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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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sollst.«
    »Ich werde nichts sehen außer dem Kochtopf und dem Waschzuber.« Hetie senkte erneut den Kopf. »Das ist mein Schicksal als zweite Frau.«
    Ana wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. »Du …«, begann sie, doch im gleichen Moment zischte etwas an ihrem Kopf vorbei. Erschrocken zuckte sie zusammen.
    Guus schrie. Ana fuhr herum, starrte entsetzt auf den Bolzen, der aus seinem Auge ragte. Er hatte den Schädel durchschlagen. Die Metallspitze war am Hinterkopf ausgetreten. Blut lief seinen Nacken hinab.
    Sein Pferd stieg in Panik auf und galoppierte den Weg entlang. Er blieb darauf sitzen, schlaksig wie eine Stoffpuppe. Ana gelang es erst, den Blick von ihm zu lösen, als er hinter einer Biegung verschwand.
    Das dumpfe Katapultgeräusch von Armbrustbolzen hallte durch die Bäume.
    »Rettet euch!«, schrie einer der beiden alten Männer. Sein Begleiter lag auf dem Karren und wand sich schreiend. Ein Bolzen steckte in seiner Seite.
    »Weg hier!« Ana drehte sich zu Hetie um. Sie hatte die Hände vor ihr Gesicht geschlagen und zitterte. Ana griff nach den Zügeln ihres Pferdes. »Halt dich fest!«
    Dann trat sie ihrem eigenen Pferd in die Flanken. Erschrocken galoppierte es los. Die Zügel, die Ana in der Hand hielt, strafften sich; einen Augenblick fürchtete sie, das zweite Pferd würde dem Zug nicht nachgeben, dann lockerten sich die Zügel.
    Sie duckte sich, brachte ihren Kopf auf eine Höhe mit dem Hals des Pferdes. Vor ihr schlängelte sich die Straße durch den Wald. Das war die einzige Fluchtmöglichkeit, das Unterholz zu beiden Seiten war zu dicht, um mit den Pferden hindurchzureiten.
    Ana warf einen kurzen Blick hinter sich. Hetie hielt sich an der Mähne ihres Pferdes fest. Man konnte sehen, dass sie das Reiten nicht gewöhnt war.
    »Nicht loslassen!«, rief Ana ihr über das Trommeln der Hufe hinweg zu. Dann sah sie zurück zur Straße und riss erschrocken an den Zügeln, als sie das Pferd des Schmieds vor sich auftauchen sah.
    Jemand Fremdes saß darauf, mit einem vors Gesicht gebundenen Tuch maskiert und in speckige Lederkleidung gehüllt. Guus lag reglos am Boden. Ein zweiter Unbekannter, der genauso gekleidet und maskiert war wie der erste und ebenso auffallend schmal in den Schultern wirkte, zog ihm gerade die Stiefel aus. Neben ihm lag eine Armbrust.
    Der Fremde, der auf Guus' Pferd saß, trat ihm in die Flanken. Zwei Schwerter steckten in seinem Gürtel, eine Armbrust hing an einer Schlaufe von seiner Schulter.
    Ana sah sich hektisch um. Ihr Blick fiel auf einen Trampelpfad, der hinein in den Wald führte. Ohne zu zögern spornte sie ihr Pferd an, duckte sich unter den tief hängenden Ästen und trieb das Tier weiter zwischen die Bäume. Schlagartig wurde es dunkel, als sich das Laubdach über ihnen schloss.
    Hinter ihr schluchzte Hetie laut, während Bäume, Sträucher und Gestrüpp an Ana vorbeiflogen. Sie ritt viel zu schnell. Dornen rissen an ihrem Umhang und den Flanken des Pferdes. Es hatte Schaum vor dem Maul. Seine Augen waren weit aufgerissen, versuchten ebenso wie Anas, jedes Hindernis zu erkennen, bevor es zur tödlichen Gefahr werden konnte.
    Äste krachten hinter Ana, aber sie wagte es nicht, sich umzudrehen. Wenn Hetie stürzte, gab es ohnehin nichts, was sie hätte tun können.
    Vor ihr lichtete sich der Wald. Ana galoppierte auf die Helligkeit zu. Der Boden wurde sandiger, dann auf einmal blinzelte sie in helles Sonnenlicht, und vor ihr glitzerte eine endlos wirkende Wasserfläche. Eine leichte Brise kühlte Anas Gesicht. Sie war am Ufer des Großen Flusses.
    Süden , dachte sie. Die Stadt, zu der wir wollten, liegt im Süden.
    Sie drehte sich um. Hetie saß noch im Sattel. Ihr Gesicht und ihre Arme waren zerkratzt, aber sie weinte nicht mehr, blickte stattdessen mit zusammengekniffenen Augen in den Wald. »Sind sie weg?«, fragte sie so leise, dass ihre Worte über das Rauschen der Wellen kaum zu verstehen waren.
    »Ich weiß es nicht.« Ana reichte ihr die Zügel. »Wir müssen weiter.«
    Sie wandte ihr Pferd nach Südwesten, der Sonne entgegen. Geblendet zwinkerte sie, dann sah sie die beiden Silhouetten, die sich aus dem Wald lösten.
    »O nein, o nein, o nein.« Immer wieder stieß Hetie es hervor, als hätte der Schreck sie alle anderen Worte vergessen lassen.
    »Zurück.« Ana griff ihr in die Zügel, wendete beide Pferde in die entgegengesetzte Richtung. Ein Teil von ihr drohte in Panik zu verfallen, als sie die Gestalten sah, die auf der nördlichen Seite des

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