finden würde. Man entfernte sowohl den Krebs als auch den Lymphknoten, der in der Nähe dieses Teils der Brust saß. »Wir nennen das eine Sentinelbiopsie des Wächterlymphknotens, weil er wie ein Vorposten Ihres Immunsystems ist. Wenn er frei von Tumorzellen ist, dann ist es auch der Rest Ihres Körpers«, erklärte er.
    Scarlett wurde gut mit der Operation fertig. Ihr hohes Maß an körperlicher Fitness half dabei. Selbst nach Jimmys Geburt war sie weiterhin jeden Tag geschwommen. Sie hatte sich auch einen Crosstrainer gekauft und lief drei- oder viermal die Woche fünf Kilometer. Simon sagte, von dem Krebs abgesehen, sei sie sehr gut in Form, und ermutigte sie, so bald wie möglich zu ihrem Training zurückzukehren.
    Aber das genügte nicht, um den Schmerz und die Angst unter Kontrolle zu halten. Sie nahm nicht lange Morphin, und ich sah, dass sie litt.
    »Du musst den Schmerz nicht aushalten«, riet ich ihr. »Sie werden dir etwas geben, um ihn zu mildern. Die Schmerzen sind nicht von Vorteil.«
    Sie zog eine

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