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Der verruchte Spion

Der verruchte Spion

Titel: Der verruchte Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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er Blunt die Sporen und trieb ihn von Willa fort. Sie tat es schon wieder. Es war unheimlich. Und ihm ganz und gar nicht willkommen.
    Willa sah ihm nach. Sie trauerte um den kurzen Augenblick der Vertrautheit, der so schnell umgeschlagen war. Nathaniel Stonewell kennen zu lernen war, als würde man durch die Spalten einer steinernen Wand spähen. Sie erhaschte immer nur einen kurzen Blick, einen liebenswürdigen Hinweis, der viel zu klein war. Warum konnte er sich nicht einfach mit ihr unterhalten? Seine Verschwiegenheit würde sie noch in den Wahnsinn treiben.
    Wie auch immer. Wenn er sie anschweigen wollte, dann musste er sich darauf gefasst machen, dass sie ihn eben nicht anschwieg. Wie wäre es wohl mit ein oder zwei Stunden guter Konversation? Sie wollte ihm von jedem einzelnen
Menschen in Derryton erzählen. Und dann von deren Hunden. Zufrieden setzte sich Willa für ein nettes, langes Plauderstündchen im Sattel zurecht. Nathaniel würde sich wünschen, er wäre tot.
     
    »Oh, Herr, lass mich sterben«, brummte Nathaniel vor sich hin.
    Wenn Napoleon Willa auf Europa losgelassen hätte, säße Bonaparte jetzt auf Englands Thron. Sie war erbarmungslos, grausam und standfest.
    Seit Stunden hatte sie Nathaniel mit Geschichten aus ihrem Dorf ergötzt. Sie hatte von den kunstfertigsten Rülpsern erzählt und die Babys nach dem Grad ihres Wundseins kategorisiert.
    Während der letzten Stunde hatte sich Nathaniel danach gesehnt, entweder tot oder taub zu sein.
    »Das muss ich dir erzählen«, sagte sie gerade. »Der einzige Mann in ganz Derryton, der jemals einen Zeh verlor, war der alte Malcolm Beddleby, der sich standhaft weigerte, eine Mitternachtsvase zu verwenden. Er behauptete, sie seien unhygienisch. Sommers wie winters, bei Tag und bei Nacht ging Mr Beddleby hinaus. Eines Nachts im Januar nach einem ausgedehnten Mahl aus Lammeintopf mit Pflaumen trat Mr Beddleby …«
    Sie ritten über einen flachen Hügel und sahen ein Dorf vor sich liegen. »Wir werden dort übernachten!«, unterbrach Nathaniel sie verzweifelt.
    Das Gasthaus war groß und machte einen guten Eindruck. Nathaniel beschloss, für das größte verfügbare Zimmer zu zahlen. Vielleicht war der Raum groß genug, um das körperliche Verlangen zu zerstreuen, das ihn befiel, wenn immer sie einander zu nahe kamen. Zum jetzigen Zeitpunkt wollte er nicht einmal in einer Scheune allein mit ihr sein!
    Nein, das ließ ihn daran denken, wie es wäre, in einem
Bett aus zart duftendem Heu mit ihr zu liegen, hellwach die Verschnürungen ihres Nachthemds zu lösen, vollkommen erregt zu sein, vollkommen …
    Blunt wieherte und warf ungeduldig den Kopf. Offensichtlich war er es leid, darauf zu warten, zur Tränke geführt zu werden. Willa war ihnen weit voraus. Sie stand mit ihrer Stute an der Tränke und rieb sich ungeniert den Hintern.
    Unwillkürlich musste er auflachen. Er lehnte sich an Blunts starken Hals. Sie war so natürlich und zugleich so schlagfertig. Er musste zugeben, dass er die Kombination aus Intelligenz und natürlicher Unverblümtheit umwerfend fand. Sie war ganz anders als alle Frauen, die er jemals getroffen hatte.
    Er kannte selbstverständlich einige außergewöhnliche Damen. Sie waren bedauerlicherweise mit seinen Freunden verheiratet. Mit Ausnahme von diesen wenigen würde sich zurzeit keine Frau in ganz England die Mühe machen, auf ihn zu spucken, selbst wenn er in Flammen stünde.
    Vielleicht war es also nur die in letzter Zeit fehlende weibliche Gesellschaft, die Willa so besonders erscheinen ließ. Schließlich war sie nicht wirklich schön – und er hatte Schönheit immer vorgezogen -, obwohl sie ein hohes Maß an natürlicher Attraktivität besaß. Und eine verdammt gute Figur. Der Stoff, aus dem Träume sind. Zumindest seine Träume.
    Rasch verbot er sich, weiter in dieser Richtung zu denken.
    Sie war selbstverständlich ziemlich verrückt. Das Leben auf dem Dorf hatte sie ohne Zweifel den Verstand verlieren lassen, denn sie redete mehr als drei normale Frauen, unabhängig davon, ob er zuhörte oder nicht.
    Das Schlimmste war jedoch, dass er anfing, sich für Willas Geschichten zu interessieren, und das konnte nur ein schlechtes Zeichen sein.

    Sie kam zu ihm zurück. Dabei versuchte sie ohne Erfolg ein Hinken zu kaschieren, das ihre Röcke ein bisschen zur Seite über das Kopfsteinpflaster schwingen ließ. Ihr Rocksaum war voller Flecken und ihr Gesicht von der Reise ganz staubig. An einem ihrer Ärmel prangte ein Flecken aus

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