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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Armee?«
    »Was kümmert euch das?«, fragte Marta zurück. Es gefiel ihr offensichtlich nicht, unterbrochen zu werden. »Solltet ihr euch nicht um euer eigenes Schicksal sorgen?«
    »Wir kennen unser Schicksal, es gibt keinen Grund zur Sorge. Bitte sagt uns also, was in der Welt vorgeht.«
    Ana gab Marta nicht die Gelegenheit zu einer Antwort. »Baldericks Armee ist geschlagen, er selbst tot. Niemand weiß, was mit seinem Sohn ist.«
    Ein Raunen ging durch die Zelle. Die ältere Frau senkte den Kopf und flüsterte etwas, vielleicht ein Gebet. Ana biss die Zähne in Erwartung von Martas Widerspruch zusammen, doch der blieb aus. Stattdessen fragte sie: »Und was ist euer Schicksal?«
    »Das gleiche wie das eure.« Die ältere Frau hob wieder den Kopf. »Wir werden in die Sklaverei verkauft.«
    Marta wich zurück, bis sie mit dem Rücken gegen die Tür stieß, so als könne die Distanz zu den anderen sie vor deren Schicksal bewahren.
    »Eher würde ich sterben«, stieß sie hervor. Ihr Blick glitt zu Hetie, die stumm und mit geweiteten Augen neben ihr stand. »Eher würden wir sterben.«
    Hetie blinzelte, antwortete jedoch nicht.
    Ana fragte sich kurz, ob ihr Vater, der Sklavenhändler, der zum Fürsten geworden war, die Ironie zu schätzen gewusst hätte, dass seine Tochter, als Fürstin geboren, zur Sklavin werden sollte. Sie spürte den Drang zu lachen und schluckte, bis er verging.
    »Ich werde nicht in die Sklaverei verkauft«, sagte das Mädchen, das neben der Kerze hockte, stolz. »Ich bin eine Geisel.«
    »Das stimmt, Merie.« Die ältere Frau strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Du kommst bald wieder nach Hause.«
    Es klang, als habe sie das bereits sehr oft gesagt.
    »Bestärk sie doch nicht darin, Florenia.« Die männliche, alt klingende Stimme kam aus den Schatten. »Sie wird ihr Zuhause nie wiedersehen, genau wie wir.«
    Merie fuhr herum. »Das ist nicht wahr! Ich bin eine Geisel!«
    »Nein, das bist du nicht.« Der alte Mann schlurfte aus den Schatten heraus zu einem Strohballen in einer Ecke der Zelle. »Deine Familie ist ja noch nicht einmal reich.«
    Er wandte sich dem Strohballen zu. Es begann zu plätschern. »Wie naiv ihr alle seid. Die Jungen werden abgeholt, einer nach dem anderen, nur die Alten und die Kinder bleiben zurück, aber ihr denkt immer noch, dass alles gut werden wird.«
    »Horouz, du machst ihnen Angst, dabei weißt du selbst nicht, was sein wird«, sagte Florenia. Sie gingen so vertraut miteinander um, dass Ana sie für Mann und Frau hielt.
    Horouz drehte sich um. Die Bewegung ließ beißenden Uringestank durch die Zelle wehen. »Und ob ich das weiß. Ich hab sie doch reden hören, diese Huren dort oben.« Er zeigte zur Decke, anklagend, als wolle er die Götter verfluchen. »Rasquawan haben sie uns genannt. Rasquawan.«
    Er schlurfte zurück in seine Nische. Der Uringestank umwehte ihn wie ein Umhang. Ana presste die Lippen zusammen, kämpfte gegen die plötzliche Übelkeit, die das Wort und der Gestank in ihr auslösten.
    Jemand berührte ihre Hand. Instinktiv zog sie den Arm zurück. Erst dann drehte sie den Kopf.
    Hetie sah sie an. »Was heißt Rasquawan?«
    »Es …« Ana stockte. Einen Moment lang wollte sie lügen, doch schließlich richtete sie den Blick in die Dunkelheit. »Rasquawan nennt man die Sklaven, die nach Süden gebracht werden, um in den Arenen zu kämpfen. Es heißt so viel wie …« Sie räusperte sich. In der Schwärze jenseits des Kerzenlichts tanzte das Gesicht des Verrückten aus dem Wald auf und ab. Sie mögen es nicht, wenn man schmutzig ist.
    »Die Toten«, sagte Florenia leise.
     
     
    Der dicke junge Mann war Matrose und hieß Nungo'was. In der Sprache der Flussvölker bedeutete das Fischschwanz. Ana wagte nicht, ihn zu fragen, weshalb er so hieß.
    Nungo'was redete viel, aber das störte sie nicht. Es war ein warmer Morgen, und sie knieten gemeinsam in dem großen Gemüsegarten hinter dem Haus und zupften Unkraut. Die Banditinnen hatten Ana zusammen mit einem halben Dutzend anderer Gefangener, darunter auch Nungo'was und Merie, aus der Zelle geholt und ihnen befohlen, im Garten zu arbeiten. Die anderen waren in der Dunkelheit zurückgeblieben.
    Natürlich , dachte Ana, es wäre zu gefährlich, uns alle nach oben zu holen.
    Durch zwei Pflanzen sah sie zu den Wachen, die im Schatten des Hauses saßen und sich unterhielten. Sie beachteten ihre Gefangenen kaum, dachten wohl, die hohen Mauern, die den Garten an drei Seiten umschlossen, würden

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