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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Rickard, dem Sohn des Fürsten, hätte leben sollen. Sie erinnerte sich an ihre Träume, an das Leben, das ihr wie eine gerade, mit Gold und Glück gepflasterte Straße erschienen war. Eine Heirat mit Rickard, sie als Fürstin vom Somerstorm mit Gerit als Verwalter ihres Reichtums, Söhne, die auf der Insel der Meister ausgebildet wurden, Töchter, die bei den Banketten in der Festung die Blicke aller Fürstensöhne auf sich zogen.
    Wie dumm ich war , dachte Ana. Es gab keine gerade Straße, nichts war absehbar, alles konnte sich in einem einzigen Moment ändern. Das Zuschlagen einer Tür im Festsaal von Somerstorm, ein Freund, der sich in ein Ungeheuer verwandelte. Es gab keine Gewissheit.
    Der Boden wurde feucht unter Anas Stiefelsohlen. Pfützen standen auf den Feldern. Sie hörte das Rauschen von Wasser. Gardisten liefen an ihr vorbei zu dem Fluss, vor dem die Kolonne angehalten hatte. Wassermassen wälzten sich durch das schmale Flussbett und schwappten in die Felder hinein. Das Wasser war braun und trug abgerissene Äste und ganze Bäume mit sich. Es hatte die breite Holzbrücke unterspült. Sie neigte sich zu einer Seite. Die Balken, die man tief in die Uferböschung getrieben hatte, ragten aus dem Wasser heraus.
    »Flussaufwärts muss es ein Unwetter gegeben haben«, sagte jemand neben Ana.
    Sie drehte den Kopf. Es war Erys. Sie trug ihr langes schwarzes Haar offen. Es fiel über die Schultern bis zu den Brüsten.
    »Ja«, sagte Ana. Sie sah sich um. Die Gardisten waren hinter ihr stehen geblieben. Ihre Augen blickten ins Leere, ihre Gesichter waren ausdruckslos.
    »Du weißt, welche Pläne Cascyr hat?«, fragte Ana leise. Das Rauschen des Flusses übertönte ihre Worte beinahe. Sie und Erys konnten zum ersten Mal allein reden.
    »Natürlich. Ich bin in alles eingeweiht.«
    »Wieso hilfst du ihm dann und nicht mir?«
    »Du willst ihn nicht heiraten«, sagte Erys. »Ich verstehe das. Cascyr ist nicht gerade der Traummann eines jungen Mädchens. Er ist kein Rickard.« Die kleinen Falten rund um ihren Mund zuckten. Ein Lächeln? Ana war sich nicht sicher. »Aber er ist das Beste, was dir passieren konnte. Er wird dir deine Heimat zurückgeben und deinen Titel. Du wirst ihm ein paar Kinder gebären, und wenn du alt genug bist, nimmst du dir einen Liebhaber und ziehst dich in ein kleines Schloss mit diskreten Dienern zurück. Viele haben dieses Leben schon vor dir gelebt.«
    Aber ich will es nicht leben , dachte Ana. »Dir hat es aber nicht zugesagt.«
    Erys lächelte. Ihr Blick richtete sich auf etwas jenseits des Flusses und jenseits der Zeit. »Ich stand auf der falschen Seite«, sagte sie so leise, dass Ana sie kaum verstehen konnte. »Ich war die Geliebte, die andere Frau.«
    »Und das willst du wieder sein? Wenn Cascyr mich heiratet und sein Königreich erschafft, was ist dann mit dir?«
    »Er wird mir einen Titel geben und die Herrschaft über alles östlich des Großen Flusses.« Erys' Blick kehrte zurück zu Ana. »Über all das, was einst Maracor gehörte.«
    Maracor, der Rote König. Seine Geliebte war Erys gewesen, und sie liebte ihn immer noch, obwohl er ihr nie die Anerkennung gegeben hatte, nach der sie sich sehnte.
    Ana schüttelte den Kopf. »Das wird er nicht. Er …«
    Erys ließ sie nicht ausreden. »Ich bin nicht naiv, Kind. Ich weiß, dass er nur mit mir schläft, weil ich einst das Lager des Roten Königs teilte. Aber er wird mir geben, was ich will, weil er mir vertrauen kann. Ich habe Maracor nie verraten, und ich werde auch ihn nicht verraten. Nur die Garde und ich sind ihm loyal, aber im Gegensatz zu ihnen folge ich ihm aus Überzeugung.«
    Sie atmete tief durch. An der Brücke stiegen die ersten Gardisten ins Wasser. Sie waren mit Seilen gesichert und stemmten sich gegen die Fluten.
    »Aber er kann dir die Provinzen auf der anderen Seite des Flusses nicht geben. Die Hälfte der Fürsten dort hat Abkommen mit Somerstorm.« Aus den Augenwinkeln sah Ana Cascyrs weiße Gestalt näher kommen. Sie sprach schneller. »Wenn er sie bricht, werden ihm die anderen Fürsten nie vertrauen. Sie werden das Knie vor ihm beugen, aber selbst die größte Armee der Welt kann ihn nicht immer vor ihren Attentätern schützen. Glaubst du, das würde er für dich riskieren?«
    Erys schwieg.
    »Da sind ja Unsere beiden Lieblingsfrauen«, sagte Cascyr. Er benutzte den Hohen Dialekt Westfalls, eine verschraubte, schwierige Sprache, die Ana zwar verstand, aber selbst nicht sprechen konnte.
    Sie zuckte zusammen,

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