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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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waren so niedrig, dass Ana sich ducken musste. Vorsichtig folgte sie Nungo'was, stieg über Schlafende, über Kisten und Säcke, bis sie das Heck des Schiffs erreichten. Die Luken in den Wänden waren geöffnet, um die kühle Nachtluft ins Innere zu lassen. Trotzdem stank es nach Schweiß und Urin.
    Nungo'was räumte einige Kisten zur Seite, die die Rückwand verdeckten. Ana sah sich um. So weit hinten im Schiff gab es nur Fracht, keine Menschen. Wahrscheinlich handelte es sich um die Reste der Waren, die für Srzanizar bestimmt gewesen waren.
    »Hier.« Nungo'was stand an einer der Luken in der Rückwand und winkte sie heran. Ana sah hinaus auf das Wasser, auf die Lichter der Stadt und die Boote, die, von Fackeln erleuchtet, den Fluss bewachten. Ab und zu hallten Rufe durch die Bucht.
    Nungo'was stieg aus der Luke. Ana hatte vorher nicht bemerkt, dass eine Strickleiter an der Außenwand hing. Sie half dem Matrosen, die Knoten zu lösen, dann fielen ihre Sprossen nach unten. Die Wasseroberfläche war weniger als eine Manneslänge entfernt.
    »Willst du etwa schwimmen?«, flüsterte sie.
    Nungo'was grinste. In der Dunkelheit wirkten seine grünen Zähne so schwarz wie das Wasser. Mit einer Geschmeidigkeit, die Ana ihm nicht zugetraut hatte, kletterte er nach unten. Auf halber Höhe hielt er an und zog an einem Seil.
    Im ersten Moment sah es aus, als fiele ihm ein Stück des Schiffsrumpfs entgegen, dann erst erkannte Ana, dass es sich um ein Floß handelte, das man an der Außenwand festgebunden hatte. Es war schmal, bestand nur aus drei zusammengebundenen Baumstämmen, und war so leicht, dass Nungo'was es mit einer Hand zu Wasser lassen konnte. Dann sah er nach oben und nickte.
    Ana kletterte die Strickleiter nach unten. Nungo'was hielt die Sprossen fest, ließ sie erst los, als Ana das Holz des Floßes unter den Sohlen spürte. Es klang hohl und wippte auf und ab. Sie konnte sich nicht darauf halten.
    Nungo'was legte ihr die Hände um die Hüften. Er stand so dicht hinter ihr, dass sein Bauch gegen ihren Rücken drückte.
    »Leg dich hin«, flüsterte er.
    Ana ging wieder auf Hände und Knie. Wasser drang durch ihre Hose, kroch kalt über ihre Haut. Sie spürte Nungo'was neben sich. Zum ersten Mal wurde ihr bewusst, dass sie allein mit ihm war. Noch nicht einmal ein Messer hatte sie eingesteckt.
    Nungo'was ließ das Seil los. Er lag auf dem Bauch, eine Hand ins Wasser getaucht. Träge glitt das Floß über das Wasser.
    »Leg dich hin«, sagte er drängender. »Sie sehen uns sonst.«
    Ana streckte sich aus. Flusswasser schwappte über ihr Gesicht. Nungo'was drehte den Kopf. Seine Lippen waren dicht neben ihrem Ohr. Sie zuckte zusammen, als er leise »Rudere mit der Hand« sagte. Sein Atem roch nach Algenschnaps.
    Sie tauchte die Hand ins Wasser und versuchte sich seinem Rhythmus anzupassen. Das Floß schien schneller zu werden. Die Positionslampen der Wachboote kamen immer näher. Ana dachte, Nungo'was würde versuchen, ihnen auszuweichen, aber er steuerte das Floß direkt darauf zu.
    Nach einer Weile zog er die Hand aus dem Wasser und nickte Ana zu. Sie verstand und hörte ebenfalls auf zu rudern. Eines der Boote war bereits so nahe, dass sie den Soldaten an Deck erkennen konnte. Er trug seine Armbrust in einer Schlaufe unter der Schulter und starrte auf den Fluss. Fackeln steckten auf Auslegern, die weit aus dem Schiff herausragten. Sie rissen Löcher in die Dunkelheit.
    Nungo'was legte sich einen Finger auf die Lippen. Von der Strömung getragen glitt das Floß langsam an dem Boot vorbei. Es kam ihm so nahe, dass Ana nur die Hand hätte ausstrecken müssen, um die Bootswand zu berühren.
    »Eins!«
    Sie biss sich auf die Handknöchel, hätte beinahe vor Schreck geschrien.
    »Zwei!«, antwortete der Soldat über ihr. »Drei!« ein anderer weiter entfernt.
    Sie presste die Wange auf das Holz. Das kühle Wasser betäubte den Schreck. Als sie den Kopf wieder hob, waren die Boote bereits hinter ihr.
    Nungo'was tauchte die Hand ins Wasser, lenkte das Floß von den Lichtern der Stadt weg an die dunkle Seite der Bucht. Sand knirschte unter den Baumstämmen. Sie hatten das Ufer erreicht.
    Ana folgte ihm an Land. Nungo'was ergriff ihre Hand und führte sie in hohes Schilfgras. Wolken verbargen die Monde, verwandelten die Umgebung in ein waberndes Grau, aus dem sich allmählich ein Umriss herausschälte. Seine Konturen wirkten hart und starr – die Stadtmauer.
    Nungo'was drehte den Kopf. Sein Gesicht wirkte ebenso grau und

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