Der Verrat: Thriller (German Edition)
gründlicher täuschen können. Als ich zum ersten Mal über die Schwelle trat, fühlte ich mich dort sofort wohl, und seitdem ist das mein Zuhause in London, wenn ich von zu Hause weg bin.
Sobald ich eintrat, spürte ich, wie sich meine Schultern entspannten und erleichtert senkten. Ich suchte mir eine stille Ecke und ließ mich mit einem Pimm’s in einem bequemen Ohrensessel nieder. Der erste willkommene Schluck schaffte es, mich zu beruhigen. Verdammt noch mal. Hatte ich gesehen, was ich glaubte gesehen zu haben? War das wirklich ein romantisches Rendezvous? Sicher doch nicht. Wie sollte Simon so dumm sein, sich mit einer Patientin einzulassen? Und wenn sie ein Liebespaar waren, wäre es doch verrückt, dass sie einander an einem öffentlichen Ort schöne Augen machten? Selbst an einem so diskreten Ort wie dem separaten Nebenzimmer der Bar im Dorchester? Besonders nach allem, was Scarlett über Augen und Ohren der Medien gesagt hatte, die hinter ihr her waren.
Das alles hieß, dass ich mich wohl getäuscht hatte, was immer ich gesehen zu haben glaubte. Es waren nur zwei Freunde, die gemütlich etwas miteinander tranken und sich wohl fühlten in der Gesellschaft des anderen. Sie hatte schließlich eine Verabredung mit mir zum Dinner. Es war nicht so, als wollten sie den ganzen Abend zusammen verbringen. Was war los mit mir? War ich eifersüchtig auf Scarletts andere Freunde? Wie alt war ich denn, um Gottes willen?
Ich nahm mir Zeit für meinen Drink, dann ging ich ins Hotel zurück und betrat das Restaurant genau zur vereinbarten Zeit. Scarlett saß schon am Tisch und winkte mir, als ich näher kam. Sie erhob sich und umarmte mich mit einem Hauch von Scarlett Smile. »Es ist toll, dich zu sehen, du siehst super aus, ist das ein neues Kleid?« Das kam alles auf einmal herausgesprudelt, und wir brachen beide in Lachen aus. »Man könnte denken, wir hätten uns seit Monaten nicht gesehen«, sagte sie und setzte sich wieder. »Apropos lange nicht gesehen – rate mal, wen ich gerade getroffen habe?«
Ich schüttelte den Kopf und fühlte mich ganz unvernünftig erleichtert. »Keine Ahnung. Diesen attraktiven Cop?«
»Nick, der Grieche? Du wirst rot, Steph. Du musst dich da unbedingt mal ’n bisschen reinhängen, Mädel. Ruf ihn doch an.«
»Nein, der Meinung bin ich nicht. Na los, sag mir, wen du getroffen hast.«
»Simon. Simon Graham. Er kam gerade raus, als ich reinging. Wir sind ein paarmal in der Drehtür hintereinander hergerannt. Die Portiers sahen ganz beleidigt aus, als würden sie denken: So was tut man hier nicht.« Sie kicherte. »Jedenfalls hatte er Zeit, kurz etwas mit mir zu trinken. Ich versuchte, ihn zu überreden, dass er bleiben und mit uns essen solle, aber er ist mit Freunden verabredet.«
»Die Welt ist klein.«
»Ja, kann man wohl sagen. Es war nett, ihn zu sehen. Wenn Simon sagt, du siehst gut aus, dann hat das wirklich etwas zu bedeuten. Weißt du, was ich meine?« Sie sprach plötzlich leiser, und ich sah die Angst auf ihrem Gesicht gespiegelt, die sie seit ihrer Diagnose immer mit sich herumtrug.
Aber der Augenblick ging vorbei, genauso wie meine unangebrachte Eifersucht auf Simon. Es war ein schöner Abend, der erste von vielen im Lauf der nächsten paar Monate. Wir trafen uns in der Stadt, oder ich fuhr zur Hazienda und blieb über Nacht. Zweimal brachte sie Jimmy mit nach Brighton, und wir verbrachten einen typisch englischen Tag am Meer. Sie sprach über ihre Kolleginnen in der Fernsehshow, die Leute, mit denen sie bei ihrer Merchandising-Arbeit zu tun hatte, über Georgie und sein Team, Leanne in Spanien und natürlich Jimmy. Eine Schule für ihn zu finden stand ganz oben auf ihrer Prioritätenliste, und ich weiß nicht mehr, wie viele Prospekte und Websites wir uns anschauten. Aber Simon kam in den Gesprächen nie wieder vor.
Das einzige Mal, dass ich danach auf ihn stieß, war bei Scarletts Geburtstagsparty. Obwohl sie die Clubszene so ziemlich aufgegeben hatte und regelmäßig gegen die widerwärtigen Klatschblätter wetterte, begriff sie doch, dass sie in den Boulevardzeitungen auf sich aufmerksam machen musste. Also fand ihre Geburtstagsfeier in einer neuen Dreideckerbar am Südufer statt. Von der obersten Terrasse hatte man eine wunderbare Aussicht auf den Fluss. Wie üblich bei Scarletts ausgelassenen Partys kannte ich fast niemanden außer den Journalisten, und an dem Abend war ich nicht in der Stimmung für sie. Ich fand George an das Geländer gelehnt, wo er auf
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