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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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dachte Gerit. Er wollte die Faust in die Höhe strecken, auf- und abspringen, lachen und johlen, doch er blieb nur ruhig stehen, den kalten Marmor der Säule im Rücken. Triumph passte nicht zu der Rolle, für die er sich entschieden hatte.
    »Gerit?«
    Er drehte den Kopf. Mamee stand an der Treppe, die in die oberen Stockwerke führte. Sie hielt einen Korb mit Maka-Wurzeln in den Armen. Er sah Überraschung, dann Freude auf ihrem Gesicht. Sie stellte den Korb ab.
    »Gerit.« Sie schien ihn umarmen zu wollen, wich jedoch plötzlich zurück. »Du riechst nach Tod.«
    »Nicht ich, nur meine Kleidung.« Er winkte ab, mit einer Geste, die ihm zu einem weit gereisten Mann zu passen schien. »Ist eine lange Geschichte.«
    »Dann erzähl sie mir, wenn du dich ausgeruht hast. Brauchst du frische Kleidung?«
    »Nein, ich habe genug davon in meinem Zimmer.« Er sah, dass sie ihren Ekel mit einem Lächeln zu überspielen versuchte. »Ich werde erst mal baden und mich dann meinen Aufgaben widmen. Korvellan möchte, dass ich mich um die Verwaltung Somerstorms kümmere.«
    »Dann bleibst du?« Ihr Tonfall wärmte ihn.
    Er nickte. »Für eine Weile.«
    Sie lächelte, schien nicht zu wissen, was sie darauf sagen sollte, neigte dann den Kopf und nahm ihren Korb wieder auf. »Bis später.«
    »Bis später.« Gerit sah ihr nach, bis sie durch die Tür verschwunden war.
    Es gab keine Diener mehr in der Festung, und da Gerit nicht wusste, welche Aufgaben die Nachtschatten übernommen hatten, machte er selbst Wasser heiß und schüttete es in die Wanne. Die Kleidung verbrannte er im Kamin.
    Nur in ein Handtuch gehüllt lief er nach dem Bad in den Trakt, in dem sein Zimmer lag. Die Tür quietschte, als er sie öffnete. Es war still in seinem Zimmer. Staub lag in einer dünnen Schicht auf dem Holztisch und den Soldatenfiguren auf dem Spielbrett unter dem Fenster. Es roch muffig, so als habe seit langer Zeit niemand mehr den Raum betreten.
    Gerit zog die Tür hinter sich zu. Wasser tropfte aus seinen Haaren auf den Boden. Er kannte alles in diesem Raum, das Bett, den Schrank, das Regal mit den Karten, die General Norhan ihm geschenkt hatte. Langsam trat er ans Fenster. Er erinnerte sich an den letzten Zug, den er auf dem Spielfeld gemacht hatte, an das Ziel, das er damit verfolgt hatte, und an Norhans Blick, als er es ebenfalls bemerkte. Nur dass Gerit nun wusste, dass Norhan ihn hatte gewinnen lassen. Er streckte die Hand nach den Figuren aus, zog sie dann jedoch wieder zurück. Es waren nicht mehr seine Figuren. Er war ein Fremder in diesem Zimmer.
    Gerit drehte sich um, ging zum Schrank und öffnete dessen Tür. Rasch nahm er ein wenig Kleidung heraus, dann schloss er die Tür und verließ das Zimmer. Es fühlte sich wie eine Flucht an.
    Im Gang zog er sich an. Die Hose war zu kurz, ebenso die Jacke und die Ärmel seines Hemds. Es störte ihn nicht.
    Mit jedem Schritt, den er sich von dem Zimmer entfernte, fühlte er sich besser. Er lief die Treppe nach unten, bog um eine Ecke – und prallte zurück.
    Nebelläufer stand vor ihm. Seine kalten grauen Augen musterten ihn. Er zog die Lefzen hoch und zeigte lange Reißzähne.
    Gerit sah sich um. Niemand außer ihnen stand in dem Gang. Draußen, unter den Fenstern, wurde Holz gespalten. Er hörte die Axtschläge. Sie schienen aus weiter Ferne zu kommen.
    »Was willst du?«, fragte er. Seine Stimme klang heiser.
    »Das hier jedenfalls nicht.« Nebelläufer machte eine Geste, die die gesamte Festung einzuschließen schien. »Darum habe ich nie gebeten. Ich bin Jäger, nichts weiter.« Er schlug gegen seinen vernarbten Oberschenkel. »Auch mit dem Bein bin ich Jäger. Niemand muss mir einen Gefallen tun, verstanden?«
    »Ja«, sagte Gerit, obwohl er sich nicht sicher war, ob er es wirklich verstand.
    »Schwarzklaue war feige. Er hätte mir sagen sollen, dass ich zu langsam für den Feldzug bin, anstatt mir diesen Haufen Steine zuzuschieben. Du kannst ihn haben, mir ist er egal. Du hättest ihn von Anfang an bekommen sollen.«
    Nebelläufer wandte sich ab, dann aber drehte er sich noch einmal um. Seine Klaue zeigte auf Gerits Brust. »Nur eines: Gib mir nie einen Befehl. Mich interessiert nicht, was Korvellan dir aufgetragen hat, ich will meine Ruhe und den Respekt der Krieger.«
    »Korvellan würde dir beides nie nehmen«, sagte Gerit. »Und ich auch nicht.«
    Nebelläufer sah ihn einen Moment lang an, als sei er sich nicht sicher, ob er den Satz ernst nehmen sollte, dann nickte er. drehte sich

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