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Der verruchte Spion

Der verruchte Spion

Titel: Der verruchte Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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hob die Hand an die Kehle und erinnerte so an ihre Heiserkeit. Die Miene der Zofe hellte sich auf.
    »Oh, dann sollte Euch der Tee gut tun, Miss. Gleich hinunter damit.«
    Sie reichte Willa eine Tasse, und schon bald ließ diese sich das wunderbare Getränk über die Zunge die raue Kehle hinuntergleiten.
    »Hilft er, Miss? Wollt Ihr noch eine Tasse?«
    Gütiger Himmel! Willa entschied, dass sie sich ganz bestimmt daran gewöhnen könnte. Welch Luxus, wenn man sich noch nicht einmal den Tee selbst einschenken musste.
    Nach zwei Tassen konnte Willa ihre Blase nicht länger verleugnen. Vorsichtig räusperte sie sich und versuchte, etwas zu sagen.
    »Kann ich bitte für einen Augenblick allein sein?« Ihre Stimme war schwach, eigentlich kaum mehr als ein Flüstern.
    Die Zofe lächelte. »Wenn Ihr das Nachtgeschirr brauchen solltet – es steht unter Eurem Bett.«
    Nachdem das Unvermeidliche verrichtet war, dachte Willa über die erhebende Möglichkeit nach, noch eine Weile im Bett zu bleiben. Dann begann ihr Magen zu knurren und erinnerte sie daran, wie lange es her war, dass sie eine ordentliche warme Mahlzeit zu sich genommen hatte. In einem solchen Haus war das Frühstück sicherlich etwas, das man nicht so leicht vergessen würde. Es war an der Zeit, sich anzukleiden.
    Leider blieb ihr keine andere Wahl, als ihr altes Musselinkleid wieder anzuziehen, das Lily so gut wie möglich
ausgebürstet und geplättet hatte. Na ja. Es war nicht zu ändern.
    Sie traf Nathaniels Familie, die bald ihre eigene wäre. Sie hätten ohne Zweifel Verständnis für ihre Situation. Bei dem Gedanken war sie rasch wieder besserer Stimmung, was nicht weiter schwierig war, denn es gab nichts, das ihr jetzt, da sie endlich in London angekommen war, für lange Zeit die gute Laune verderben konnte.
    Lilys Wegbeschreibung folgend, schritt sie leichtfüßig die Treppe hinunter, die sie gestern Abend fast umgebracht hätte. Als sie im Flur dem verhassten Butler begegnete, schenkte sie ihm ihr strahlendstes Lächeln, nur weil er gar so miesepetrig dreinschaute.
    Vor einer aus hübschem goldenen Holz geschnitzten doppelflügeligen Tür blieb Willa zögernd stehen. Sie wünschte, Nathaniel wäre jetzt bei ihr.
    Aber sie hatte noch nie Angst vor Fremden gehabt, und sie sollte nicht ausgerechnet jetzt damit anfangen, wenn sie bald die ganze Stadt treffen würde.
    Sie stieß die Tür auf und betrat den Raum mit einem entschlossenen Lächeln auf dem Gesicht.
    Es war keine Menschenseele im Zimmer. Doch auf einem Sideboard war ein opulentes Frühstücksbüffet aufgebaut. Eier, Würstchen und luftige weiße Brötchen. Der Duft zog sie geradezu magisch an.
    Plötzlich war Willa froh, dass niemand Zeuge ihrer Gefräßigkeit wurde.
    Sie schnappte sich einen Teller und füllte ihn bis zum Rand. Nach den Tagen mit nichts als der Reiseverpflegung war dies hier das reinste Paradies. Es gab sogar Speisen, die sie nie zuvor gesehen hatte, irgendetwas Fischiges und noch etwas, das mit Vanillesoße bedeckt war. Willa entschied, erst später davon zu kosten.
    Im Moment war sie mehr daran interessiert, den Berg auf
ihrem Teller abzutragen. Sie setzte sich an den Tisch und begann die Köstlichkeiten gierig in sich hineinzuschaufeln.
    Der Hunger macht sie etwas ungeschickt. Ein Brötchen kullerte von ihrem Teller und fiel zu Boden.
    Eilig schob sie ihren Stuhl zurück und beugte sich weit vor, um den Ausreißer aufzuheben, musste aber feststellen, dass sie ihn bei diesem Versuch weiter unter den Tisch getreten hatte.
    Sie glitt aus ihrem Stuhl auf die Knie und krabbelte unter den Tisch. Sie hatte das Brötchen gerade erreicht, als die Tür geöffnet wurde und einige Damen mit raschelnden Röcken den Raum betraten.
    »Meine Güte! Wie überaus … ungehobelt!«
    Es war ja klar, dass gerade jetzt jemand hereinkommen musste. Nicht vor einem Augenblick, als sie noch recht schicklich am Tisch gesessen hatte. Und auch nicht zwei Sekunden später, wenn sie wieder genau dorthin zurückgekehrt wäre.
    Nein, sie mussten jetzt hereinkommen, als Willas Hintern unter dem Tischtuch das Erste war, was sie von ihr zu sehen bekamen.
    Willa seufzte und krabbelte unter dem Tisch hervor. Dabei versuchte sie, so vergnügt wie möglich zu erscheinen. Als sie sich aufrichtete, erblickte sie zwei sehr elegant gekleidete Damen. Eine war ungefähr so alt wie Moira, aber das war auch das Einzige, worin sie sich ähnelten. Die andere war deutlich älter. Noch älter als der alte Pratt.
    Die Dame war

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