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Der verruchte Spion

Der verruchte Spion

Titel: Der verruchte Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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ist? Einen Ball zu geben, den er nicht einmal besuchen kann?« Myrtle rieb sich schockiert die Augen.
    Willa war vollkommen Myrtles Meinung. Einen Ball im Haus eines Sterbenden abzuhalten, gehörte sich nicht. Willa vermutete, dass Daphnes Problem nicht so sehr darin bestand, dass sie es nicht abwarten konnte, endlich einen Ball auszurichten, sondern dass sie sich vielmehr nicht traute, zu lange damit zu warten. Wenn Nathaniels Vater wirklich sterben sollte, wie Lily traurig gesagt hatte, dann würde die
Familie bald in Trauer gehen, und selbst Basil und Daphne missachteten die Konvention nicht so sehr, dass sie dann einen Ball veranstalten würden. Wenigstens nicht während des ersten Jahres.
    Victoria betrat mit rauschenden Röcken den Salon. »Miss Trent, sitzt aufrecht. Ihr sitzt da wie ein kauernder Gargoyle. Nehmt Euch ein Beispiel an Daphnes Haltung.« Sie wandte sich von Willa an Daphne und lächelte dieser zu. »Darling, komm und sieh dir die lieblichen Blumenarrangements an, die ich bestellt habe. Mr LaMont hat meinen Geschmack genau getroffen.«
    Daphne erhob sich graziös. »Tante Myrtle hat etwas dagegen, den Ball jetzt abzuhalten, Mutter Victoria.«
    Victoria warf der älteren Frau einen vernichtenden Blick zu. »Nun, glücklicherweise hat Myrtle hier nichts zu entscheiden.« Ohne eine Antwort abzuwarten, winkte sie Daphne aus der Tür und rauschte hinter ihr hinaus.
    »Gottesanbeterin«, murmelte Willa. »Mantis religiosa.«
    »Was sagst du da? Ich habe mein ganzes Latein vergessen«, beschwerte sich Myrtle.
    Willa schüttelte den Kopf und lächelte. »Ach, nichts. Nur ein Spielchen, das ich manchmal spiele. Ich vergleiche Menschen mit Tieren. Ich weiß, das ist dumm.«
    »Oh, nein. Ganz und gar nicht. Ich bin fasziniert. Erzähl weiter.«
    »Also, die Gottesanbeterin ist ein sehr elegantes Insekt, nett anzusehen, aber ein unersättliches Raubtier.«
    »Genau wie Victoria«, grummelte Myrtle. »Niemals zufrieden.« Sie beugte sich vor. »Was bin ich?«
    Willa errötete. Jetzt war sie geliefert. »Äh … als ich Euch zum ersten Mal traf, hielt ich Euch für einen Eichelhäher.«
    »Einen Eichelhäher?« Myrtle kniff die Augen zusammen. »Dieser herrische kleine Vogel? Und was glaubst du jetzt?«

    »Jetzt …« Willa zuckte die Achseln. »Jetzt bin ich mir sicher, dass Ihr einer seid.«
    Mit offenem Mund starrte Myrtle sie an. Dann lachte sie krächzend auf. Sie drohte Willa scherzhaft mit dem Finger, während sie von einem Lachanfall geschüttelt wurde. Schließlich atmete sie tief ein. »Du bist ganz schön scharfsinnig«, keuchte sie. Sie klopfte sich selbst vorsichtig auf die Brust. »Oje, hoffentlich hab ich hier nichts durcheinander gebracht.« Sie zwinkerte Willa vergnügt zu. »Und jetzt sagst du mir, was Daphne ist.«
    In diesem Fall war sich Willa nicht so sicher. Irgendetwas war an Daphne … Konnte es jemanden geben, der durch und durch liebenswürdig war? »Ich kenne sie noch nicht so gut.« Willa spielte auf Zeit. »Erzählt mir von ihr.«
    Myrtles Blick verdüsterte sich. »Von Daphne? Oh, ich hatte sie mal ganz gern. Ich hielt sie für etwas langweilig, machte ihr das aber nicht zum Vorwurf.« Myrtle seufzte. »Wahrscheinlich habe ich es ihr nicht verziehen, dass sie mit Thaniel Schluss gemacht hat, als er sie am meisten brauchte.«
    Willa zögerte. »Kennt Nathaniel sie schon lange?«
    »Oh, ja. Daphne war schon immer hier. Ihr Vater besitzt den Landsitz neben Thaniels, und die drei, also Thaniel, Basil und Daphne, sind mehr oder weniger zusammen groß geworden. Da Daphnes Mutter sehr früh verstorben ist, bat Sir Danville Victoria, sich um ihre Erziehung zu kümmern.«
    »Waren sie und Nathaniel sich von früher Jugend an versprochen?«
    »Nicht offiziell. Aber Thaniel hatte keine Chance mehr, nachdem sich Daphne für ihn entschieden hatte.«
    »Und doch sagt Ihr, sie hätte die Verlobung gelöst? Nicht er?«
    »Äh, ja. Und nahm sich dann Basil vor. Was ziemlich gemein von ihr war, meiner Meinung nach. Schlimm genug,
dass sie mit Thaniel Schluss gemacht hatte. Man kann ihr das unter den gegebenen Umständen wohl nicht wirklich übel nehmen, aber …« Sie wirkte verlegen.
    »Macht Euch keine Sorgen, Liebe. Nathaniel hat mir alles erzählt. Ich weiß über seine so genannte Entehrung Bescheid.« Willa lächelte ihr aufmunternd zu und wechselte dann das Thema. Sie kam auf ihre Einkaufserlebnisse zu sprechen. »Aber jetzt muss ich Euch unbedingt von Mr Finster erzählen

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