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Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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du weißt schon, dieser Scharfmacher, der deinen Fall damals aufgebauscht hat. Sie wollen wissen, was wir unternehmen.«
    Raupach erinnerte sich genau an Küchler, einen Skandaljournalisten, ohne dessen Kolumnen seine Dienstaufsichtsbeschwerde bei weitem nicht so hohe Wellen geschlagen hätte. Küchler hatte nicht direkt die Unwahrheit berichtet, aber sein Ton und seine ganze Gesinnung waren scheinheilig. Er war einer, der sofort einen stärkeren Staat forderte, wenn Fahndungserfolge auf sich warten ließen. Im Gegenzug prangerte er polizeiliche Übergriffe an, wenn eine Festnahme einmal aus dem Ruder lief.
    »Und? Unternehmen wir was?«, fragte er.
    »Ich habe mit Vorderbrügge gesprochen. Die Gefahrenabwehr hat das Schreiben geprüft und auf den großen Stapel gelegt. Den Stapel, der wächst und wächst, bis eine barmherzige Seele die Hälfte davon abheftet und die andere in den Müll wirft.«
    »Oder ins Archiv schickt«, ergänzte er.
    »Wir haben die übliche Absprache getroffen. Die Medien haben zugesichert, den Brief vorerst nicht zu veröffentlichen, um in der Bevölkerung keine unnötigen Ängste zu schüren. Wenn sich die Lage verschärft, informiere ich sie unverzüglich. Keine Ahnung, ob sie sich daran halten. Ich wünschte, sie täten es nicht. Dann käme Vorderbrügge ins Schwitzen.«
    »Es würde wenig ändern. Wahrscheinlich würde Vorderbrügge die Aufmerksamkeit sogar genießen. Und wenn, wie anzunehmen ist, kein Anschlag erfolgt, würde er sich auch noch im Recht fühlen und die Urteilskraft der Polizei loben, will heißen: seine.«
    »Wir dürfen diesen Brief nicht auf die leichte Schulter nehmen«, sagte Heide. »Du denkst, er sei nur die Ausgeburt einer weltfremden Phantasie. Aber Phantasien können im Handumdrehen Gestalt annehmen. Wir leben im 21. Jahrhundert, Raupach. Die Phantasie ist längst dabei, die Wirklichkeit zu überholen, wie der Igel den Hasen. Sie ist immer schon vorher da.«
    »Ich behaupte nicht, dass wir den Brief zu den Akten legen sollen.«
    »Vorderbrügge hat Rückendeckung von Woytas«, fuhr Heide fort. »Mit seinem verfluchten Sparzwang zieht der uns noch die Auslegeware unter den Füßen weg. Wir müssten viel mehr von diesen Hinweisen nachgehen. Schon mal was von ›Schläfern‹ gehört?«
    Woytas hatte Heide am Vormittag in die Schranken gewiesen. Vermutlich würde sie ihn zu gern wegen einer folgenschweren Nachlässigkeit drankriegen, dachte Raupach. Heide konnte ziemlich rachsüchtig sein.
    »In dem Brief findet sich kein Hinweis auf Terrorismus«, erwiderte er.
    »Ich meine das in übertragenem Sinn. Dieser Schläfer ist gerade dabei zu erwachen. Er hat uns seine Träume übermittelt. Sie hören sich nicht so an, als stammten sie von einem größenwahnsinnigen Irren. Es ist so viel … Beherrschung darin. Der Mann wünscht sich Macht, das stimmt. Aber auf mich wirkt es so, als besäße er sie bereits. Und was den Terror betrifft: Was nicht ist, kann noch werden.«
    »Der Raum des Möglichen, potenzielle Handlungsbereitschaften. Vorderbrügge soll sich darum kümmern, das fällt in sein Ressort, dafür wird er bezahlt. Wie heißt es so schön: Uns sind die Hände gebunden.«
    »Von deinen Binsenweisheiten kriege ich Zahnschmerzen.« Frustriert betrachtete Heide ihr leeres Kölschglas. Raupach flüchtete sich in Zuständigkeitsfragen. Er tat so, als mache es ihm nichts aus, dass Woytas ihm den frischen Knochen weggenommen hatte. Als ginge ihn das, was draußen passierte, nichts mehr an. Aber wenn er ehrlich zu sich selbst war, wurmte es ihn gewaltig. Er hatte einmal kurz an dem Knochen schnuppern dürfen, hatte ihn sogar hin- und hergewendet und sich überlegt, an welcher Stelle er seine Zähne als Erstes ansetzen sollte. Und dann kam Woytas, entriss ihm den Knochen und warf ihn der Gefahrenabwehr vor, die nicht wusste, was man mit einem solchen Leckerbissen anfing, und ihn erst mal verbuddelte. Heide hatte schon einige solcher Knochen wieder ausgraben müssen. Sie stanken entsetzlich.
    Heide wechselte das Thema. »Wie läuft’s im Archiv?«
    »Vivos voco. Mortuos plango. Fulgura frango.« Photini stellte ihr Tablett ab und ließ sich neben Raupach nieder. Auf ihrem Teller lag ein zerfließender Teigbatzen, der eine Gemüselasagne darstellen sollte. Es sah aus wie ein zerplatzter Müllbeutel.
    »Wenn ich jemanden umbringen wollte, würde ich da was druntermischen«, sagte Heide. »Unmöglich, in diesem Kleister etwas herauszuschmecken.«
    »Der Koch hat mir

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