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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Wirkung zu überprüfen. »Veronica, nicht wahr?«
    Caffery sah auf. »Wie bitte?«
    »Veronica. Sie wohnt bei Ihnen?«
    »O Gott…« Er schüttelte den Kopf und lehnte sich an den Türpfosten. »Ja, ja. Ich glaube, der Meinung war sie.«
    »Was hat nicht funktioniert?«
    »Ehrlich?«
    »Ja, ehrlich.«
    »Ich.« Er lächelte. »Ich war es. Ich bin ein Versager, wissen Sie.«
    »Hm.« Sie schwieg eine Weile und beobachtete ihn. »Das sieht man nicht.«
    »Äußerlich zeigt sich meine Macke nicht; mit bloßem Auge läßt sie sich nicht erkennen. Aber sie ist vorhanden.«
    »Was?«
    »Eine Besessenheit.«
    »Ah. Eine Frau.« Sie wandte sich wieder dem Bild zu. »Dann kann ich Veronica keine Schuld geben.«
    »Nein. Keine Frau.«
    »Dann muß es Ewan sein, nehme ich an.«
    »Ja – ich …« Er war wie vom Schlag gerührt, als Ewans Name von einer anderen Person ausgesprochen wurde. »Sie erinnern sich an seinen Namen.«
    »Dachten Sie, das würde ich nicht?«
    »Genau das dachte ich.«
    »Nun, das Gegenteil ist der Fall.« Sie stellte den Rahmen weg und begann, die Zeichnungen zu kleinen Stapeln aufzuhäufen und ans Ende des Tisches zu legen. »Und es tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, aber meiner Meinung nach ist das alles Blödsinn.«
    »Wie bitte?«
    »Es ist eine schäbige Ausrede, Ihr eigenes Leben nicht zu leben, nicht wahr? Die Vergangenheit. Ich meine, ich weiß nicht genau, was passiert ist, aber eines weiß ich: Nachdem Sie inzwischen
schließlich erwachsen sind, sollten Sie die Sache auf sich beruhen lassen, sich weiterentwickeln.« Sie legte den letzten Stapel Zeichnungen beiseite und drehte sich zu ihm um. »Lesen Sie denn die amerikanischen Dichter nicht? ›Laß die Vergangenheit die Toten begraben‹, und all das Zeug.«
    Das Glas halb zum Mund geführt, starrte Caffery sie an.
    »Ach, Mist«, sagte sie seufzend, als sie seinen Gesichtsausdruck sah. »Ich bin so grob, nicht wahr?« Sie öffnete die Hände und sah sich im Raum um, als wüßte sie nicht, warum sie sich so verhalten hatte, als wäre die Erklärung dafür an die Wand geschrieben. »Es ist wie ein Zwang. Ich meine, finden Sie nicht, daß es unhöflich war, Ihren Anruf nicht zu beantworten, beispielsweise? Und neulich einfach einzuhängen. Glauben Sie nicht, daß das unnötig grob von mir war?«
    »Ja«, sagte er. »Sie waren grob.« Er senkte das Glas und dachte einen Moment darüber nach. Dann sagte er: »Habe ich es verdient?«
    Ihre Züge wurden weicher. »Ja«, sagte sie lächelnd. »Ja, Sie haben es verdient.«
    Jack nickte und seufzte. »Das habe ich mir auch gedacht.«
     
    Bliss wurde wütend, als er ihre Hüften nicht anheben und ihr den Schlüpfer ausziehen konnte, und ließ seinem Zorn erneut freien Lauf, indem er sie grob auf die Seite drehte und dort mit aller Kraft festhielt. Dann schob er eine seiner Unterhosen zwischen ihre Zähne, klebte ein Klebeband darüber und setzte sich aufs Bett, um sie anzusehen.
    Die Frau aus Greenwich hatte fast vierundzwanzig Stunden gefesselt hier gelegen. Als er gekommen war, um den Knebel abzunehmen, um das Klebeband dort zu erneuern, wo es von Speichel durchweicht war, hatte sie ihn gebeten, die Toilette benutzen zu dürfen. Er hatte sich geweigert, und sie hatte zu weinen begonnen.
    »Bitte, lassen Sie mich gehen. Bitte.«
    Aber er hatte den Kopf geschüttelt, den Knebel wieder angelegt
und ihr ungerührt zugesehen, bis sie sich unter Tränen selbst benäßt hatte. Dafür hatte er sie geschlagen, aber pflichtbewußt die Schweinerei weggeputzt. Es war Blut darin gewesen. Was seiner Meinung nach bedeutete, daß ihre Nieren mit einer Infektion kämpften.
    »Also.« Er sah auf seine Uhr. »Es ist halb elf, Joni. Ich komme um elf, um dich herzurichten. Entspann dich einfach bis dahin.«
     
    Zehn Uhr fünfundvierzig. Die Atelierfenster waren offen, das Licht der Straßenlampen verbreitete denselben roten Schein wie ein Sonnenuntergang. Aus vorbeifahrenden Autos tönte Musik in die Straßen. Die Nacht und der Wein hatten Rebecca besänftigt, sie hatte ihr Haar gelöst, und ihre Haut schimmerte im Zwielicht. Sie saß vor ihm und sah ihn schweigend an. Schon vor langem hatten sie aufgehört zu reden: Es gab nichts mehr zu sagen, abgesehen davon, was wirklich in ihnen vorging.
    Es war Jack, der schließlich das Schweigen brach. »Ich sollte gehen«, sagte er, rührte sich aber nicht.
    Rebecca trank ihren Wein und erwiderte nichts.
    »Es ist schon spät, und ich muß morgen früh raus.« Er

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