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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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sich nicht, einen fremden Mann in den eigenen Schlafgemächern zu empfangen, aber es war der einzige Raum, in dem sie sich sicher fühlte.
    Syrah setzte sich an den kleinen Tisch unterhalb des Fensters. Das Licht der Morgensonne fiel als weißes Rechteck darauf. Sie wusste, dass es auch ihre Haare berührte und ihnen einen besonderen Schein verlieh.
    Sie schlug die Beine übereinander und legte die Hände auf die Knie. Als junges Mädchen hatte ihre Mutter ihr beigebracht, wie eine Fürstin sitzen, stehen und sogar liegen musste. Syrah hatte sich stets daran gehalten.
    »Sergeant«, sagte sie freundlich, als Nyrdok eintrat. »Ich hoffe, deine Familie ist wohlauf.«
    Nyrdok kniete nieder. »Danke, Fürstin, allen geht es gut.«
    Der Soldat schloss die Tür. Syrah wartete auf das Geräusch seiner Schritte, aber es blieb aus.
    Nyrdok sah auf. Sie legte den Zeigefinger auf ihre Lippen und winkte ihn heran. Er sah schlecht aus. Seine Augen waren blutunterlaufen, seine Haut teigig. Als er näher kam, roch Syrah den Wein in seinem Atem.
    »Wir müssen leise sein«, flüsterte sie. »Man belauscht uns.«
    Nyrdok warf einen Blick zur Tür und nickte. »Ich war gerade bei Craymorus, Fürstin«, sagte er ebenso leise. Er nannte ihren Gatten nie bei seinem Titel. Keiner der Männer, die loyal zu ihr standen, tat das. Sie hatte sie noch nicht einmal darum bitten müssen.
    Nyrdok fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht. »Er sagte, Adelus hätte seinen Zauber verbessert. Er will meine Männer noch einmal überprüfen lassen, und ich denke, auch Eure.«
    »Das war zu erwarten. Craymorus' Puppenspieler wissen, dass ihre Macht über ihn schwindet, wenn es keine Nachtschatten mehr zu entdecken gibt.«
    Nyrdok blinzelte. »Das ist nicht alles, Herrin. Seine Hure … verzeiht bitte, seine …«
    Syrah winkte ab. Ich wünschte, sie wäre nur eine Hure , dachte sie. »Fahre fort.«
    »Ja, Fürstin. Nun, sie betrat das Zimmer, als Craymorus mir das erklärte. Sie sagte, alle müssten überprüft werden, damit das Volk sich sicher fühle, vor allem die, die ganz oben sind, so wie er und …«
    »Ich«, sagte Syrah. Sie schüttelte den Kopf. »Das würden sie nicht wagen.«
    »Fürstin.« Nyrdok sah sich um, als befürchte er, Adelus stünde bereits hinter ihm. »Wenn Craymorus wüsste, dass Ihr versucht habt, Korvellan zu befreien, wäret Ihr bereits tot.«
    Nyrdok und Forderak waren dagegen gewesen, aber Syrah hatte auf dem Versuch bestanden. Nur die Geistesgegenwart des Kerkermeisters, der den Wachmann, der ihn entdeckt hatte, niederschlug, und Nyrdok, der den Mann tötete, bevor er etwas sagen konnte, hatten sie gerettet.
    »Wir stehen loyal zu Euch, Fürstin«, fuhr Nyrdok fort, »so wie wir es immer getan haben, unser ganzes Leben lang. Ich würde keinen Eurer Befehle je hinterfragen, weil ich weiß, dass Ihr mehr von der Welt versteht als ich. Aber dieses eine Mal, Herrin, verstehe ich vielleicht doch mehr als Ihr. Bitte hört auf mich. Verlasst Westfall.«
    Syrah hätte ihm beinahe ins Gesicht gelacht. »Niemals. Mein Sohn und mein Gatte sind für dieses Land gestorben. Ich habe …«
    … die Liebe meines Lebens dafür aufgegeben , wollte sie sagen, »… viel dafür geopfert. Ich werde es nicht einem Krüppel und seiner Hure überlassen.«
    Sie stand auf. Nyrdok trat rasch einen Schritt zurück. »Fürstin …«
    Syrah ließ ihn nicht ausreden. »Ich danke dir.« Sie bemerkte, dass sie zu laut sprach und senkte die Stimme. »Geh jetzt zurück auf deinen Posten. Ich werde dich rufen lassen, wenn ich neue Befehle für dich habe.«
    »Ja, Fürstin.« Er senkte den Kopf. Seine Schultern sackten herab wie die eines geschlagenen Mannes, der das Henkersbeil bereits im Nacken spürte.
    Er war dem Druck, der auf ihm lastete, nicht mehr gewachsen, das wurde Syrah in diesem Augenblick klar.
    »Sieh mich an, Nyrdok.« Sie wartete, bis er ihr in die Augen blickte, dann sagte sie: »Du bist mein wertvollster Soldat. Du bist mein General. Wenn wir gesiegt haben – und wir werden siegen –, dann wirst du den Rang bekommen, der dir nach all den Jahren zusteht.«
    Sie sah, wie sich sein ganzer Körper straffte. »Ihr meint …«
    »Ja. Wenn ich Herrin von Westfall bin, wird man dich General Nyrdok nennen.« Er schien zu einem zweifellos langen und emotionalen Dank ansetzen zu wollen, aber Syrah zeigte zur Tür. »Geh.« Sie zwang sich zu einem Lächeln.
    Es verschwand, als Nyrdok die Tür hinter sich schloss.
    Er ist ein Narr , dachte Syrah, aber

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