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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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so fremd gefühlt, als die Armee der Nachtschatten weiter nach Süden vorgestoßen war. Vielleicht hatte es nicht an Korvellan, Schwarzklaue und den anderen gelegen, sondern an ihm.
    Ich gehöre nicht den Menschen oder den Nachtschatten , dachte er, als er die Augen schloss. Ich gehöre dem Norden.
    Ihm gefiel der Gedanke. Der Norden war ewig. Er würde immer dort sein, egal, wie weit er sich von ihm entfernte, egal, was er tat. Um ihn zu finden, musste er sich nur von der Sonne abwenden und gehen, immer weitergehen, bis sich Dunkelheit und Licht …
    Ein Tritt weckte ihn.
    Gerit fuhr hoch, blinzelte in die Morgensonne. Ein Gesicht war über ihm, bärtig und hässlich. Das einzelne braune Auge darin starrte ihn an.
    »Bist du Mensch oder Tier, Junge?«, fragte der Einäugige. Er stank aus dem Mund.
    »Ich bin der Norden«, sagte Gerit, ohne nachzudenken.
    Der Einäugige drehte den Kopf. »Habt ihr das gehört?«
    Einer der beiden Männer, die hinter ihm standen, nickte. Er war jünger als der Einäugige, kaum älter als Gerit. Der Bart, den er trug, war nur roter Flaum. Seine Haare waren lang und dreckig.
    Der andere Mann kicherte. Eine Narbe spaltete sein Gesicht von der Schläfe bis zum Kinn. Die Uniformjacke, die er trug, war verblichen, aber Gerit erkannte die Farben Westfalls.
    »Dem ist wohl was auf den Kopf gefallen«, sagte der Vernarbte. Er kicherte erneut und stieß den Rothaarigen an. »Auf den Kopf gefallen, verstehst du? Deshalb ist er blöd, so wie du, Borrys.«
    Borrys antwortete nicht.
    Der Einäugige stand auf und richtete ein schartiges Schwert gegen Gerit. »Hat Potje recht? Bist du blöd?«
    Gerit hob die Schultern. Sein Herz hämmerte, aber er gab sich ruhig. »Kann schon sein.«
    »Hab ich doch gesagt.« Der Vernarbte schlug sich auf den Oberschenkel, als hätte er einen Witz gehört. Borrys grinste. Er hatte große gelbe Zähne wie ein Pferd.
    »Seid ihr Soldaten?«, fragte Gerit, bevor der Einäugige ihm weitere Fragen stellen konnte.
    »Kommt drauf an, wen man fragt«, antwortete Potje.
    Der Einäugige kratzte sich in seiner leeren Augenhöhle. »Fürst Balderick denkt, dass wir Soldaten sind. Wir sind anderer Meinung.«
    Gerit setzte sich auf. Das Schwert des Einäugigen war weiterhin auf ihn gerichtet, aber er tat so, als bemerke er es nicht. »Dann wart ihr nicht bei der Schlacht von Zvaran dabei?«
    »Was für eine Schlacht?«, fragte Potje. Borrys zuckte mit den Schultern.
    »Zvaran. Die Schlacht, bei der …« Gerit brach ab. »Ihr wisst wirklich nichts davon?«
    »Von was?« Der Einäugige wurde ungeduldig. »Wovon redest du?«
    »Von Baldericks Sieg.« Die Lüge kam ihm glatt über die Lippen. »Er hat die Nachtschatten bis an den Pass gejagt. Ihr Angriff ist gescheitert, ihre Anführer sind tot. Sie leben nur noch hier oben im Norden. Ganz Westfall feiert. Balderick ist so dankbar, dass er den Soldaten Land und Vieh schenkt.«
    »Scheiße!« Potje spuckte aus. »Warum sind wir nicht in der verdammten Armee geblieben, Jagar?«
    Der Einäugige schüttelte den Kopf. Die Schwertspitze wies nun zu Boden. »Konnte ja keiner ahnen, dass der fette Sack siegt. Scheiße.«
    Gerit warf einen Blick zur Seite. Sein Pferd hatte er am Abend nur ein paar Speerlängen entfernt an einen Baum gebunden. Es graste dort immer noch.
    Die Männer schwiegen. Sie schienen sich nicht mehr für Gerit zu interessieren. Er stand langsam auf.
    Jagars Auge zuckte bei seiner ersten Bewegung hoch. »Wo willst du hin?«
    »Nach Hause.« Gerit kratzte sich. »Vielleicht«, sagte er, als wäre ihm die Idee erst in diesem Moment gekommen, »könnt ihr ja auch nach Hause. Ihr habt doch Uniformen, also seid ihr Soldaten.«
    »Er hat recht«, meinte Potje. »Wir haben die Unformen, und tätowiert sind wir auch.« Er zog den Hemdsärmel hoch und zeigte das Kreuz auf seinem Oberarm. »Wir sagen einfach, wir wären von der Truppe getrennt worden. Kann uns doch keiner beweisen, dass es anders war. Die Wache ist tot, die kann uns nicht mehr verpfeifen.«
    Borrys nickte. Gerit fragte sich, ob er nicht sprechen konnte oder nichts zu sagen hatte.
    Er sah, dass Jagar zögerte. Komm schon , dachte er. Land und Vieh ist doch besser als ein paar Bauern auszuplündern und sich im Wald zu verstecken. Bei den Nachtschatten hatte er von Männern wie diesen gehört. Es waren Deserteure, die zu Räubern geworden waren. Sie zogen in Banden durchs Land, doch diese drei schienen keine gefunden zu haben, der sie sich anschließen

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