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Der Veteran: Roman

Titel: Der Veteran: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Smith , Bernhard Kempen
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den wolkigen Nachthimmel. Morag bot unbeabsichtigt einen dramatischen Anblick, wie sie im Rahmen des großen glaslosen Fensters saß, die locker sitzende Kleidung im Wind flatternd, während sie auf die Stadt hinausblickte.
    Ich ging zum Fenster hinüber, blieb aber in etwa zwei Metern Entfernung von ihr stehen und zündete mir eine Zigarette an.

    Sie blickte zu mir auf. »Willst du mir sagen, dass das gefährlich ist?«, fragte sie.
    »Ich gehe davon aus, dass dir das klar ist. Die Frage ist nur, ob du es aus Trotz machst.«
    Ihr Gesicht nahm einen verärgerten Ausdruck an, bevor sie sich wieder dem Ausblick zuwandte. »Ich tue es, weil es mir hier gefällt.«
    »Verstehst du, warum ich gesagt habe, was ich gesagt habe?«, fragte ich sie.
    »Weil du das Gefühl hast, gewisse Besitzansprüche auf mich reklamieren zu dürfen. Obwohl du es wahrscheinlich als reine Fürsorge bezeichnen würdest.«
    »Besitzansprüche reklamieren?«, fragte ich grinsend.
    »Hab in letzter Zeit zu viel mit Mudge gesprochen«, sagte sie. Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber ich war mir ziemlich sicher, dass auch sie grinsen musste.
    »Aha? Dann überrascht es mich, dass du Wörter wie ›reklamieren‹ statt deftigerer Kraftausdrücke benutzt.«
    »Oh, ich glaube, die benutzt er nur gegenüber seinen alten Soldatenfreunden«, sagte sie.
    Danach verfielen wir in Schweigen und blickten gemeinsam auf die Stadt. Ich bemühte mich, die Empfindungen von Übelkeit, Erschöpfung und Schwäche zu unterdrücken, die mich bestürmten.
    »Morag, es tut mir leid, wirklich. Ich hätte nicht sagen sollen, was ich gesagt habe. Ich weiß, dass es nicht stimmt. Ich bin nur ausgeflippt, weil ich Angst bekommen hatte.« Das war so ziemlich die ausführlichste Entschuldigung, die mir jemals über die Lippen gekommen war.
    Sie stieß ein verbittertes Lachen aus. »Ich schätze, du brauchst noch etwas Training und Erfahrung, um mit einer Liebhaberin klarzukommen, die ein Alien im Kopf hat«, sagte sie und sah mich dabei immer noch nicht an.

    Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Mir wurde klar, dass das alles auch für sie neu war und vielleicht sogar viel unheimlicher, da sie es direkt erlebte. Nur dass sie irgendwie damit zurechtgekommen und ich ausgeflippt war.
    Schließlich wandte sie sich mir zu.
    »Du hattest einen Traum«, sagte sie. »Du hast dich wie ein Drecksack benommen, weil du einen Traum hattest. Mehr nicht.«
    »Du weißt, dass es kein Traum war. Vielleicht war es das auch, aber gleichzeitig war es die Wahrheit. Trotzdem hast du recht, und mir tut es leid«, wiederholte ich.
    »Ich nehme deine Entschuldigung an, aber ich möchte, dass du dich von mir fernhältst«, sagte sie und wandte sich ab. Ich war mir nicht sicher - vielleicht bildete ich mir ihre Tränen nur ein.
    »Und was jetzt? Rannu? Balor? Mudge?« Es war eine fast instinktive Reaktion, etwas Dummes und Verletzendes zu sagen. Ich hatte die Worte ausgesprochen, bevor ich darüber nachdenken konnte.
    Morag sprang vom Fenstersims und baute sich vor mir auf. Zurückgeblinzelte Tränen verwandelten sich nun in Wut. »Bist du eigentlich schon mal auf die Idee gekommen, dass ich mich vielleicht auch ganz allein durchs Leben schlagen kann? Kapierst du es wirklich nicht? Jetzt bin ich es, die dir hilft. Mit dem, was ich weiß und was ich kann, bin ich in der Lage, fast überall zurechtzukommen und auf mich selber aufzupassen, und zwar viel besser als zum Zeitpunkt unserer ersten Begegnung. Danke, dass du mir damals geglaubt hast, danke, dass du mich beschützt hast, als ich es selber nicht konnte, Jakob. Aber jetzt hat sich die Situation geändert.«
    Wahrscheinlich hatte sie recht. »Morgen werde ich versuchen …«, begann ich.
    »Morgen«, schnitt sie mir das Wort ab, »wirst du dich einfach
nur auf deine Aufgabe konzentrieren, denn wenn du dir irgendwelche Sorgen um mich machst, bringst du damit alle anderen in Gefahr.«
    Ich kam mir wie ein Idiot vor. Es sah aus, als würde es demnächst zu regnen anfangen.
    »Bitte geh«, sagte sie.
    Ich tat es.

22. Kapitel
    ATLANTIS
    Morags schwere Übelkeit hätte mich befriedigt, wenn ich nicht der Einzige gewesen wäre, der sich bisher hatte übergeben müssen. Ich schob das aufs Sterben, da ich turbulente Transportflüge gewohnt war. Die magnetischen Stürme, die sich in einem Doppelsternsystem wie Sirius bildeten, waren wesentlich schlimmer als das, was der Atlantik mit uns machte. Trotzdem war es eine heftige Überfahrt, dachte

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