Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)
von Sheilas Zimmer und das Fenster in der Küche. Überdies war der Winkel von der Straße aus ungünstig. Dafür hörte Höttges Valerie Braqs Telefon ab. Observierungen sind nichts, worauf man stolz sein kann, dachte Raupach.
Im Schlafzimmer gab es kein Bettgestell. Eine große Matratze lag auf dem Boden. Darauf befanden sich mehrere Kissen mit akkuratem Mittelknick und eine säuberlich drapierte Decke. Raupach öffnete die Tür zum Badezimmer. Auch dort herrschte peinliche Ordnung. Vom Bad führte eine weitere Tür in Sheilas Zimmer. Es war von Lands Wohnung ebenso wenig einzusehen wie die Küche, das ging aus dem Grundriss hervor. Raupach schloss die Badezimmertür und kehrte zu den beiden Frauen zurück. Er wollte hier nicht den Schnüffler markieren. Sie waren aus einem anderen Grund hier.
Land hatte Valerie Braq also genauestens beobachten können, überlegte er. Mit etwas Glück war es ihm sogar gelungen, einen Blick ins Badezimmer zu erhaschen. Aber der Mann war kein Spanner. Laut Jakub war er auf seine verstorbene Frau Marta fixiert.
»Was könnte Johan Land hier gesehen haben?«, fragte Raupach. »In Ihrer Abwesenheit zum Beispiel?«
»Denken Sie weiter zurück«, setzte Photini hinzu. »Es geht uns um die Band.«
»Keine Ahnung, was Sie meinen«, erwiderte Valerie. Sie hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Mit der Kommissarin tauschte sie gezwungen freundliche Blicke.
»Könnte Johan Land etwas beobachtet haben, das ihn gegen Barbarossa aufbrachte?« Raupach trat neben sie. »Wurden hier irgendwelche Treffen veranstaltet?«
»Ich weiß nicht, woauf Sie hinauswollen.« Valerie begriff langsam den Zweck dieses Besuchs. »Es gab hier keine Partys oder so etwas. Jef ging mit den anderen immer in irgendwelche Kneipen.«
»Die Band war doch sicher auch ab und zu bei Ihnen in der Wohnung?«, hakte Photini nach.
Valerie überlegte. »Ganz kurz vielleicht. Wenn sie Jef abgeholt haben.«
»War irgendwann einmal von einem Vorfall in der U-Bahn die Rede?«
»Von was?«
»Einem Unfall mit Todesfolge«, fügte Photini hinzu. »Vor vier Jahren wurde eine Frau in der U-Bahn-Station am Rudolfplatz auf die Gleise gestoßen. Denken Sie nach. Haben sich die Musiker irgendwann darüber unterhalten? Vielleicht hat Ihnen Ihr Mann davon erzählt.«
»Wie hieß die Frau?«, fragte Valerie.
»Marta Tobisch«, sagte Photini. »Sie war mit Johan Land verheiratet.«
Marta. Der Name, den Valerie nach dem Squash in der Sauna zum ersten Mal gehört hatte. Und den Johan im Schlaf vor sich hinmurmelte. »Sagt mir nichts.« Sie ging zurück in die Küche. »Worüber Jef und die anderen vor vier Jahren gesprochen haben, weiß ich beim besten Willen nicht mehr. An eine U-Bahn-Geschichte kann ich mich nicht erinnern.«
»Es stand damals in den Zeitungen«, sagte Raupach und folgte ihr.
Valerie fuhr herum. »Ich bin der einzige Anhaltspunkt, den Sie haben. Wegen Jef und diesem Typen von gegenüber. Das macht Sie stutzig, stimmt’s?«
»Es ist auffällig, das sehen Sie doch sicher ein.«
Sie öffnete eine Tür im Küchenschrank und holte einen Karton mit Altpapier heraus. »Tut mir Leid, dass ich Ihnen nicht helfen kann. Was kann ich dafür, dass ausgerechnet dieser … Land die Gegend unsicher macht? Eine Stadt wie Köln ist manchmal sehr klein. Können Sie sagen, was bei Ihren Nachbarn vor sich geht?«
Valerie Braq begann, alte Zeitungen in eine Papiertüte vom Supermarkt zu stopfen. Ihre Befangenheit hatte sich in Ablehnung verwandelt. Sie schien aufgebracht, erneut ins Visier der Polizei geraten zu sein. Während sie das Altpapier zur Tür trug, fiel einiges daneben. Zusammengeknüllte Tüten vom Bäcker, verbrauchte Klopapierrollen, Eierkartons, Geschenkpapier.
Raupach wollte in die Hocke gehen, um ihr zu helfen. Dann hielt er inne und schaute der Frau beim Einsammeln des Papiers zu. Schließlich wandte er sich grußlos zum Gehen.
»Auf Wiedersehen«, sagte Photini. Offenbar nahm es der Chef mit seinen eigenen Regeln nicht so genau.
Sie standen in Johan Lands Schlafzimmer, diesem nichts sagenden Raum, welcher der Entspannung und zugleich der Beobachtung gedient hatte. Raupach schaute durch das Teleskop. Valerie Braq hatte die Vorhänge wieder zugezogen.
»Verängstigt und verwirrt«, sagte Photini. »Es wäre auch zu einfach: Land hält jemanden von Barbarossa für den Mörder seiner Frau – der einzig mögliche Link.«
»Die Alibis der Barbarossa-Leute können wir nicht mehr überprüfen.« Raupach
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