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Der vierzehnte Stein

Der vierzehnte Stein

Titel: Der vierzehnte Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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auf den Klang seiner Stimme ansprang.
    »Von weit her gekommen für das Vergnügen einer Unterhaltung.«
    »So einfach wird das nicht funktionieren, Kommissar«, sagte Brézillon, der wieder Herr der Lage war. »Sehen Sie diese Klingel? Ich drücke drauf, und in zwei Minuten stehen unsere Leute im Dutzendpack hier.«
    »Gewähren Sie mir diese zwei Minuten, bevor Sie draufdrücken. Sie waren doch Jurist, Sie müssen die Zeugenaussagen beider Parteien anhören.«
    »Zwei Minuten mit einem Mörder? Sie verlangen viel, Adamsberg.«
    »Ich habe dieses Mädchen nicht umgebracht.«
    »Das sagen sie alle, nicht wahr?«
    »Aber nicht alle haben einen Maulwurf in ihrer Mannschaft. Zwei Tage vor Ihrem Besuch war jemand in meiner Wohnung, mit meinem Zweitschlüssel aus dem Büro. Jemand hat die Akten über den Richter durchgesehen und sich bereits vor meiner ersten Reise dafür interessiert.«
    Sich an seinen zweifelhaften Bericht klammernd, sprach Adamsberg schnell, denn er war er sich bewußt, daß Brézillon ihm nur wenig Zeit lassen würde, daß er ihn also so rasch wie möglich umstimmen mußte. Dieses Tempo sagte ihm gar nicht zu, er stieß gegen die Worte wie ein Läufer, der beschleunigt und dabei über Steine stolpert.
    »Jemand wußte, daß ich den Tragestellen-Pfad benutzte. Wußte, daß ich dort eine Freundin hatte. Jemand hat sie nach Art des Richters getötet und meine Fingerabdrücke auf ihren Gürtel gebracht. Hat diesen auf den Boden und nicht in das eisige Wasser geworfen. Das sind viele Beweise, Monsieur le Divisionnaire. Die Akte ist allzu vollständig, ohne irgendein Helldunkel. Ist Ihnen schon jemals etwas Derartiges untergekommen?«
    »Oder aber es ist die bedauerliche Wahrheit. Es war Ihre Freundin, es waren die Spuren Ihrer Hände, es war Ihr Besäufnis. Der Pfad, den Sie benutzten, und Ihre Obsession, was die Person des Richters angeht.«
    »Das ist keine Obsession, das ist ein Fall für die Polizei.«
    »Meinen Sie. Aber wer sagt mir, daß Sie nicht krank sind, Adamsberg? Muß ich Sie an den Fall Favre erinnern? Schlimmer noch und ein Zeichen größter Verwirrung ist, daß Sie diesen mörderischen Abend aus Ihrem Gedächtnis gelöscht haben.«
    »Und wie haben die davon erfahren?« fragte Adamsberg und beugte sich zu Brézillon vor. »Nur Danglard wußte Bescheid, und er hat nichts gesagt. Wie haben die es erfahren?«
    Brézillon krauste die Stirn und lockerte den Knoten seiner Krawatte.
    »Nur eine einzige weitere Person konnte wissen, daß ich das Gedächtnis verloren hatte«, fuhr Adamsberg, den Satz seines Stellvertreters benutzend, fort. »Die, die es geschafft hat, daß ich es verlor. Was beweist, daß ich in dieser Geschichte nicht allein bin und auch nicht allein auf dem Pfad.«
    Brézillon erhob sich schwerfällig, holte sich eine Zigarette vom Regal und setzte sich wieder. Ein Anzeichen dafür, daß sich der Divisionnaire zu interessieren begann und die Alarmklingel momentan vergaß.
    »Auch mein Bruder hatte das Gedächtnis verloren, wie alle, die nach den Verbrechen des Richters verhaftet wurden. Sie haben die Akten doch gelesen, nicht wahr?«
    Der Divisionnaire nickte und zündete seine billige, filterlose Zigarette an, die denen von Clémentine ein wenig ähnelte.
    »Ein Beweis?«
    »Keiner.«
    »Alles, worauf Sie sich zu Ihrer Verteidigung berufen können, ist ein Richter, der seit sechzehn Jahren tot ist.«
    »Der Richter oder sein Schüler.«
    »Hirngespinste.«
    »Die Hirngespinste sind einen Blick wert, genau wie die Poesie«, warf Adamsberg aufs Geratewohl ein.
    Den Mann von der anderen Seite her angehen. Drückt ein Poet, ohne zu zögern, auf eine Alarmklingel?
    Brézillon, der sich in seinen großen Sessel zurückgelehnt hatte, stieß eine Rauchwolke aus und verzog das Gesicht.
    »Diese Gendarmerie Royale«, sagte er nachdenklich. »Was mir persönlich an ihr mißfällt, Adamsberg, ist die Vorgehensweise. Man hat Sie als eine Art Begutachter gebeten zu kommen, und ich habe es geglaubt. Ich mag es nicht, wenn man mich anlügt oder einen meiner Männer in eine Falle lockt. Absolut unstatthafte Methode. Légalité hat mich unter Angabe falscher Gründe getäuscht. Eine Auslieferung vor der Zeit und ein Rechtsbetrug.«
    Brézillons Stolz und seine berufliche Geradheit, herausgefordert durch den Hinterhalt des Surintendant. Diesen günstigen Faktor hatte Adamsberg nicht vorausgesehen.
    »Gewiß«, fügte Brézillon hinzu, »Légalité hat mir versichert, die Anklagepunkte erst danach

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