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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Somerstorm, ist meine Armee – und die deine, meine Königin.«

 
Kapitel 33
     
    Nur wenige Festungen verdienen es, bereist zu werden. Tatsächlich offenbaren die meisten erst als Ruine ihre wahre Schönheit.
    Jonaddyn Flerr, Die Fürstentümer und Provinzen der vier Königreiche, Band 1
     
    »Steh auf! Dein Herr braucht dich!«
    Jonan schlug die Decke zur Seite. Er hatte nicht geschlafen, so wie er in keiner Nacht schlief. Die Uniform, die er trug, war frisch gestärkt. Der Kragen drückte gegen seinen Hals.
    »Wo ist er?«, fragte er die dunkle Silhouette, der neben seinem Bett stand. Die anderen Soldaten bewegten sich nicht. Zu sechst schliefen sie in dem kleinen fensterlosen Raum.
    »In seinem Quartier.«
    Jonan zog die Stiefel an und strich sich die Haare glatt. Erst als seine Finger Haarstoppeln berührten, fiel ihm wieder ein, dass ihm der Quartiermeister den Kopf rasiert hatte. Das machen wir bei allen Neuen , hatte er gesagt. Wegen der Läuse.
    Zweimal musste Jonan einen Sklaven nach dem Weg fragen, bis er das Zimmer des Fürsten gefunden hatte. Die Tür stand offen. Graues Tageslicht drang hindurch. Es dämmerte. Craymorus kam ihm bereits entgegen. Er wirkte aufgeregt, beinahe euphorisch.
    »Ah, neue Uniform, neuer Haarschnitt. Du sieht aus wie ein Soldat«, sagte er, während er sich an Jonan vorbeischob. »Komm, er ist wach.«
    »Wer?«
    »Korvellan natürlich. Wer denn sonst?«
    Sie haben Korvellan gefangen genommen? Jonan fragte sich, wie ihnen das gelungen war.
    Craymorus blieb am Treppenabsatz stehen und nahm die Krücken in eine Hand. »Trag mich in den Kerker.« Er lächelte flüchtig. »Ich will mir nicht gerade heute das Genick brechen.«
    Jonan lud in sich auf die Schultern. Der Fürst war schwerer, als er gedacht hatte. Er ging die Treppe nach unten und seinen Anweisungen folgend durch eine Tür und eine weitere Treppe hinab. An jedem Absatz standen Soldaten und präsentierten ihre Speere, wenn Craymorus sie passierte.
    Der Kerkermeister selbst öffnete ihnen die Tür. Er trug einen Schlüsselring am Gürtel und stellte sich als Nokt vor.
    »Du bist neu, oder?«, fragte er Jonan, als er eine weitere Tür öffnete. Es stank nach Kot und Wahnsinn.
    »Ja.« Jonan presste die Zähne aufeinander. Lautes Stöhnen drang durch die geschlossenen Zellentüren, so fremd, als wären die Kreaturen hinter diesen Türen nicht mehr menschlich oder noch nie menschlich gewesen. Die Dunkelheit schien ihn erdrücken zu wollen.
    »Man gewöhnt sich daran«, sagte Craymorus, aber Jonan spürte, wie sein Herz wild gegen den Käfig seiner Rippen pochte.
    »Was sind das für Zellen?«, fragte er, um sich und ihn abzulenken.
    »Die der Besessenen«, antwortete Nokt. »Wir töten sie nicht, damit die Dämonen in ihnen gefangen bleiben. In der Dunkelheit sind sie einigermaßen ruhig.«
    Jonan spürte, wie Craymorus auf seinem Rücken aufatmete, als sie den Trakt verließen und eine große Höhle mit Unterständen und Zelten durchquerten. Verurteilte und Wärter schienen gemeinsam dort zu leben. Die meisten lagen noch eingerollt in ihre Decken. Der Kerkermeister öffnete zwei weitere Türen, trat aber nicht durch die letzte, sondern blieb stehen.
    »Er ist angekettet, aber seid vorsichtig, Herr. Bei diesen Tieren weiß man nie.«
    Jonan ließ Craymorus von seinem Rücken und sah sich um. Außer Nokt hielt sich niemand in dem Gang auf. Er würde bis in die Höhle fliehen können, sollte ihn Korvellan als Nachtschatten erkennen. Vielleicht gab es dort einen anderen Ausgang als den durch die Zellen der Besessenen. Er wusste es nicht, so wie er nicht wusste, ob Korvellan ihn überhaupt erkennen würde. Bei dem alten Mann hatte Jonan den Nachtschatten gerochen, wieso, konnte er nicht sagen.
    Ich weiß nichts über mich , dachte er.
    Craymorus stieß die Tür mit einer Krücke auf und trat ein. Der Raum war klein, die vier Soldaten, die an den Wänden standen, füllten ihn mit ihrem Geruch nach Schweiß; sie hatten Angst. Der Mann, den sie bewachten, saß auf dem Boden. Ketten drückten seine Gliedmaßen nach unten, steckten in Eisenringen, die im Boden verschraubt waren. Der Mann sah auf. Eine tiefe Schnittwunde zog sich von seiner Stirn bis zu seinem Ohr. Jonan bemerkte den schwarzen Faden, mit dem sie genäht worden war.
    Craymorus nickte den Soldaten zu. »Lasst uns allein.«
    Die Männer drängten sich an Jonan vorbei. Er wollte mit ihnen gehen, doch dann hörte er Craymorus' Stimme. »Nein, du bleibst bei mir.«
    »Ja,

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