Der Vogelmann
Ihren Job los, wenn Sie nicht tun, was ich sage.«
»Jetzt warten Sie mal, ich bin schließlich kein verdammter Streifenbulle, wissen Sie. Und Sie sind nicht mein Vorgesetzter, Sie eingebildetes Arschloch.« Er sah Maddox an. »Also? Unternehmen Sie was dagegen?«
»Sie haben ihn gehört.« Maddox zog sein Jackett an und wandte sich ab. »Nehmen Sie den Wagen, und verschwinden Sie aus meinem Blickfeld.«
Die Luftunterstützungseinheit traf mit ihrem schwarz-gelben zweimotorigen Hubschrauber ein, er kreiste über dem Bungalow, legte das Gras flach und verbreitete den heißen Dunst von Kerosin. Nachdem er gelandet war, konnte Detective Inspector Diamond, der am Anfang des Wegs unter einer alten Eiche stand, wieder das Summen der Insekten und das Knistern des sich abkühlenden Motors seines Dienstwagens hören. Er suchte in seiner Tasche nach Zigaretten, als ihm etwas ins Auge fiel.
Ein kleiner Mann, der eine fleckige Weste und schmutzige
Hosen trug und von dessen Hand eine Einkaufstüte baumelte, war wie durch Zauberei plötzlich auf dem Weg aufgetaucht.
»Guten Tag.« Er steckte nervös die Hände in die Taschen und lächelte kurz, wobei er kleine, gelbverfärbte Zähne entblößte.
»Tag.«
»Das ist ja ein ziemliches Polizeiaufgebot, wie ich sehe. Irgendwas, worüber man sich Sorgen machen müßte?«
Diamond zuckte die Achseln. »Irgendein Perverser hat sich dort unten verschanzt.«
»Ein Perverser? Wie schrecklich. Wa –, was werden sie mit ihm machen?«
Diamond wandte sich ab, um seine Zigarette anzuzünden. Er richtete sich auf und stieß in einem schnellen, dünnen Strom den Rauch aus. »O sie…« Er zupfte sich einen Tabakkrümel von der Lippe. »Sie werden ihn festnageln. Ihn am Arsch aufhängen. Wird nicht lang dauern.«
»Wirklich?«
»Ja, wirklich.«
Bliss trottete davon, kratzte sich die Stirn und murmelte vor sich hin. Er folgte der Biegung des Weges, stieg die mit Gras bewachsene Böschung hinauf und klopfte sich den Schmutz und die Nesseln von den Füßen. Schweiß sammelt sich in seinen Körperfalten, der eher vom Ärger als von der Anstrengung herrührte.
Als das Telefon im Flur zu läuten begann – er hatte vergessen, daß es überhaupt existierte – wußte er sofort, daß das Miststück nicht log. Schnell und geschickt erledigte er, was er zu erledigen hatte. Das Klingeln hörte auf, aber er verlor keine Zeit mehr: Er zog sich an und verließ leise den Bungalow, bevor die Polizei eintraf. Seine Ohren dröhnten, sein Kopf schmerzte, aber er eilte durch den nassen Wald voran, um sich so weit wie möglich vom Bungalow zu entfernen, bevor er ein feuchtes, grasbewachsenes Versteck gefunden hatte, in das er sich verkriechen konnte. Der Regen hatte nachgelassen, und die salzige Luft
brannte in seiner Nase. Er legte sich auf den Boden und horchte, wie die Polizei sich sammelte.
Jetzt, nur etwa hundert Meter vom Sierra entfernt, zögerte er, sah zum Himmel hinauf und schnaubte verächtlich. Hier oben auf der Böschung, hinter einer Reihe dichter Weißdornbüsche, war er vom Weg aus nicht zu sehen, wie er feststellte. Er brauchte bloß einfach weiterzugehen und auf der Hauptstraße einen Bus zu nehmen. Aber er wußte, daß es aus für ihn war. Jonis Tod hatte in seinem Inneren etwas zum Überlaufen gebracht. Aber wenn es schon aus mit ihm sein sollte, dann wollte er einen blutigen Stempel auf diesem Planeten hinterlassen. Er wollte den Kampf aufnehmen.
Er dachte an das stumme Fleischgebilde, das er im Bungalow zurückgelassen hatte. Er schloß die Augen und lächelte. Ja. Das war ein guter Anfang.
Versonnen summend kratzte er sich am Hals, drehte sich um und ging den Weg hinauf, bis er zu seiner Linken das Dach des grauen Sierra sah. Die Sonne war verschwunden, und ein paar Regentropfen fielen, als er auf der Höhe des Wagens ankam. Er ging langsamer und blieb hinter einer hohen, mit Efeu bewachsenen Eiche stehen. Ihm war etwas Interessantes eingefallen. Gedankenverloren kaute er auf der Innenseite seiner Lippen, griff in die Einkaufstasche und strich mit den Spitzen seiner stummeligen, rosafarbenen Finger über das Sägeblatt. Unter ihm, ganz dicht bei dem Sierra, stieg der dünne Rauchfaden einer Zigarette auf.
In seinem schwarzen Pullover und der kugelsicheren Weste wirkte Sergeant O’Shea von der Territorial Support Group, der TSG, auf diesem hübschen Feldweg genauso fehl am Platz wie ein Raubtier aus dem Dschungel. Mit ernsten Gesichtern, die Hüften vorgeschoben, die
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