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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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das Einzige, was Schwarzklaue hörte, war ein Hauch, leise wie der Atem eines Schlafenden.
    Er hob einen Bogen vom Deck auf und schoss dem Matrosen einen Pfeil in die Brust. Sein Körper zuckte, dann lag er still.
    Schwarzklaue nahm einen zweiten Pfeil aus dem Köcher einer Leiche und zielte auf die Gestalt im schwarzen Mantel.
    »Was hast du mit ihm gemacht, Daneel?« Es ärgerte ihn, dass seine Stimme seinen Ekel verriet.
    Die Gestalt nahm die Kapuze ab und grinste. Ihr zahnloser Mund bewegte sich nicht, trotzdem sprach sie. »Ich habe nichts gemacht, und du hast nichts gesehen. Verlass das Schiff und bring deine stinkenden Ungeheuer nach Westfall, verstanden?«
    Schwarzklaue blinzelte. Die anderen Nachtschatten hatten das Schiff bereits verlassen, nur er und Daneel standen noch an der Reling.
    »Du wirst siegen, mein Freund, auch ohne dieses Schiff«, sagte Daneel.
    »Ja, das werde ich.« Schwarzklaue spürte, dass es so war, wie Daneel sagte. Er hatte noch nie gelogen. Einen Moment betrachtete er den Bogen in seiner Hand. Er glaubte etwas vergessen zu haben, aber Daneels Stimme vertrieb den Gedanken.
    »Komm. Lass uns gehen.«
    Schwarzklaue ließ den Bogen fallen, kletterte über die Reling und hangelte sich an einem Tau nach unten. Daneel folgte ihm. Die Nachtschatten halfen ihm an Bord des Beiboots.
    »Was hat er da oben gewollt?«, fragte Marya, als sich Schwarzklaue neben sie auf die Ruderbank setzte. Die anderen rückten beiseite.
    »Er wollte …«, begann er, doch dann schüttelte er den Kopf. »Wer weiß schon, was Menschen wollen.«
    Er tauchte das Ruder ins Wasser. Mit jedem Schlag entfernte sich das Boot weiter von dem dampfenden, brennenden Schiff. Schwarzklaue sah Flammen aus dem Deck schlagen, wenig später brannten die Segel, dann fielen die Masten. Als die Sonne über den Horizont kroch, versank es im Fluss. Trümmer und Leichen trieben an der Oberfläche, vermischten sich mit toten Nachtschatten und den Überresten der Flöße.
    »Sie sollten nicht zusammen sein«, hörte er Snellig hinter sich sagen. »Die Menschen haben es nicht verdient, im selben Fischmagen zu landen wie unsere Krieger.«
    Einige lachten, andere nickten. Schwarzklaue blickte über das Wasser. Flöße schlossen sich den beiden Beibooten an. Er hörte das Stöhnen von Verletzten, doch die meisten Nachtschatten saßen aufrecht. Nur wenige lagen.
    Sie dürfen uns nicht aufhalten , dachte Schwarzklaue. Man wird das Schiff irgendwann vermissen, vielleicht seine Trümmer finden. Wenn das passiert, müssen wir bereits vor den Toren Westfalls stehen.
    Er begann kräftiger zu rudern. Die anderen schlossen sich seinem Rhythmus an.
    Am Abend, kurz nach Sonnenuntergang, sahen sie die Küste. Sie warteten, bis die Nacht kam, dann gingen sie an Land. Lautlos wie Diebe.

 
Kapitel 31
     
    Was wäre das Volk ohne seine Fürsten? Diese Frage wird in Westfall mit dem Tode bestraft. Dem Reisenden sei daher geraten, sie nicht zu stellen.
    Jonaddyn Flerr, Die Fürstentümer und Provinzen der vier Königreiche, Band 1
     
    Craymorus dankte stumm den Flussgöttern, als die Kutsche vor der Haupttreppe der Burg zum Stehen kam. Sein Vater stieg ohne ein Wort aus. Mit ihm verschwand der Druck aus der Kutsche, der die ganze Zeit über auf Craymorus gelastet hatte. Abgesehen von einer unglücklichen Diskussion über seine Studien hatten sie die Fahrt schweigend verbracht, nur unterbrochen von gelegentlichen kurzen Sätzen über die Landschaft oder das Wetter.
    Craymorus rückte seine Krücken zurecht und rutschte aus dem Gefährt. Jonan hielt einen Soldaten, der ihm dabei helfen wollte, mit einer Geste fern. Er schien zu spüren, wann sein Herr Hilfe brauchte und wann sie unerwünscht war.
    Ich werde ihn behalten , dachte Craymorus. Er brauchte jemanden, dem er trauen konnte, jemanden, der nicht aus Westfall stammte, keine eigenen Ambitionen hatte – und ihm das bisschen Würde ließ, das er sich jeden Tag aufs Neue erkämpfen musste.
    Diener liefen die Treppe herunter und führten die Magier zu ihren Quartieren. Garrsy hatte zwei Soldaten auf Pferden vorausgeschickt, damit alles für ihre Ankunft vorbereitet war. Die meisten wirkten erschöpft nach dem langen Marsch.
    »Craymorus!«
    Er sah auf. Syrah lief ihm entgegen. Sie trug einen Umhang, der sich im Wind wie ein Segel blähte. Craymorus zuckte zusammen, als sie ihm die Hände auf die Wangen legte und seinen Mund küsste.
    »Ich hoffe, deine Reise war erfolgreich, mein Gemahl«, sagte sie. Ihr

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