Der Veteran: Roman
wollte.
»Diese ganze Sache ist völliger Blödsinn. Das weißt du, oder? Ich meine, alles beruht nur auf Spekulation. Wir haben nicht mehr als das, was Gregor behauptet und was Morag sich mit ihrem blinden Optimismus erhofft. Dabei ist Gregor noch gar
nicht geschlüpft. Wir haben nichts, was seine Worte in irgendeiner Weise bestätigt.«
»Wo ist dein Glaube geblieben?«, fragte ich lächelnd.
Der Heide fuhr zu mir herum und starrte mich mit seinen schwarzen Linsen an. »Das ist nicht witzig. Vertraust du ihm? Ich meine, der Kerl steckt in einem verdammten Kokon!« Er bemühte sich, mit ruhiger Stimme zu sprechen.
»Ja, ich vertraue ihm«, sagte ich, obwohl ich mir in diesem Punkt gar nicht sicher war. Gregor war so fremdartig geworden, ganz anders als der Kerl, der mir so oft das Leben gerettet hatte. »Was hat Gott gesagt?«, fragte ich.
Der Heide murmelte etwas Unverständliches und schüttelte den Kopf. Gott war fast die ganze Reise lang sehr zurückhaltend gewesen, was irgendetwas mit begrenzter Prozessorkapazität zu tun hatte. Aber er war in den Systemen des Schiffs.
»Was?«
»Gott glaubt, dass Gregors Geschichte mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Plan entspricht, den die Clique verfolgen dürfte, auf der Grundlage der uns verfügbaren Informationen.«
»Wenn Gott schon davon …«, begann ich.
»Gott kann sich irren«, sagte der Heide kategorisch.
»Ketzerei!«, rief ich und versuchte ein Lächeln zu unterdrücken. »Und das an deiner eigenen Schöpfung!«
»Warum rede ich eigentlich mit dir? Er ist dein bester Freund, und sie ist deine Geliebte.«
»Ich bin nicht blind für das, was hier vor sich geht. Ich weiß, dass die Sache ziemlich wacklig ist, aber ich habe nichts zu verlieren. Wenn du nicht gehen willst, dann geh eben nicht«, sagte ich.
Sein Kopf fuhr herum, und er funkelte mich zornig an. »Ich werde euch nicht im Stich lassen. Damit könnte ich nicht weiterleben. Außerdem sieht es ganz danach aus, dass ihr einen Hacker braucht.« Seine Stimme nahm immer mehr einen verbitterten Tonfall an.
»Morag könnte es tun«, sagte ich.
»Sie wird viel zu sehr damit beschäftigt sein, mit den Göttern zu kommunizieren oder auf dem Wasser zu gehen oder was auch immer«, sagte er und machte nun keinen Hehl mehr aus seiner Verbitterung. Nachdem Morags Begabungen seine Fähigkeiten und langjährige Erfahrung ausgestochen hatten, fühlte er sich überflüssig. Das konnte ich gut nachvollziehen.
Der Heide wandte sich wieder den Bildern von den Hundezähnen zu. Ich ging zur Tür. Doch dann drehte ich mich noch einmal zu ihm um. »Ich will nicht, dass du stirbst, aber ich bin froh, dass du bei uns bist.«
Er blickte auf und schien etwas sagen zu wollen, bevor er es sich anders überlegte und nickte.
»Morag macht ihre Sache gut, sogar sehr gut«, sagte ich. »Außerdem ist sie klug, stark, witzig und hübsch, und genau das gefällt den Leuten. Aus diesen Gründen scheint sich im Moment die ganze Aufmerksamkeit auf sie zu richten, aber wir haben nicht vergessen, wer das alles getan hat, wer es in die Wege geleitet hat, wer Gott erschaffen und uns eine zweite Chance gegeben hat, auch wenn wir das Resultat vielleicht nicht mehr miterleben.«
Darauf folgte ein verlegenes Schweigen, das häufig zwischen Männern eintrat, die versuchten, entweder nett oder ehrlich zueinander zu sein.
Schließlich nickte er. »Wir sehen uns da draußen«, sagte er.
»Er kommt«, gab Morag bekannt. Die Spear hing jetzt seit zwei Stunden im All irgendwo mitten in IHREM Territorium. Wir warteten in der umgebauten Bombenkammer, gegen unsere Mechs gelehnt, während unsere Stimmung immer schlechter wurde.
»Bist du dir sicher?« Ich wusste selber nicht, warum ich das fragte. Schließlich hatte er uns allen die Nachricht geschickt, dass er kurz vor dem Schlüpfen stand.
Morag bedachte mich mit dem typischen Blick junger Leute, mit dem sie einem zu verstehen gaben, wie blöd man war.
Ich hatte mich an die dissoziative Drogenwirkung gewöhnt und fühlte mich recht gut. Natürlich hatte ich die medizinischen Daten in meinem internen visuellen Display ausgeblendet. Die vielen Warnsymbole hätten mich nur deprimiert.
»Lasst uns aufsatteln«, sagte ich. Wenn er nicht bald schlüpfte, würde ich die Sache abblasen.
Da die Mameluken auf umgebauten Gestellen für Langstreckenraketen gelagert waren, hatten wir nur wenig Platz, als wir in sie hineinkrochen. Beim Dog Soldier gab es dieses Problem nicht. Er stand frei, aber
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