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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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was andere dir antun.
    Daran glaubten die Nachtschatten, zumindest hatten die Krieger aus dem Norden es ihm so erklärt. Nachtschatten aus dem Süden neigten dazu, nicht ganz so strikt zu sein. Viele von ihnen hatten erst gelernt, was es hieß, ein Nachtschatten zu sein, als sie sich der Armee anschlossen. Die meisten waren aus Verbindungen zwischen Nachtschatten und Menschen hervorgegangen, hatten unerkannt unter Menschen gelebt und deren Verhalten angenommen. Sie beteten noch immer zu ihren alten Göttern und sagten wir und uns , wenn sie über Ereignisse in den Provinzen redeten, aus denen sie stammten. Bei manchen hatte Gerit den Eindruck, dass sie nicht ganz sicher wussten, was sie eigentlich waren. Er verstand das.
    Die Tür wurde geöffnet. Eis fiel klirrend zu Boden, Kerzen flackerten. Ein eisiger Wind traf Gerit. Rasch zog er sein Hemd über.
    »Die untersten Wurzeln sind schon verfault«, sagte Mamee, als sie die Tür hinter sich schloss. Sie trug einen Korb mit Maka-Wurzeln auf dem Rücken. »Ich denke, wir sollten Zwischenböden bauen, damit das Gewicht sich besser verteilt.«
    »Oder die Wurzeln regelmäßig umschichten.« Gerit schob die Schüssel beiseite. »Wir müssen mit unserem Holz sparsam sein.«
    »Es ist deine Entscheidung, Verwalter.« Mamee lächelte und setzte den Korb ab.
    Sie und Gerit schliefen fast jede Nacht miteinander. Die Nachtschatten schien es nicht zu stören, wenn andere dabei im Zimmer waren, denn niemand hatte je etwas gesagt. Gerit hatte sich daran gewöhnt. Nur ab und zu gingen er und Mamee in eines der Gästezimmer im Herrschaftstrakt.
    »Ich kümmere mich darum.« Er stand auf und zog einen der schweren Pelze über, die neben der Tür an Haken hingen. »Wenn mich jemand sucht, ich mache meinen Kontrollgang.«
    Perres brach sein Lied ab. Es war immer noch das gleiche. Er schien besonderen Gefallen daran zu finden. »Frühstück gibt es nach Sonnenaufgang. Warte nicht zu lange, wenn du etwas davon haben willst.«
    Gerit nickte. Er band die Pelze vor seiner Brust zusammen, trotzdem traf ihn die Kälte hart, als er die Küche verließ. Der erste Atemzug ließ ihn husten.
    Er erwartete, seinen Atem klirren zu hören, aber er gefror nicht vor ihm wie noch zwei Tage zuvor. Es wurde wärmer.
    Ein Tritt gegen das Regenfass, das neben der Tür zur Küche stand, genügte, um diesen Eindruck zu bestätigen. Wasser gluckste leise darin. Noch wenige Tage zuvor war es vollständig gefroren gewesen, doch nun waren mindestens zwei Handbreit flüssig.
    Der Eisenring, der den Wasserstand markierte, bei dem ein eisfreier Hafen wahrscheinlich war, lag eine weitere Handbreit darüber. Seit Jahrhunderten wurde er regelmäßig erneuert. Gerit fragte sich, wer vor so langer Zeit zum ersten Mal erkannt hatte, dass es einen Zusammenhang zwischen der Eisfreiheit des Regenfasses und der des Hafens gab.
    Er sah zum Tor. Es war geschlossen. Nachtschatten standen auf den Mauern. Kohlepfannen glühten neben ihnen. Nur die Krieger aus dem Norden wachten auf den Mauern und Türmen. Sie trotzten der Kälte wie kein anderer. Gerit wusste, dass sie stolz darauf waren, deshalb erwähnte er es, so oft es ging.
    Er schritt die Mauern ab, so wie er es gesagt hatte, achtete darauf, dass genügend Kohle für die Pfannen da war und dass Perres den Tee für die Wachen nicht vergessen hatte. Er achtete darauf, dass man ihn sah, als er den Keller betrat, in dem Mamee die verfaulten Wurzeln gefunden hatte.
    Er ging an den mannshohen Haufen Maka vorbei und bog in einen Gang ein, von dem aus man ins Haupthaus der Festung gelangte. Neben einer Fackelhalterung blieb er stehen. Seine Finger suchten einen Moment zwischen den Fugen der Steine, dann fanden sie den Hebel und drückten ihn nach unten. Ein großer Stein rutschte zur Seite. Gerit nahm die Fackel aus der Halterung und kroch in das Gangsystem, das dahinter lag. Er schloss den Durchgang, dann entzündete er die Fackel.
    Er brauchte nicht lange, um zu Rickards Versteck zu gelangen. Am Vorabend war Gerit noch dort gewesen, hatte versucht, Rickard mit einem Brei aus Milch und Brot zu füttern, doch ihm war alles aus dem Mund gelaufen. Kein einziges Mal hatte er geschluckt.
    Rickard hätte längst tot sein müssen. Er aß nicht, trank nicht, und seine erfrorenen Gliedmaßen vergifteten seinen Körper. Trotzdem lebte er.
    Gerit öffnete die Tür und steckte die Fackel in eine Halterung. »Rickard?«, fragte er. Anfangs hatte er geflüstert, obwohl er wusste, dass man ihn

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