Der Verrat: Thriller (German Edition)
»Und weswegen? Wegen der Scheißschlampe Scarlett Higgins.«
»Sie ist keine Schlampe«, erwiderte ich, während ich meine Arme rieb. Ich würde später blaue Flecke bekommen, das wusste ich. »Zufällig war ich bei ihr, als die Wehen kamen. Und da gab es einiges zu tun.«
Er drehte sich zu mir um und goss sich eine Tasse Kaffee ein. »Und warum bist du dafür verantwortlich? Du bist ihre verflixte Ghostwriterin, nicht ihre Mutter.«
»Weil sie sonst niemanden hat. Joshu ist keinen Pfifferling wert, die meisten ihrer Freundinnen interessieren sich nur für Kleider, Clubs und Küssen, und mit ihrer Familie hat sie nichts zu tun.«
»Sie hat einen Agenten, oder? Ich sehe immer noch nicht ein, warum du das übernehmen sollst.« Er öffnete den Kühlschrank und beäugte misstrauisch die Milchtüte.
»Weil wir befreundet sind, Pete.«
Er schnaubte und schnupperte an der Milch. »Die ist nicht mehr gut. So geht’s, wenn du die ganze Zeit Scarlett Harlot hinterherrennst. Du kümmerst dich nicht um dich selbst oder die Leute, die sich wirklich etwas aus dir machen.«
»Nenn sie nicht so. Es ist furchtbar. Und das ist sie nicht. Es tut mir leid wegen der Milch, aber da drin ist eine Packung Sahne, die noch zu ist. Das dürfte gehen.« Ich griff an ihm vorbei und reichte ihm die Sahne. »Gönn dir mal ’n bisschen Luxus.« Ich war entschlossen, nicht auf seine schlechte Laune einzugehen.
»Es ist nicht das Gleiche«, brummte er und schüttete mit einem argwöhnischen Gesichtsausdruck etwas davon in seinen Kaffee.
»Und wie war’s bei dir? Wie waren die Dudelsackpfeifer aus Northumberland?«
»Sie waren gut«, antwortete er und wurde ein bisschen aufgeräumter. »Sehr professionell. Sie waren pünktlich, sie kapierten gleich, was wir wollten, und haben geliefert. Wir brauchten sie nur für den einen Song, aber es war traumhaft, mit ihnen zu arbeiten.« Seine Mundwinkel senkten sich wieder. »Ich wünschte, ich könnte das Gleiche über die beschissene Band sagen. Sam ändert seine Meinung öfter, als er die Socken wechselt.«
Dass ich ihn vom Thema Scarlett abgelenkt hatte, veränderte die Atmosphäre zwischen uns, und wir machten zusammen das Abendessen, widersprachen dem Sprecher im Radio und lachten über unsere besserwisserischen Bemerkungen. Als wir später am Tisch saßen und den Wein austranken, schlug Pete vor, dass wir am folgenden Abend zu einem Gig gehen könnten. Irgendeine Indie-Band, für die er mal ein paar Songs abgemischt hatte, trat in Hoxton auf, und er war eingeladen worden.
»Wenn es nicht zu früh ist«, sagte ich. »Ich hab versprochen, morgen Abend Scarlett und Jimmy zu besuchen.«
Pete stöhnte. »Ach Gott, Stephanie. Soll das jetzt so weitergehen? Du rennst dauernd hinter Scarlett und ihrem verdammten Bengel her? Du musst dich da raushalten.«
»Pete, die Geburt, das war wirklich schwer für sie. Es wird eine Weile dauern, bis sie sich erholt hat. Also, ja, ich werde ein paar Wochen einspringen. Das ist alles. Wenn sie erst mal auf die Beine gekommen ist, wird alles wieder normal sein.«
Er schüttete den letzten Schluck seines Weins hinunter. »Sie benutzt dich doch nur, Stephanie. Und das gefällt mir gar nicht.«
»So ist es nicht, Pete. Ich hab’s dir doch schon oft gesagt. Wir sind Freundinnen. Wir kommen gut miteinander aus.« Ich drückte seine Hand. »Du tust doch auch immer Dinge für deine Kumpel. Und das ist gut so.«
»Ja, und sie tun mir auch Gefallen. Es ist keine Einbahnstraße wie bei dir und Scarlett.«
»Das ist nicht fair.«
»Nein? Na ja, was hat sie denn in letzter Zeit für dich getan?«
»Freundschaft ist keine Bilanzaufstellung, Pete. Es bedeutet nicht, dass man ständig den Spielstand festhält. Scarlett ist meine Freundin. Du fragst, was sie in letzter Zeit für mich getan hat? Sie hat meinen Tag öfter verschönert als irgendjemand, den ich kenne. Und sie hat mich gebeten, Jimmys Patin zu werden.«
Er schüttete sich aus vor Lachen. »Meinst du, das ist etwas, was sie für dich tut? Du magst doch Kinder gar nicht. Stephanie, das ist nur eine weitere Strategie, dich an sie zu binden.«
Ich fand es traurig für ihn; er konnte nicht verstehen, dass es ein Kompliment war. »Nein, Pete. Es ist ein Geschenk. Jemandem Zutritt in das Leben seines Kindes zu gewähren, das ist ein Geschenk.«
»Ja, und du wirst dafür dein ganzes Leben Geschenke machen«, sagte er zynisch. »Ich treffe dich dann also beim Gig. Wenn du zeitig genug zurück bist.«
»Du
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