Der Verrat

Magie verebbte.
    Â»Du hast unsereAbmachung eingehalten«, sagte er abwesend, den Blick auf Nick gerichtet. »Und du wirst belohnt werden. Du bekommst dafür einen Körper.«
    Liannan grinste ihn wölfisch an. »Oh, das hoffe ich doch«, gab sie zurück. »Aber mit dir habe ich gar nicht geredet.«
    Die Magie verschwand und damit auch Liannan, ihre strahlende, grausame Schönheit verblasste wie ein Geist, der bei Sonnenaufgang entschwindet.
    Â»Eintausend Nächte voller Leben«, sagte sie, schloss dieAugen und streckte die Hand aus.
    Â»EintausendTage voller Leben«, sagte Merris Cromwell, griff in das sterbende Herz der Magie und nahm Liannans Hand. Die Eisfinger des Dämons durchstachen Merris’ Hand und kamen auf der anderen Seite wieder heraus wie blutige Prismen in tausend verschiedenen Rotschattierungen.
    Merris schrie auf. Liannan verschwand, von den Füßen aufwärts löste sie sich in Schatten auf, zu allerletzt die Eiszapfen in Merris’ Hand, in der nur ein Dämonenmal dritten Grades zurückblieb.
    Merris’ Rückgrat wölbte sich, als ob es bräche und sich dann neu bildete, und ihr Haar schien in einem plötzlichenWindstoß zu fliegen. Dann legte es sich wieder auf ihre Schultern. Es hatte einen rötlichenTon angenommen wie Blut im nächtlichenWasser.
    Als sie das Gesicht hob, waren ihreAugen schwarz.
    Sin stieß einen leisen Schrei aus und barg das Gesicht in den Händen.
    Â»Du hast mir noch nicht geantwortet«, sagte Liannan in einer verdrehten, brüchigenVersion von Merris Cromwells Stimme. »Habe ich unsereAbmachung eingehalten?«
    Sie sah durch die Dunkelheit hindurch, wo zuvor der Kreis gewesen war, und an Nick vorbei.
    Â»Du hast unsereAbmachung genau eingehalten«, sagteAlan. »Wie gefällt dir deine Belohnung?«
    Liannan lachte über die Gesichter der Magier. Sie hob dieArme wie eineTänzerin, glücklich über den neuen Körper, und bewegte sich mit tanzähnlichen Schritten vorwärts.
    Mit jeder Sekunde sah Merris’ Körper weniger nach Merris aus, das Gesicht um die nachtschwarzenAugen wurde jung und glatt. Liannan nahm den Schal von ihren Schultern, und als der rote Stoff zu Boden fiel, bemerkte Mae erst, dass er nicht von Merris’Talismanbrosche gehalten wurde.
    Â»Die Magier haben mir Körper angeboten, die ich nicht haben wollte«, erklärte Liannan und ging auf Nick zu. »Aber ich will mich nicht beschweren. Ich nehme an, du wirst dich dankbar zeigen, Hnikarr.«
    Â»Merris’ Körper bleibt erhalten, solange ihr ihn euch teilt«, sagteAlan lächelnd. Liannan strahlte ihn erfreut an. »Und es gibt noch andereVorteile bei einem bereitwilligen Gastgeber.Wie gefällt dir die Stimme?«
    Â»Vielleicht lerne ich singen«, antwortete Liannan aus Merris’ Körper. Erneut tanzte sie.
    Sie umkreiste Nick, streckte die Hände aus, berührte seine blutigenArme aber nur fast. Ihre Finger sahen im Flutlicht länger aus, als sie sein sollten, und warfen einen blassen Schatten, wie die Geister ihrer Eiszapfen. Dann stellte sie sich vorAlan.
    Â»Was soll ich sagen?«, fragte sie und betrachtete ihn wie eine neueArt Spiel.
    Alan lächelte sie weiter an. »Was immer du willst.«
    Â»Alan Ryves, es war mir einVergnügen, mit dir Geschäfte zu machen«, sagte Liannan. »Hast du Lust, einen neuen Handel mit mir abzuschließen, damit ich dir helfe, zu kämpfen? Ich würde nicht viel verlangen. Nur eine einzige, ganz kleine Sache. Nichts, was du bräuchtest.«
    Die Magier erstarrten, doch Gerald warf ihnen einen warnenden Blick zu, daher sagten sie nichts und rührten sich auch nicht.
    Â»Ich glaube, ich habe genug Geschäfte mit dir gemacht«, sagteAlan.
    Â»Das könntest du noch bereuen«, meinte Liannan, legteAlan die langen, eisblassen Hände auf dieArme und küsste ihn. Sie sah ihn an, als würde sie ihn mögen und fügte immer noch lächelnd hinzu: »Aber vielleicht lebst du dafür auch nicht mehr lange genug.«
    Alan nickte nur. Liannan wirbelte davon, ihr schwarz-rotes Kleid verschmolz mit ihren Haaren wie Schatten und Blut, und sie wandte sich wieder Nick zu.
    Â»Ich habe dir doch gesagt, ich bin auf deiner Seite, wenn ich einAngebot bekomme«, sagte sie. »Aber sei gewarnt:Anzu wird nicht sehr zufrieden sein. Sei vorsichtig. Er weiß, wie er dich treffen kann. Er kennt dich fast