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Der Vierte Tag

Der Vierte Tag

Titel: Der Vierte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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wenig später wird telefonisch die Erfüllung aller Forderungen zugesichert. Bemerkenswert schnell ging das, wie gesagt, aber es ist nicht wirklich überraschend, dass es keine Schwierigkeiten mit den Leuten vom Fernsehen gegeben hat. Ich denke, die werden Herrn Fröhlich die Goldene Kamera verleihen für das beste Frühstücks- und Vormittagsfernsehen des Jahres. Zumal so preiswert, ohne Kosten für Drehbuch oder Übertragungsrechte! Und man kann ihnen diesmal nicht einmal "billigen Sensationsjournalismus" vorwerfen, befolgen sie doch nur die Forderungen eines gefährlichen Geiselnehmers und retten damit den Geiseln das Leben!
    Mehr überrascht mich der nächste Anruf. Es ist Chefarzt Zentis, der mich sprechen möchte. Und ebenso überraschend ist, dass Herr Fröhlich nichts dagegen hat, nicht einmal darauf besteht, das Gespräch mitzuhören.
    "Herr Sauerbier hat gerade seinen Herzkatheter bekommen. Raten Sie mal, was rausgekommen ist, Dr. Hoffmann!"
    Klar, irgendwie interessiert mich schon, wie die Herzkranzgefäße bei einem Mann aussehen, der die Symptome ihrer krankhaften Veränderung so wechselnd schildert. Aber in der aktuellen Situation steht diese Information nicht wirklich ganz oben auf meiner Interessenskala.
    "Also?"
    "Neunzig Prozent Verengung im großen Vorderwandast. Hätten Sie das gedacht? Die Kollegen sind schon dabei, die Verengung aufzudehnen."
    Ein verschlüsselter Hinweis? Geht es gar nicht um das Herz von Herrn Sauerbier, ist vielmehr ein Sondereinsatzkommando gerade dabei, die Tür zur Intensivstation aufzusprengen? Bedeutet "Vorderwand" unsere Wand zur Straße hin? Ich teste diese Möglichkeit mit einer medizinisch unsinnigen Frage.
    "Was ist mit der Hinterwand? Geht es da nicht?"
    "Wie? Hinterwand? Verstehe ich nicht. Habe doch gesagt, es ist der große Vorderwandast."
    These geprüft, These nicht bestätigt. Es geht Zentis tatsächlich darum, die Geisel Hoffmann ohne Verzögerung darauf hinzuweisen, dass sich der Arzt Hoffmann in der Einschätzung des Patienten Sauerbier geirrt hat. Aber es geht Zentis auch noch um etwas anderes.
    "Übrigens, was soll diese Verlegung in die Charité?"
    Ich antworte mit einer nur leicht verschlüsselten Gegenfrage.
    "Du wusstest die ganze Zeit über die familiären Verhältnisse Bescheid!"
    Kurze Pause am anderen Ende der Leitung. Kann Zentis diese Entdeckung wirklich überraschen? Seine Antwort kommt dann aber ohne weiteres Zögern, druckreif wie immer.
    "Ich wollte Sie und die Kolleginnen damit nicht belasten. Das hätte alle nur noch nervöser gemacht. Manchmal muss man, besonders als Vorgesetzter, die Verantwortung alleine tragen."
    Solche Sprüche sind kaum zu glauben, wenn man Zentis nicht kennt. Ich aber kenne ihn. Oft schon habe ich mich gefragt, ob ich vielleicht versteckte Ironie überhöre, aber das ist nicht der Fall. Wieder einmal bin ich sprachlos. Nicht aber Zentis.
    "Ich halte diese Verlegung für unsinnig, Herr Hoffmann. Schlimmer noch, ich halte sie für einen Fehler. Sie haben wieder Erwartungen geweckt, und bei dem zu erwartenden Ergebnis kann das ihre Situation massiv verschlechtern."
    "Sonst noch was, Zentis?"
    Natürlich bin ich sauer über dieses unsinnige Telefonat. Und zusätzlich sauer noch, weil Zentis mit der letzten Aussage wahrscheinlich richtig liegt.
    "Ja, alles Gute für Schwester Käthe, Schwester Renate und Sie. Ich tue alles für Sie, was ich kann."
    Ich verzichte auf eine Antwort und lege auf.
    "Hat er recht?"
    Natürlich hat Herr Fröhlich doch mitgehört. Alles andere wäre aus seiner Sicht auch tödlicher Leichtsinn gewesen.
    "Ich habe Ihnen gesagt", antworte ich, "die künstliche Leber ist eine Chance. Mehr nicht."
    Die nächsten zwanzig Minuten ist das Team Schwester Käthe/Schwester Renate/Dr. Hoffmann damit beschäftigt, Frau Fröhlich reisefertig zu machen. Dazu muss die Patientin vom Bett auf eine Transportliege umgelagert und die gesamte Medizintechnik von stationär auf transportabel ausgewechselt werden. Das ist keine besonders anspruchsvolle Aufgabe, erfordert aber Sorgfalt. Immer wieder passiert es, dass doch irgendein Gerät noch an der Steckdose hängt, der Fehler aber erst auffällt, wenn beim Abtransport irgendwann die Kabellänge nicht mehr ausreicht und der Stecker rausfliegt. Je nach Wichtigkeit des Gerätes ist die Situation dann ernst bis sehr ernst. Heute gehen wir äußerst umsichtig vor und lassen uns Zeit, bis wir der Einsatzzentrale melden, dass die Verlegung in die Charité starten kann.
    Als

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