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Der Veteran: Roman

Titel: Der Veteran: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Smith , Bernhard Kempen
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gefiel. Ich sah sie eine Weile an, während ihre seelenlosen schwarzen Linsen den Blick erwiderten. Der Vikar schrie, als er noch etwas mehr zum Bluten gebracht wurde.
    Ich war mir nicht sicher, ob ich es mit beiden Frauen gleichzeitig hätte aufnehmen können, selbst wenn ich in Bestform gewesen wäre. Meine Genesung machte zwar gute Fortschritte, würde aber noch einige Zeit beanspruchen. Wenn der Psycho mitmachte,
zog ich definitiv den Kürzeren. Wo zum Henker war Mudge? Dann wurde mir klar, dass ich ihn gar nicht kontaktiert hatte. Ich subvokalisierte eine Nachricht, und während ich auf eine Antwort wartete, starrte ich die Frau an.
    »Wie ist dein Name?«, fragte ich.
    »Was geht dich das an?«
    »Ich heiße Jakob«, sagte ich, ohne auf ihre aggressive Erwiderung einzugehen.
    »Hör zu, halt dich einfach aus dieser Sache raus. Lass es ihn zu Ende bringen, und dann verschwinden wir wieder.«
    »Und wenn es um einen von euch gehen würde?«, fragte ich.
    »Er ist keiner von euch«, gab sie zurück. Das war ihr klar, weil wir andernfalls nicht miteinander reden würden, sondern wir sie einfach angegriffen hätten. »Außerdem ist es einer gegen einen.«
    »Wie ist dein Name?«, wiederholte ich meine Frage. Ich vermutete, dass die Gefühllosigkeit meines Tonfalls allmählich zu ihr durchdrang. Der Vikar schrie wieder. Wenn ich nicht bald etwas unternahm, hätte ich letztlich nur meine Zeit vergeudet. Außerdem hatten sich immer mehr Neugierige versammelt, seit ich mich eingemischt hatte.
    »Reb«, sagte sie schließlich.
    »Was? Ist das eine Abkürzung für Rebel?«, fragte ich lächelnd. Aber es war ein dünnes, ziemlich humorloses Lächeln.
    »Rebecca«, stellte sie richtig. Sie zeigte nicht die geringste Spur von Belustigung.
    »Also gut, Rebecca«, sagte ich. »Eigentlich ist es nicht einer gegen einen. Ihr seid SEALs, nicht wahr?«, fragte ich, was sie bestätigte. »Und er ist nur ein Hacker, ein Schreibtischtäter, nicht mal ein richtiger Kämpfer. Eigentlich ist das nicht fair.«
    »Es ist auch nicht fair, sich vierundzwanzig Stunden am Tag Geschichten von Feuer und Schwefel anhören zu müssen«, erwiderte sie. Von der Zuschauermenge kam zustimmendes Gemurmel.
    Es war nicht gerade hilfreich, dass der Vikar in diesem Moment
rief: »Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben!«
    »Sei still! Sei still! Sei still!«, brüllte der SEAL auf dem schlechten Trip zurück. Seine Worte kamen immer schneller, bis sie nahtlos ineinander übergingen. Als er dem Vikar weitere Verletzungen zufügte, wurde das Geschrei noch lauter.
    »Euer Kumpel tut ihm weh«, sagte ich. »Das wird es nicht besser machen.«
    »Bring diesen beschissenen Schreihals um!«, rief eine Frau von den Kojen herunter.
    Ich blickte zu der Stelle hinauf, von wo die Stimme gekommen war. »Halt die Klappe, sonst bist du als Nächste dran!«, rief ich zurück.
    Reb brachte sich noch einmal in Position, um auf einen Kampf vorbereitet zu sein. Mudge drängte sich durch die Menge und nickte mir zu, damit Reb und die zweite Frau wussten, dass ich im Ernstfall nicht allein stand. Parkplatzpolitik.
    »Du hast recht. Es ist nicht fair, dass du dir so etwas vierundzwanzig Stunden am Tag anhören musst oder mitzukriegen, wie der Kerl in der Koje da oben sich ständig selbst misshandelt, oder den Schweiß und die Scheiße von zweihundert verdreckten Soldaten riechen zu müssen. Es ist nicht fair, dass die meisten deiner Freunde tot und die anderen auf die eine oder andere Art ziemlich fertig sind, aber das alles ist nicht seine Schuld, und es wird nicht besser, wenn ihr so etwas tut.«Ich hatte keine Ahnung, woher diese Worte kamen, aber mir war klar, dass ich sehr wütend klang. »Wie sehr wollen wir es heute schlimmer machen?«, fragte ich.
    Ich hatte sie in eine schwierige Situation gebracht. Sie konnte es sich nicht leisten, Schwäche zu zeigen, weil sie dann in der Opferrolle wäre. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass sie wusste, wovon ich sprach. Ich zeigte ihr einen Ausweg. Schließlich war ich mir selbst in diesem Moment ziemlich egal, ganz zu schweigen von einem fremden Verrückten.

    »Scheiße«, sagte ich. »Du hast recht. Das ist überhaupt nicht meine Angelegenheit.« Ich drehte mich um und kletterte wieder zu meiner Koje hinauf. Hinter mir wurde der SigTech von Reb und der zweiten SEAL-Frau vom Vikar weg und zurück in ihr Getto gezerrt.
    Ich öffnete einen Kommunikationslink zu Mudge.
    »Kümmere dich um den Vikar«,

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