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Der verruchte Spion

Der verruchte Spion

Titel: Der verruchte Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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werden.«
    Abrupt wurde sie zurückgerissen. Nathaniel hielt sie fest am Arm und zog sie eilig zu ihrer wartenden Kutsche. Nachdem er Willa hineingeschoben hatte, drehte er sich um und blickte auf den Gehweg zurück.
    Willa verdrehte sich schier den Hals, um ebenfalls einen Blick zu erhaschen.
    Finster kniete noch immer und stieß ein hohes Jaulen aus, während seine Kumpane sich um ihn versammelt hatten. Plötzlich übergab er sich. Das ließ selbst seine Freunde das Weite suchen, und er blieb mit seinem Kutscher zurück, der ihm vorsichtig auf die Beine half.
    Willa schaute Nathaniel an. »Wenn es dir nichts ausmacht … ich bin ein bisschen müde. Können wir bitte zum Haus zurückfahren?«
    Nathaniel blickte mit angespannter Miene zu ihr hoch. »Es tut mir Leid. Ich hatte gehofft …«
    »Es muss dir nicht Leid tun. Ich habe mich köstlich amüsiert.«
    Er starrte sie ungläubig an. »Das hast du?«
    »Natürlich. Ein Tag mit dir ist viele Minuten mit den erbärmlichen Finsters dieser Welt wert.«
    Der gehetzte Ausdruck verließ seinen Blick. Er rieb sich mit einer Hand übers Gesicht, dann nahm er den Hut ab und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar.
    Willa liebte es, wenn er das tat. Mit zerzausten Haaren sah er aus wie ein kleiner Junge – und so nahbar.
    »Finster fühlt sich nicht erbärmlich, Willa. Er fühlt sich mir überlegen. Sehr überlegen.«

    Bei dem Gedanken daran, in welcher Lage sie den armen Kerl zurückgelassen hatten, war sich Willa da nicht sicher.
    »Sollen wir nach Hause fahren, Nathaniel?« »Ich kann dich jetzt nicht begleiten, Willa.« Er nahm ihre Hand und küsste sie schnell. »Ich sehe dich zum Abendessen.« Dann schloss er die Kutschentür und trat zurück, während er dem Kutscher zurief, sie nach Reardon House zurückzubringen.
    Ohne ihn.
    Es war ihr egal, dass sie sich wenig damenhaft verhielt. Sie streckte den Kopf aus dem Fenster und beobachtete, wie Nathaniels Gestalt schrumpfte, während die Kutsche auf der Straße ratternd Geschwindigkeit aufnahm.
     
    Nathaniel beobachtete, wie Willas Kutsche im Verkehr verschwand. Soweit er sagen konnte, beobachtete auch Willa ihn, bis sie außer Sicht war.
    Da das Beobachten der Kutsche nicht mehr als willkommene Entschuldigung dafür dienen konnte, das Unvermeidliche zu tun, wandte Nathaniel sich um und schlenderte die Straße entlang. Er war Lord Treason, ermahnte er sich. Er war arrogant und uneinsichtig, genauso wie die Gesellschaft ihn darstellte. Er weigerte sich, ins freiwillige Exil auf die Westindischen Inseln zu gehen, wie das von einem guten Verräter erwartet werden konnte. Wie Sir Foster es zum Beispiel getan hatte.
    Nein, was die Londoner Gesellschaft wirklich über Lord Treason aufbrachte, war die Tatsache, dass er seinen Reichtum behalten hatte, weiterhin zu den Privilegierten zählte und er jeden Tag vor ihrer Nase herumspazierte.
    Nathaniel war auf dem Weg zu einem Etablissement, das er seit Monaten nicht mehr aufgesucht hatte, nicht mehr seit jener Nacht, in der er sich der Notwendigkeit gebeugt hatte, das Joch der Schande auf sich zu nehmen.

    Als er näher trat, warf ihm der stämmige junge Türsteher einen Blick zu, kniff verwundert die Augen zusammen und starrte ihn schließlich an. Ratlosigkeit machte sich auf seinem Gesicht breit. Sollte er den berüchtigten Lord einlassen oder nicht?
    Nathaniel beschloss, den armen Kerl aus seiner Verzweiflung zu retten. Er beugte sich vor und flüsterte: »Ich möchte den Gentleman sprechen.«

14. Kapitel
    I m luxuriösen Salon von Reardon House saß Willa und betrachtete zum hundertsten Mal das Muster des Teppichs. Es war nicht leicht, sich mit Daphne zu unterhalten, aber Willa bekämpfte ihren Hang, vor Langeweile hin und her zu rutschen, und hielt Smalltalk mit der jungen Frau.
    Myrtle hatte den Kampf bereits aufgegeben und saß schnarchend über ihren Stock gebeugt.
    »Ich habe schon ein Kleid, alle Gäste sind in der Stadt, und Basil drängt mich so.« Daphne warf Willa ein steifes Lächeln zu. »Aber Vater Randolph – so nenne ich ihn seit meiner Kindheit -, Vater Randolph ist so krank. Es bekümmert mich zutiefst, ihn Tag für Tag so daliegen zu sehen.« Es gelang ihr, dass ihr Schulterzucken elegant aussah. Willa bewunderte ihr Können. Wenn sie selbst die Achseln zuckte, sah das eher aus wie in der Schüssel wackelnder Vanillepudding. Daphne fuhr fort: »Mutter Victoria und ich planen den Ball seit Wochen.«
    Myrtle hob den Kopf. »Einen Ball? Obwohl Randolph so krank

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