Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
Blick glitt kurz zu Jonan, dann wieder zurück zu Craymorus. »Kommt. Ruht Euch aus. Und dann müsst Ihr mir alles darüber erzählen. Ganz Westfall wartet bereits auf Neuigkeiten.«
    »Danke«, sagte er. Es klang so unbeholfen, wie er sich fühlte. Er folgte Syrah die Treppe hinauf. Sie lief vor, während er sich Stufe um Stufe nach oben zog. Durch die lange Kutschfahrt hatten sich seine Muskeln verhärtet. Sein rechter Fuß schlug unkontrolliert gegen die Eisenstangen, die ihn hielten. Er stolperte und musste sich am Geländer festhalten. Eine Krücke rutschte aus seiner Achselhöhle und polterte die Treppe nach unten. Syrah fuhr herum. Einen Moment glaubte er so etwas wie Triumph auf ihrem Gesicht zu sehen, dann schlug sie die Hände vor dem Mund.
    »Geht es Euch gut, mein Fürst?« Sie wartete seine Antwort nicht ab. »Soldat, hilf deinem Herrn!«
    Jonan hob die Krücke auf. »Braucht Ihr Hilfe?«, fragte er.
    Craymorus schüttelte den Kopf und nahm die Krücke. Sein Fuß erschlaffte, aber die Krämpfe ließen nicht nach. Ich hätte häufiger eine Rast einlegen sollen , dachte er, aber er hatte es nicht getan, hatte in Gegenwart seines Vaters nicht noch mehr Schwäche zeigen wollen. Nun zahlte er den Preis dafür.
    Er blieb stehen, glaubte keinen Schritt weitergehen zu können. Die Treppe erschien ihm endlos.
    »Sieht mein Vater zu?«, fragte er Jonan leise.
    »Nein, Herr.«
    »Dann hilf mir hoch.«
    Er ließ sich die Treppe hinaufschleifen und den Gang entlang. Syrah öffnete die Tür zu seinem Gemach. Craymorus trat auf eigenen Beinen ein und zog sich zu dem Sessel, der neben seinem Schreibtisch stand. Eine Karaffe mit Wein stand darauf.
    »Dein Herr braucht dich heute nicht mehr«, sagte Syrah und schloss die Tür.
    Craymorus ließ sich in den Sessel fallen und löste die Lederriemen an seinen Oberschenkeln. »Ich entscheide selbst, wann ich meine Diener brauche.«
    »Mach dich nicht lächerlich.« Syrah wischte sich den Mund ab, als könne sie so den Kuss wegwischen, den sie ihm gegeben hatte. »Weißt du überhaupt, was hier vorgeht?«
    Sie sprach leise, aber jedes Wort war eine Anklage. »Späher melden, dass die Nachtschatten auf der alten Handelsstraße gesehen wurden. Sie sind auf dem Weg hierher. In der Stadt herrscht Panik. Gerade gestern ist ein Dutzend Sklaven aus der Burg geflohen. Das Volk braucht seinen Fürsten, aber was bringt er ihnen? Einen Jungen, dessen Haar nicht nass wird!«
    Die Vorhut hatte also nicht nur die Diener informiert. Craymorus machte den Soldaten keinen Vorwurf. Ihre Loyalität gehörte der Witwe ihres Fürsten, nicht einem Krüppel.
    »Er kann weit mehr und die anderen auch. Sie werden den Krieg für uns gewinnen.«
    »So wie sie den letzten gewonnen haben?« Syrah kippte Wein aus der Karaffe in einen Krug und verschüttete fast die Hälfte. Rotwein breitete sich auf der dunklen Holzplatte aus und tropfte zu Boden.
    Sie hat wirklich Angst , dachte Craymorus. Das ist kein Spiel.
    »Die Magie ist zurückgekehrt«, sagte er. Beinahe hätte er seine Hand auf die ihre gelegt. »Ich habe es selbst gesehen.«
    »Du hast gesehen, was sie dich haben sehen lassen.« Syrah trank einen großen Schluck und atmete tief durch. Sie klang ruhiger, als sie weitersprach. »Man kann ihnen nicht trauen. Gerade du solltest das wissen.«
    Mit beiden Händen stützte sie sich auf die Sessellehnen und sah Craymorus an. Ihr Gesicht war keine Armlänge von seinem entfernt. Er sah die kleinen Falten um ihre Augen und roch ihren sauren Atem.
    »Zehntausend Mann haben wir den Nachtschatten entgegengeschickt. Zehntausend Mann, den Fürsten und meinen Sohn.«
    Ihre Stimme brach. Sie räusperte sich. »Und du kommst mit fünfzig Magiern.«
    Sie stieß sich von den Lehnen ab und drehte sich um. Die Kapuze ihres Umhangs wischte durch Craymorus' Gesicht.
    »Das ist Wahnsinn«, sagte sie. In einer fließenden Bewegung riss sie die Tür auf, trat hindurch und schlug sie hinter sich zu.
    Craymorus fuhr sich mit der Hand über die Augen.
    Es klopfte.
    »Ja«, sagte er.
    Die Tür öffnete sich. Jonan blieb im Türrahmen stehen. »Benötigt Ihr mich heute noch?«
    Es fiel Craymorus schwer, sich auf ihn zu konzentrieren.
    Syrahs Worte ließen ihn nicht los. »Nein«, sagte er. »Lass dir von Garrsy eine Uniform und ein Quartier geben. Wenn etwas fehlt, sag mir Bescheid.«
    Jonan nickte. Er wollte sich umdrehen, aber Craymorus hielt ihn auf. »Du hast die Nachtschatten kämpfen sehen. Glaubst du, wir können sie

Weitere Kostenlose Bücher