Der Verrat
Schönheit unter einem Schatten vonWut und Schwingen und Klauen.
Liannan war sanft und leuchtend und lieblich, ihr Haar umwogte sie wie eine weitereWolke, von einem unsichtbaren Sonnenuntergang zu Feuer gefärbt. IhreAugen strahlten kristallfarben, aber voller Geheimnisse, wie Glaskugeln, die darauf warteten, Mae ihr Schicksal zu verraten.
DerTalisman um Maes Hals summte und stach wie eine Biene unter ihrem T -Shirt. Da erst sah Mae, dass Liannans weiÃe Haut nicht so weià war wie bei Menschen, sondern eher wie Papier oder Porzellan, zu glatt und zu ebenmäÃig. Und plötzlich wirkten das Leuchten ihrerAugen und der blutrote Glanz ihrer Haare wie die bunten Blüten, mit denen Giftpflanzen ihre Opfer anlocken.
»Wieder die schöneTänzerin«, sagte Liannan. »Und sie hat eine kleine Freundin mitgebracht.«
Für einen Moment war Mae desorientiert, bis sie erkannte, woran das lag. Sie war es gewohnt, dass Menschen, wenn sie sprachen, Klänge benutzten und eine richtige Stimme. Doch Liannan sprach nicht im eigentlichen Sinne. Es war die Magie. Die Kommunikationslinien der Kreise lieÃen Mae einfach wissen, was die Dämonin meinte.
Kein Dämon sprach, bis auf einen.
»So klein bin ich gar nicht«, entgegnete Mae, doch dann dachte sie, es sei vielleicht nicht sinnvoll, einem Dämon zu widersprechen.
Liannan sah sie an und lächelte leicht, wobei ihr Mund einen leuchtend roten Strich durch ihr Gesicht zog, wie Blut auf Schnee.
»Wenn du mit deinem Körper nicht zufrieden bist, dann könnte ich ihn dir abnehmen«, schlug sie vor und zog Maes Gestalt in der Luft nach.
Ihre Finger machten ein Geräusch wie Nicks Schwert, wenn er es schwang, und nachdem Mae einenAugenblick lang verständnislos zugesehen hatte, erkannte sie, woran das lag: Liannans Finger waren Eiszapfen, die die Feenlichter reflektierten und sie in einem Dutzend brillanter Farben zurückwarfen wie scharfe Klingen.
»Ich glaube, ich behalte ihn noch eineWeile«, sagte Mae ein wenig atemlos.Anders als erwartet erinnerte sie Liannan mehr an Nick als anAnzu.Wenn sie seinen Blick erwiderte, fühlte sie sich gelegentlich genauso â als ob die Zeit stehen bliebe, während das Herz raste. »Aber danke.«
Liannan lächelte. »Schade.« Sie lieà die leuchtende Hand zur Seite fallen.
»Liannan«, sagte Sin und die Dämonin sah zu ihr hinüber, als ob sie eine Peitsche um den Hals hätte. »Ich habe ein paar Fragen an dich.«
Sins veränderterTonfall überraschte Mae und sie begegnete ihrem Blick durch dieWolke von Liannans Haar. Sin sah sie durchdringend und mit einem bedeutsamen und bestimmtenAusdruck an, schüttelte dann ganz leicht den Kopf, und Mae verstand.
Sie lenkte Liannan mitAbsicht ab. Sie beschützte Mae.
Unwillkürlich fragte sich Mae, wie viele von SinsTanzpartnern von Dämonen geholt worden waren.
»Frag«, befahl Liannan.
Mae kam die Erkenntnis â die eher etwas von einer Sonnenfinsternis als von einer Erleuchtung hatte, etwas Dunkles und Schreckliches, das alles auslöschte, was sie kannte â, dass sie durch die Linien des Beschwörungszirkels mit Liannan verbunden war wie eine Marionette.
Sie hatteAnzusWut wahrgenommen, aber die war so offensichtlich gewesen wie ein Sturm und sie hatte sich gegen Nick gerichtet. Liannans Gedanken waren heimtückisch und kamen einem kalten Luftzug gleich, der unter derTür zu Maes Seele eindrang.
Hätte Mae diese Gedanken so analysieren können, wie sie Problemen auf den Grund ging, dann hätte sie Liannan vielleicht verstanden, und dann könnte sie auch Nick verstehen und ihm helfen, menschlich zu handeln.
Liannan sah Mae über die Schulter hinweg an, dieAugen zu schmalen Eisblitzen zusammengekniffen, und Mae erkannte, dass die Dämonin ein wenig von dem fühlen konnte, was sie fühlte. Liannans Blick war scharf und kalt wie ein frostiger Zweig, der suchend über Maes Gesicht strich, und der dunkle Strom ihrer Gedanken überströmte Maes Herz wie seltsame, fremde Donnerwolken einen vertrauten Himmel.
Die Bittsteller, die an den Kreis herantraten, zogen sowohl Maes als auch LiannansAufmerksamkeit auf sich. Es waren ein Mann und eine Frau, die beide gleichzeitig furchtsam und abwesend wirkten, als hätten sie ihren Geist halb abgeschottet, um mit demAnblick von Magie und Dämonen fertig zu werden.
»JennyTaylorsTochter ist vor drei Jahren von zu
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