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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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unheilvollen Treiben nachgehen. Es scheint, als wachse das Wissen über die Dinge mit der Entfernung, die man zu ihnen hat.
    Jonaddyn Flerr, Die Fürstentümer und Provinzen der vier Königreiche, Band 2
     
    Der Regen war zurückgekehrt. In einem ständigen Strom fiel er auf die Stadt, löschte die Feuer und spülte ihre Asche in den Fluss. Strohdächer gaben unter dem Gewicht des Wassers nach, von den Flammen geschwächte Dachbalken brachen.
    Schwarzklaue stand im Regen und lauschte den Geräuschen der Zerstörung. Er hielt die Augen geschlossen, damit er das Gesicht des Feiglings, der sich vor ihm wand, nicht sehen musste.
    »Viele Krieger wollen gehen, Schwarzklaue«, sagte der Feigling. Sein Name war Redalyo. Er stammte aus dem Süden, so wie all die Feiglinge, die Westfall bereits verlassen hatten.
    »Dann lass sie gehen«, sagte Schwarzklaue.
    »Sie wollen dich nicht verlassen.«
    »Dann sollen sie bleiben.«
    Redalyo schwieg einen Moment. Schwarzklaue hörte den Regen, der aus seinem Fell auf die Steine tropfte.
    »Ich glaube nicht, dass Korvellan noch lebt«, sagte der Feigling schließlich.
    Schwarzklaue öffnete die Augen. Wut stach wie ein Messer in seinen Magen. »Es geht nicht um Korvellan«, sagte er. »Ob er lebt oder stirbt, spielt keine Rolle.«
    Redalyo blinzelte. Schwarzklaue packte ihn an den Schultern und drehte ihn, bis er an den Häuserruinen vorbei zu den Türmen der Festung sehen konnte. Seine Muskeln fühlten sich weich an. Schwarzklaue hatte nichts anderes erwartet.
    »Es geht um das !«, brüllte er. »Um Westfall! Weißt du, wie oft Korvellan mir gesagt hat, wir dürften Westfall nicht angreifen? Dass Westfall uns den Untergang bringen würde? Und jetzt sieh uns an. Wir stehen direkt davor!«
    »Aber er hatte recht. Wir verlieren.« Redalyo löste sich aus seinem Griff.
    »Wir werden siegen. Die halbe Stadt lebt in der Festung. Die Vorräte werden nicht lange reichen.« Schwarzklaue drehte sich suchend um. Seit dem Morgen hatte er Daneel nicht mehr gesehen. Er war einer der wenigen, die noch zu ihm hielten. Seit dem Anblick des in Ketten liegenden Korvellan und dem ersten fehlgeschlagenen Angriff liefen die Krieger in Scharen davon.
    Du hättest uns nicht verlassen sollen , dachte Schwarzklaue. Das ist alles deine Schuld.
    »Dann können wir doch warten, bis der Hunger sie aus der Festung treibt«, meinte Redalyo. Er hatte den Kopf zwischen die Schultern gezogen, als befürchte er, geschlagen zu werden. »Warum die Angriffe?«
    »Wir warten nicht, wir kämpfen. Wir sind Nachtschatten.« Schwarzklaue wandte sich ab, ging mit langen Schritten auf ein Haus zu, in dem er Fackeln und Fässer voller Öl zusammengetragen hatte.
    »Ist das alles, was du den Kriegern zu sagen hast?«, rief Redalyo hinter ihm her. »Soll ich ihnen diese Botschaft überbringen?«
    »Du kannst dir deine Botschaft in den Arsch schieben«, sagte Schwarzklaue, ohne sich umzudrehen. Er duckte sich unter dem Türrahmen, der viel zu niedrig für ihn war, und schüttelte Wasser aus seinem Fell. Er hasste die Stadt, hasste ihre geraden Linien, ihre Häuser mit den niedrigen Decken und festen Wänden, ihre Mauern, die Steine auf ihren Straßen, den eingezwängten, stinkenden Fluss.
    »Wie kann man nur so leben«, sagte er, während er den Deckel von einem Ölfass riss. Regenwasser tropfte durch das undichte Dach auf den Boden.
    Ein Schatten fiel über ihn.
    »Sie werden dich verlassen«, sagte Daneel. Er hockte auf einem Dachbalken, die Knie angezogen, die Arme dicht am Körper. Er sah aus wie ein Vogel.
    Schwarzklaue sah zu ihm hinauf. »Wo warst du?«
    »Unterwegs.«
    »Wo unterwegs?«
    »Denk nicht mehr darüber nach«, sagte Daneel hinter ihm. Der Balken, auf dem er gehockt hatte, war leer. Schwarzklaue drehte sich zu ihm um und blickte in das faltige, zahnlose Gesicht. Er hatte eine Frage stellen wollen, aber sie fiel ihm nicht mehr ein.
    »Lass nicht zu, dass sie dich verlassen«, sagte Daneel.
    »Sie sind Nachtschatten. Sie tun, was sie wollen.« Schwarzklaue klemmte sich das Fass unter den Arm und begann das Öl in kleinere Tonkrüge umzufüllen.
    Daneel legte ihm die Hand auf den Arm. Schwarzklaue stellte das Fass ab. »Sie tun, was du willst, wenn du ihnen die richtigen Antworten auf ihre Fragen gibst«, sagte der Mensch. »Komm, ich zeig es dir.«
    Schwarzklaue folgte ihm wortlos aus dem Haus. Sie gingen eine Gasse entlang. Die Händler des Hafenviertels hatten ihre Läden mit Brettern vernagelt. Die meisten waren

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