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Der verruchte Spion

Der verruchte Spion

Titel: Der verruchte Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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gelesen, au ßer Dulcie Masons Ausgabe von Hausfräuliche Untersuchungen zur Verwendung von Essig. Das habe ich nur zweimal geschafft.«
    »Ganze zwei Mal?« Nathaniel war beeindruckt. Er konnte sich nicht vorstellen, dieses Buch überhaupt zu lesen, ohne dabei einzuschlafen.
    »Immer wenn jemand von Derryton auf Reisen ging, hat er mir ein Buch mitgebracht«, sagte sie. Die Zuneigung zu ihrer weit verzweigten Familie offenbarte sich in ihrem Tonfall. »Da einige von ihnen aber selbst nicht lesen können, sorgte das selbstverständlich für eine eher unvorhergesehene Vielfalt. Von all meinen Büchern waren mir die meiner Eltern immer noch die liebsten. Hast du Linné gelesen?«, fragte sie eifrig.

    »Etwas«, erwiderte Nathaniel überrascht. Carl von Linné war schwere Kost für ein Mädchen vom Lande, denn – soweit Nathaniel bekannt war – die Werke des Naturwissenschaftlers mussten erst noch aus dem Lateinischen übersetzt werden. Es sah ganz danach aus, als sei sie ein wirklich gebildetes Mädchen vom Lande.
    »Mein Mutter liebte Linné so sehr«, fuhr Willa fort. »›Die Blütenblätter dienen einzig und allein als Brautbett‹«, zitierte sie eifrig. »Ich finde das umso vieles befriedigender als romantische Lyrik, du nicht auch? Der ganze Mist von wegen ›himmlische Brüste, geküsst vom Mondenschein und Tau‹ lässt mich völlig kalt«, sagte sie nonchalant.
    Nathaniel drohte zu ersticken. Was zum Teufel hatte sie gelesen? »Äh …«
    Glücklicherweise erwartete sie keine Antwort.
    »Ich bin froh, dass ich nicht mehr wütend bin«, sagte sie munter. »Hin und wieder mag es ja ganz amüsant sein, aber es ist doch sehr ermüdend.«
    Nathaniel wandte den Blick ab. Er hatte sich ganz schön zum Narren gemacht. »Wegen …«
    Sie nickte. »Ja. Du verstehst bestimmt, warum ich zu sehr damit beschäftigt war, dich zu hassen, als dass ich mit dir reden konnte.«
    »Du hasst mich?« Nathaniel konnte kaum glauben, dass es ihm etwas ausmachte, aber so war es.
    »Oh, nein, nicht mehr. Schließlich bist du an dem Ganzen ja nicht schuld.«
    »Es ist auch nicht deine Schuld«, sagte er.
    »Äh …« Sie wandte sich brüsk von ihm ab und trieb ihre Stute zu einem schnellen Trab an. »Verbringen wir heute nicht eine wundervolle Zeit miteinander?«, rief sie ihm über die Schulter zu.
    Nathaniel erkannte ein schlechtes Gewissen, wenn er es vor sich sah. Blunt holte die Stute mit Leichtigkeit ein.
»Willa? Was ist neulich Abend wirklich auf diesem Weg passiert?«
    Plaudernd wich sie ihm aus. »Das Wetter ist einfach fantastisch …«
    Nathaniel griff nach dem Zügel der Stute und brachte beide Pferde zum Stehen. »Ich möchte, dass du wartest und ausnahmsweise einmal mir antwortest.«
    »Oh, das möchte ich aber lieber nicht.«
    »Willa!«
    »Jetzt plustere dich mir gegenüber nicht so auf. Ich habe keine Angst vor Kobras.«
    Kobras? Nathaniel kniff die Augen zusammen. »W... was? Warum sagst du so etwas?«
    Willa zog eine Schnute. »Du würdest mich wieder für seltsam halten.«
    Nathaniel legte eine Hand auf sein Herz. »Ich schwöre, meine Meinung von dir wird sich nicht ändern.«
    Sie zögerte und sah angesichts seiner Wortwahl etwas irritiert aus. Dann zuckte sie die Achseln. »Ach, es ist auch egal. Es ist nur ein Spiel, das ich manchmal spiele. Menschen sind hin und wieder ziemlich schwer zu verstehen. Für mich ist es einfacher, vorauszusehen, wie sie sich verhalten werden, wenn ich herausfinde, welchem wilden Tier sie ähnlich sind. Moira zum Beispiel könnte man mit einem Braunbär vergleichen.«
    Da Nathaniel Erfahrungen aus erster Hand mit Moiras Beschützerinstinkt gemacht hatte, erschien ihm diese Zuordnung äußerst plausibel. Ein Spiel? Konnte das wirklich alles sein? »Dann hältst du mich also für eine Schlange?« Wenn sich das Ganze als dummer Scherz erwies, konnte er sich ruhig ein bisschen beleidigt geben.
    »Oh, bitte nimm es mir nicht übel. Wenn du mehr über Schlangen wüsstest, würden sie dir sicher sehr gefallen. Da bin ich mir sicher.«

    »Aber, Willa«, sagte er leise. »Warum ausgerechnet eine Kobra?«
    »Ach, dafür gibt es viele Gründe.« Sie fing an, sie an ihren Fingern abzuzählen. »Kobras sind im Grunde recht scheu und mögen es nicht, gestört zu werden. Wenn man sie aufschreckt, ziehen sie eine Riesenshow ab, geben sich sehr gefährlich, spreizen ihr Nackenschild und schwingen hin und her, aber in Wahrheit ist das meiste Show. Sie beißen nur zu, wenn sie keine andere Wahl

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