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Der Veteran: Roman

Titel: Der Veteran: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Smith , Bernhard Kempen
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Schlossbrenner hingehalten hatte.
    »Denn du bist der gerechte …«, begann der Vikar.
    Meine Klingen schienen fast aus eigenem Antrieb auszufahren. »Halt die Klappe, verdammt noch mal!«, fuhr ich ihn an. »Noch ein religiöses Stück Scheiße von dir, und du wirst im nächsten Moment vor deinen Gott treten.«
    Er starrte in meine schwarzen Linsen. Plötzlich war kein Wahnsinn mehr in seinen unruhigen Augen. »Ich glaube nicht an Gott«, sagte er vorsichtig und in ruhigem Tonfall. Wir schienen uns sehr lange gegenseitig anzustarren und dann zu einer unausgesprochenen Vereinbarung zu gelangen. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich weiß, worin sie eigentlich bestand.

    »Kannst du die externe Luftschleuse hacken?«, fragte ich.
    Der Vikar nickte.
    »Scheiße! Verdammte Scheiße!«, brüllte ich. Es machte mir wirklich Angst. »Ich müsste mich trotzdem bis zur anderen Seite dieser Tür vorkämpfen«, sagte ich und zeigte auf die interne Schleuse, die zur Santa Maria führte. Niemand sagte etwas dazu. »Weiß überhaupt irgendwer, wo sich die externe Schleuse der Santa Maria befindet?«, fragte ich.
    Ich sah das Symbol einer Textdatei auf meinem visuellen Display blinken. Sie stammte vom Vikar. Ich öffnete sie und sah einen Plan der Santa Maria , auf dem die externe Schleuse markiert war. »Wenn ich es schaffe, die Tür aufzukriegen, könnt ihr nicht einfach jeden töten, dem ihr über den Weg lauft«, sagte ich zu den angepissten Soldaten um mich herum.
    »Wenn du die Tür aufkriegst, überlass uns einfach alles Weitere«, sagte Reb.
    Ich blickte mich noch einmal um, fluchte erneut und machte mich auf den Weg zur externen Luftschleuse. Ich hörte einen dumpfen Aufprall, als der Vikar wieder in Trance und auf den Boden fiel. Als ich an einem Feuerlöscher vorbeikam, riss ich ihn aus der Wandhalterung. Dann sah ich, wie die Tür zur Luftschleuse aufglitt …
     
    Ein aufgerüsteter Mensch kann kurze Zeit im Vakuum überleben. Ich verfügte über einen kleinen internen Sauerstoffvorrat, einen verstärkten Körperbau und interne Systeme, die bis zu einem gewissen Grad die Belastung ausgleichen konnten. Trotzdem waren es die schlimmsten dreißig Sekunden meines Lebens. Ich kann es nicht beschönigen: Die Kälte war so kalt, dass sie brannte. Meine Gelenke bereiteten mir Todesqualen.
    Ich benutzte den Strahl des Feuerlöschers als Antrieb. Ich weiß nicht mehr, wie ich es geschafft habe, die Santa Maria zu fassen zu bekommen und am Schiff hinaufzuklettern. Irgendwann hatte ich
einen kurzen Blick auf die Sterne. Vor der Krümmung des Rumpfs schien ich in einem seltsamen Winkel zu hängen. Einen Moment lang war Frieden und Schönheit. Ich war bereits davon überzeugt, gestorben zu sein.
    Ich habe keine Ahnung, wie ich zur Luftschleuse gelangte oder wie ich es schaffte, den mit Scheiße beschmutzten Schlossbrenner einzusetzen. Man fand mich schluchzend, keuchend und hysterisch lachend auf dem Boden der Luftschleuse. Monate später sah ich bei der Gerichtsverhandlung die Aufnahmen. Ich erkannte mich selbst nicht wieder. Es war, als hätte ein Teufel sich Haut übergestreift, um mir entfernt ähnlich zu sehen.
    Meine Klingen fanden die Eingeweide der zwei Militärpolizisten. Ich sah die Bilder, in denen das Monster, das wie ich aussah, beschossen wurde, immer wieder beschossen wurde, während es durch die Santa Maria wankte und jeden tötete, auf den es stieß. Dabei brüllte ich immer wieder einen Namen. Rolleston. Erst im Prozess wurde bestätigt, dass er den Befehl gegeben hatte, aber irgendwie hatte ich es schon vorher gewusst, und ich hatte nach ihm gesucht, aber er war nicht an Bord. Es war eine grinsende blutüberströmte Leiche, die die interne Luftschleusentür zum Frachtmodul öffnete und dann zusammenbrach.
    Zuhause wurden wir mit Sirenengeheul empfangen. Wir hatten darüber gesprochen, von der Bildfläche zu verschwinden, aber wir hätten uns nirgendwo verstecken können. Mudge hatte uns davon überzeugt, dass alles gut ausgehen würde. Er hatte die Geschichte hinausposaunt, sobald wir das Sol-System erreicht hatten. Wir wurden verhaftet, als wir an Hoch-Nyota-Mlima andockten, aber zu diesem Zeitpunkt hatten wir die öffentliche Meinung bereits auf unserer Seite, und Mudge hatte über irgendeinen Medienkontakt einen Anwalt für mich besorgt.
    Die Meuterei in der Santa Maria , zu der es im Anschluss an unsere Flucht aus dem Frachtmodul kam, war nicht viel besser als mein Amoklauf. Wir wurden ausnahmslos

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