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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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aussprechen konnte.
    »Die Götter entscheiden, wer stirbt und wer lebt, niemand sonst. Savver ist ihnen nur näher als die meisten.«
    Ruta nahm den Korb und zog das Messer aus dem Baumstumpf. »Komm«, sagte sie, »das Morgenmahl ist gleich fertig. Ihr müsst euch beeilen, wenn ihr Srzanizar noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wollt.«
    Das ist nur Aberglaube , dachte Ana. Es hat nichts zu bedeuten.
    Sie hakte die Daumen ineinander und klatschte dreimal in die Hände, um die bösen Geister zu vertreiben, so wie ihre Zofe Zrenje es ihr als Kind gezeigt hatte. Danach fühlte sie sich besser.
    In der Hütte hatten die anderen Reisenden begonnen zu packen. Die Vordertür stand offen, die meisten Pferde waren gesattelt und beladen worden, zwei von ihnen hatte man bereits vor einen Karren gespannt, dessen Ladung aus Kisten und Fellbündeln unter einer Decke hervorragte.
    Urek stocherte mit seinem Kurzschwert in dem niedergebrannten Kaminfeuer. Flammen leckten an frischem Holz, Funken stoben.
    »Es ist noch Eintopf da«, sagte er, aber niemand beachtete ihn.
    Schweigend nahmen sie das Morgenmahl ein. Es bestand aus Brot, Schmalz und Rotaugenschoten. Ana tränten bereits nach dem ersten Bissen die Augen, aber sie aß weiter, wie alle anderen auch.
    »Schärfe reinigt die Seele«, hörte sie Ruta sagen. »Und einer reinen Seele ist das Glück wohlgesonnen.«
    Sie mögen es nicht, wenn man schmutzig ist. Der Satz stand ungewollt in Anas Gedanken. Ohne zu kauen schluckte sie den Rest der Schote hinunter und leerte ihren Krug mit dünnem Bier.
    Wenig später brachen sie auf.
    Magrik und Theul, die beiden alten Sklaven, waren die Einzigen, die kein Reittier hatten, aber Frek ließ sie auf seinem Karren mitfahren, was zu einem kurzen Streit zwischen ihm und Marta führte. Dann endlich ließen sie die Taverne hinter sich.
    Der nächtliche Regen hatte die Straße in Schlamm verwandelt. Bei jedem Tritt der Pferde spritzte es nach oben, die Räder des Karrens gruben sich so tief ein, dass es einige Male fast so aussah, als müsse man die Waren abladen, um ihn aus dem Schlamm zu befreien.
    Gegen Mittag lösten sich die letzten Wolken auf. Sonnenstrahlen begannen die Straße zu trocknen.
    »Wurde auch verdammt noch mal Zeit«, sagte Guus wenig später, als der Karren wieder über festen Boden rollte. Seine Stimme riss Ana aus dem Halbschlaf, in dem sie die letzten Stunden verbracht hatte. Sie wusste nicht, wie weit sie gekommen waren, aber es konnte nicht sehr weit sein. Der Karren hielt die Gruppe auf.
    Allein wäre ich viel schneller , dachte Ana, doch sie schreckte davor zurück, die anderen zu verlassen. Zu gefährlich musste die Gegend, durch die sie zogen, sein, wenn sogar der Schmied die Gemeinschaft mit anderen suchte – und zu sehr beschäftigten sie die Worte des Wahnsinnigen.
    Sie sah auf, als Hetie ihr Pferd neben das ihre lenkte.
    »Kommst du von weither?«, fragte sie, ohne Ana anzusehen.
    »Zwölf Tagesreisen.« Es war das erste Gespräch, das sie miteinander führten.
    »Und du warst die ganze Zeit allein?«
    Ja , dachte Ana. Ich war allein, auch wenn jemand bei mir war. Und ich werde immer allein sein, weil es so sein muss, wenn man herrschen will.
    »Das war ich«, antwortete sie und fühlte sich auf einmal sehr erwachsen, viel erwachsener als das Mädchen, das neben ihr ritt und sie noch nicht einmal anzusehen wagte.
    »Ich war noch nie allein«, sagte Hetie, »und ich bin auch noch nie gereist.«
    In ihrer Stimme schwang Sehnsucht mit, so als wartete alles, was sie sich erträumt hatte, an einem fernen Ort auf sie.
    »Aber jetzt reist du doch?«
    Hetie sah sich nach dem Rest ihrer Familie um. »Das ist nicht dasselbe«, sagte sie leise. »Du reist zu dem Mann, dem du versprochen wurdest, aber wenn du nicht zu ihm wolltest, könntest du einfach an einen anderen Ort gehen, nicht wahr? Niemand würde dich aufhalten.«
    »So einfach ist das nicht«, antwortete Ana, obwohl sich ein Teil von ihr fragte, ob es nicht tatsächlich so war. Sie wechselte das Thema. »Wo reist ihr denn hin?«
    »Nach Srzanizar und von dort in die südlichen Steppen. Frek ist Pelzjäger, aber seit die Milizen überall durch die Wälder ziehen, findet er kein Wild mehr. Deshalb gehen wir nach Süden.«
    »Dann wirst du viel Neues erleben«, sagte Ana, um sie ein wenig aufzumuntern. »Im Süden soll es Tiere so groß wie Berge geben und Fische, die über das Wasser fliegen. Du wirst gar nicht wissen, was du dir zuerst ansehen

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