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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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zögerte einen Moment und schien erst dann eine Entscheidung zu treffen, denn er sah zurück zu Ana.
    »Du musst nur eins machen: deinen Hintern bewegen. Los jetzt!« Er klatschte in seine gewaltigen, tätowierten Hände.
    Der Ruck, mit dem an Anas Strick gerissen wurde, ließ sie stolpern. Sie stieß mit dem Fuß gegen eine Holzbank, aber Hetie hielt ihren Arm fest und gab ihr das Gleichgewicht zurück.
    »Danke«, flüsterte Ana. Fletie nickte nur. Sie war blass.
    Durch die offen stehende Hintertür konnte Ana einen kleinen Gemüsegarten sehen, der von einer Mauer umgeben war. Sie wollte darauf zugehen, doch ihre Entführerinnen wandten sich vor der Tür nach rechts. Ana sah einen Flaschenzug unter der Decke. Mit dem Blick folgte sie der Kette, die daran hing, zu einem Eisenring im Boden.
    Zwei der Banditinnen zogen an der Kette. Sie mussten ihr ganzes Körpergewicht einsetzen, um die Falltür, in die der Ring eingelassen war, anzuheben. Eine dritte nahm eine Fackel, die neben der Tür an der Wand hing, und ging eine Treppe hinunter. Ana folgte ihr notgedrungen.
    Der Feuerschein riss Holzbalken, gebrannte Ziegel und Steine aus der Dunkelheit. Die Treppe führte nur einige Stufen weit nach unten, gerade so weit, dass Ana ohne sich zu ducken in den Gang, der dahinterlag, treten konnte. Ein Teil von ihr bemerkte, dass sich auch kein anderer ducken musste.
    Die Frau, die vor ihr ging, steckte die Fackel in eine Halterung. Ihr Rücken nahm Ana die Sicht, aber sie hörte, wie Riegel zurückgeschoben wurden, dann öffnete sich quietschend eine Tür. Ein Stoß gegen die Schulter machte ihr klar, dass sie hindurchgehen sollte. Die Klinge, die vor ihr aufblitzte, ließ sie zurückweichen, doch die Frau zog sie an dem Strick weiter auf sich zu. Die Banditin stieß die Luft aus, eine Art lautloses Lachen, dann schnitt die Klinge durch Anas Fesseln. Sie fielen zu Boden.
    Einen Moment lang dachte Ana darüber nach, sich umzudrehen und loszulaufen, doch der Gang war so schmal, dass sie an den anderen nicht vorbeigekommen wäre. Also betrat sie den Raum, der hinter der Tür lag.
    Es war dunkel, trotzdem spürte sie, dass sie nicht allein war. Stroh raschelte unter ihren Sohlen. Es stank nach Schweiß und Exkrementen.
    Hetie und Marta drängten sich hinter ihr in den Raum.
    Mit einem Knall, der sie zusammenzucken ließ, wurde die Tür zugeschlagen. Sie hörte, wie der Riegel vorgeschoben wurde. Das Licht der Fackel schien noch einen Augenblick länger unter dem Türspalt hindurch, dann verschwand es ebenso wie die Geräusche der Schritte vor der Tür.
    »Hallo?«, fragte sie in die Dunkelheit.
    »Warte.« Die Stimme sprach leise. »Sie mögen es nicht, wenn wir reden.«
    Hinter Ana raschelte Kleidung. Über ihr fiel eine Falltür dumpf ins Schloss.
    »So. Jetzt haben wir unsere Ruhe.« Die Stimme gehörte einem Mann. Er sprach mit dem weichen Dialekt der Flussvölker. »Einen Moment.«
    »Darf ich?«, fragte eine zweite, hellere Stimme, die eines Kindes, schätzte Ana, oder einer sehr jungen Frau.
    »Hier.«
    Es raschelte und knackte, dann sprühten plötzlich Funken. In der Dunkelheit wirkten sie so hell und bunt wie Feuerwerk. Es begann nach Rauch zu riechen, eine kleine Flamme flackerte auf.
    »Was macht ihr da?« Marta klang eher ärgerlich als ängstlich. »Wir werden ersticken.«
    »Ihr müsst keine Angst haben«, antwortete eine Frauenstimme. »Es wird gleich heller.«
    Die Flamme wurde größer, gleichmäßiger. Ana sah, dass sie von einem Kerzendocht stammte, der in einem unförmigen Wachsklumpen steckte. Das Licht drängte die Dunkelheit zurück.
    Die Zelle – ein anderes Wort fiel Ana nicht ein – war größer, als sie gedacht hatte. Sie war zwar nur einige Schritte lang, aber dafür so breit, dass die linke Wand nicht mehr zu erkennen war. Überall gab es Winkel, Nischen und Ecken, in denen sich die Schwärze gegen das Licht stemmte. Aus einer lugte ein Mensch hervor. Sein Gesicht war ein grauer, undeutlicher Fleck.
    Nur die, die um die Kerze herumsaßen, konnte Ana erkennen. Sie sah einen bärtigen, dicken Mann, der ein paar fahre älter sein musste als sie, eine Frau mit grauem, strähnigem Haar und ein Mädchen. Die Schatten der Flamme malten dunkle Ringe unter ihre Augen.
    »Wo kommt ihr her?«, fragte die Frau.
    Ana wollte antworten, aber Marta drängte sich an ihr vorbei. »Aus dem Norden. Wir wollten …«
    Die Frau unterbrach sie. »Norden? Was könnt ihr uns vom Krieg sagen? Wie steht es um Westfalls

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