Der verschwundene Weihnachtsengel: Ein Weihnachtskrimi in 24 Kapiteln
scheint beruhigt.
»Hast du schon ein Kleid?«, will er wissen.
»Nein, noch nicht«, gesteht Laura. »Aber ich arbeite daran!«
»Alles klar«, sagt Pfarrer Klingelmann und kramt unter Ordnern und Papieren einen großen Karton hervor. »Ein Kleid wird sich wohl finden lassen. Aber hier kommt das entscheidende Stück deiner Engelausstattung.«
Als er den Karton öffnet, quellen lange weiße Federn hervor. Es sind Engelsflügel! Vorsichtig hebt Pfarrer Klingelmann sie aus dem Karton und hilft Laura, die Schwingen mittels zweier Gurte auf dem Rücken zu befestigen. Die Flügel erstrahlen in einem derart makellosen Weiß, dass Jakob sofort Lust hat, sie anzufassen. Im letzten Moment kann er sich beherrschen.
»Ganz schön schwer, solche Engelsflügel«, sagt Laura, als sie probeweise ein paar Schritte auf und ab geht.
»Am besten, wir huschen, so wie du bist, die zwei Schritte hinüber in die Kirche«, schlägt Pfarrer Klingelmann vor. »Dort zeige ich dir, an welcher Stelle du anhalten und das Gedicht aufsagen wirst. Dann kannst du dich auch schon ein bisschen an die Flügel gewöhnen.«
Als sie das Pfarrhaus verlassen, fällt Jakob besonders deutlich auf, wie entspannt seine Schwester die ganze Zeit ist. Die kommende Aufgabe scheint sie nicht im Geringsten zu beunruhigen. In aller Seelenruhe schreitet sie neben Pfarrer Klingelmann mit ihren Engelsflügeln über die Straße, als sei es das Selbstverständlichste der Welt. Jakob selbst wäre viel nervöser, da ist er sicher.
In der Kirche ist es sehr kühl und es brennen nur wenige Lampen. Obwohl Jakob versucht, leise zu laufen, hallen seine Schritte mit denen der anderen gut hörbar durch die Kirche. Pfarrer Klingelmann führt Laura und Jakob weit nach vorn bis zum Altar. »Laura, hier bleibst du stehen und wartest, bis alle Besucher die Kirche betreten haben«, erklärt Pfarrer Klingelmann leise. »Bevor es losgeht, spielt der Organist oben auf seiner Orgel ein paar kräftige Akkorde. Wenn du dir unsicher bist, schaust du einfach zu mir. Ich nicke, wenn du mit deinem Gedicht anfangen kannst. Sobald du fertig bist, wendest du dich nach links und zündest die Kerzen am Lichterkranz an.«
»Okay. Orgel, nicken, Gedicht, Kerzen«, fasst Laura Pfarrer Klingelmanns Erklärung flüsternd zusammen.
»Am 22. Dezember machen wir um 18 Uhr selbstverständlich noch eine richtige Generalprobe«, sagt Pfarrer Klingelmann, als sie auf dem Weg zurück zum Pfarrhaus sind.
Angekommen helfen Pfarrer Klingelmann und Jakob Laura, die schweren Engelsflügel wieder abzunehmen. Sorgfältig verstaut sie der Pfarrer im Karton.
Das ist der Augenblick, auf den Jakob gewartet hat. Endlich kann er Pfarrer Klingelmann nach Edmund von Rhodenberg und Dorothea von Holdenstein fragen! Zunächst berichtet Jakob, was Frau Knukel erzählt hat. »Stimmt das wirklich?«, fragt Jakob schließlich. »Es kann doch unmöglich das Ende der Geschichte sein!«
Laura nickt. »Bitte! Wenn Sie etwas wissen, erzählen Sie es uns!«
Auf Pfarrer Klingelmanns Stirn wird eine tiefe Falte sichtbar. Er denkt nach. »Ich weiß nicht recht, auf welchem Stand die aktuelle Rhodenberg-Forschung ist«, erklärt er. »Da müsste ich nachschauen.« Er geht zu einem Regal, zieht ein dickes Buch heraus und blättert darin. Nach einer Weile stellt er es zurück und zieht ein anderes hervor. Während er darin blättert, schauen sich Jakob und Laura hoffnungsvoll an. Doch Pfarrer Klingelmann legt auch dieses Buch zurück und schüttelt den Kopf. »Tut mir leid, Kinder. Ich finde auf die Schnelle leider nichts«, erklärt er. »Aber ich weiß, dass es in letzter Zeit Nachforschungen gegeben hat. Ein Mitarbeiter des Rhodenberger Tagblatts interessiert sich sehr für dieses Thema. Es heißt, er habe in den vergangenen Monaten viel im Stadtarchiv gewühlt.«
Jakob atmet hoffnungsvoll auf.
»Wie heißt er? Können wir ihn irgendwie sprechen?«, fragt Laura.
»Bestimmt«, sagt Pfarrer Klingelmann. »Geht doch einfach in der Redaktion vorbei. Der Mann heißt Uli Unkenthal.«
Kann der Reporter des Rhodenberger Tagblatts Jakob und Laura helfen?
J akob und Laura planen für den Nachmittag einen Besuch beim Rhodenberger Tagblatt. Doch zunächst liegt noch ein langer Schultag vor ihnen. Jakob will die Geschichtsstunde dazu nutzen, um die ersten Burgmauern zu errichten. Dafür benötigt er eine stabile Unterlage, die aber auch so leicht sein muss, dass er sie mit der Burg noch transportieren kann. Ronnie schlägt vor, dafür
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