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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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»Hier wären wir. Die Bibliothek.« Er öffnete die Tür. »Wendy?«
    Sie sahen in ein kleines holzverkleidetes Vorzimmer. Hinter einem Schiebefenster saß eine Frau in grauer Strickjacke mit einer geschwungenen Brille auf der Nase, die von ihrem Reader’s Digest aufsah. Als sie Caffery entdeckte, errötete sie und griff nach ihrem zusammengeknüllten Taschentuch, das in ihrem Ärmel steckte. »Hallo.«

    »Das ist Wendy. Sie arbeitet gewöhnlich bei mir in der Personalabteilung.«
    Wendy schenkte Caffery ein schwaches Lächeln und streckte die Hand aus.
    »Hallo, Wendy.« Sie errötete noch tiefer, als er ihre Hand ergriff. Sie war genauso schlaff und feucht wie die ihres Kollegen.
    »Wir überlegen, ob wir Detective Caffery hier helfen könnten. Er sucht nach einem diskreten Ort, um ein paar Befragungen durchzuführen. Wäre Ihr kleines Hinterzimmer frei?«
    Wendy stand auf und zog die Strickjacke enger um die Brust. Caffery sah, daß sie jünger war, als er gedacht hatte; es war ihre Kleidung, die sie so alt wirken ließ. »Warum nicht. Wir haben hier eine sehr altmodische Einstellung gegenüber der Polizei. Wir freuen uns, sie in jeder nur möglichen Hinsicht unterstützen zu können.«
    »Ich gehe dann wieder zurück.« Der Angestellte streckte erneut die Hand aus, und Caffery schüttelte sie.
    »Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Hilfe. Ich erwarte dann ihr Fax.«
    Nachdem sie allein waren, sah Wendy Caffery mit scheuer Ehrfurcht an und wartete, daß er das Wort ergriff, bis ihr Schweigen ihn schließlich irritierte.
    »Der Raum?«
    Der Bann war gebrochen. »Tut mir leid!« Sie errötete und betupfte ihre Nase . »Wie dumm von mir. Hier kommen nicht oft Leute von der Polizei her. Wir bewundern Sie, wir bewundern Ihre Arbeit, wir finden, daß Sie großartig sind. Mein Bruder wollte zur Polizei gehen, aber er war nicht groß genug. Bitte kommen Sie, kommen Sie hier entlang.« Sie nahm eine Karte vom Computer und befestigte sie an einer Kette um ihren Hals. »Es ist der kleine verglaste Raum am Ende des Ganges. Ich schließe ihn für Sie auf, Sie können dann sehen, ob er geeignet ist.«
    In der Bibliothek war es sehr still. Sonnenlicht fiel durch die ungeputzten Fenster und breitete sich in fahlen Vierecken auf dem Boden aus. Ein paar Ärzte saßen in den kleinen Nischen
und waren in Studien vertieft. Eine hübsche indische Frau in weißem Kittel sah zu ihm auf und lächelte. Vor ihr lag eine Zeitschrift, die auf einer Seite aufgeschlagen war, deren Überschrift lautete: »Vorgehen beim Platzen der Fruchtblase«, und darunter war ein großes Farbfoto eines Frühgeborenen ohne Kopf zu sehen, das wie ein entbeintes Huhn neben einem Maßband ausgestreckt lag. Caffery lächelte nicht zurück.
    Wendy blieb vor dem kleinen verglasten Raum stehen. Jalousien waren heruntergezogen und trennten ihn von der Bibliothek ab. »Das ist ein ruhiges Zimmer.« Sie öffnete die Tür. »Oh, Mr. Cook.«
    Im Schatten am Ende des Raums erhob sich eine Gestalt hinter einem Schreibtisch. Der Mann trug einen grünen Overall, unter dem ein ähnlich gefärbtes T-Shirt zum Vorschein kam. Seine Augen waren blutunterlaufen, seltsam farblos, und sein blaßrotes Haar war so lang, daß es im Nacken mit einem Netz zusammengehalten wurde. Nachdem sich Cafferys Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er, daß ein paar Strähnen, die am Kragen des T-Shirts hervorstanden, grau waren.
    Cook bemerkte seinen Blick. »Ist es so schlimm?« Er warf einen besorgten Blick auf sein T-Shirt, sein Gesicht lag ganz im Schatten. »Ich bin farbenblind. Hilflos wie ein Kind, wenn es darum geht, Kleider zusammenzustellen.«
    »Es sieht sehr – jugendlich aus.«
    Cook verdrehte die Augen zur Decke. »Das habe ich mir gedacht. Sie lügen einen an, diese Verkäufer. Sie treiben ihre Scherze mit einem.« Er kam hinter dem Schreibtisch hervor, und erst jetzt bemerkte Caffery ein Buch auf dem Tisch. Er hatte gerade noch Zeit genug, ein Schwarzweißfoto einer Knochensäge zu erkennen, als Cook das Buch zuschlug, es unter den Arm klemmte und zur Tür ging. »Ich räume den Platz für Sie.« Er zog eine Sonnenbrille aus dem Overall und rieb sich die Augen. »Er gehört Ihnen.« Er schlüpfte hinaus und schloß leise die Tür.
    Caffery und Wendy standen einen Moment schweigend da,
bis Wendy den Kopf schüttelte und ein mißbilligendes Schnalzen ertönen ließ.
    »Einer der Leute, die wir beschäftigen. Es ist wirklich eine Schande.« Sie wischte sich die Nase mit

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