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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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verachtest, verbringst du die Ferien bei den Chase-Greys in Connecticut. Wir werden dir eine gewisse Apanage überweisen.«
    »Du möchtest mich nicht wiedersehen?«
    Lucilla bekreuzigte sich, eine altertümliche Geste, die er nur einmal bei ihr gesehen hatte. »Ich möchte dich nicht wiedersehen.«
    Toby kehrte nach Sherborne zurück, und er und Sophie sahen einander nicht wieder. Drei Jahre später heiratete sie einen
Beamten aus dem Finanzministerium und zog nach Waltonon-Thames. Toby hatte keine Schwierigkeiten, damit fertig zu werden. Er hatte eingesehen, daß Sophie nicht der Grund, sondern das Symptom von etwas Schlimmerem war. Er spürte, wie es sich, dunkel und unförmig, in ihm zusammenbraute; genauso unheilvoll wie ein Sturm.
    Während seines letzten Jahres in Sherborne konzentrierte er sich darauf, sich auf ein Studium der Medizin vorzubereiten. Er war intelligent, und die neugegründete medizinische und zahnmedizinische Fakultät von Guys und St. Thomas, die UMDS, nahm ihn an.
    Die UMDS war gleichzeitig der Ort, wo der Vogelmann erstmals seine Flügel zu entfalten und zu erproben begann.

16. KAPITEL
    U m neun Uhr abends gingen in der Shrivemoor Street die Laternen an, und ätzend gelbes Licht leuchtete durch die heiße Nacht. Das Gebäude war still und dunkel, abgesehen von einem Streifen Neonlicht, das durch die Jalousien im ersten Stock schien, wo sich Caffery und Essex mit geöffnetem Kragen und gelösten Krawatten an einem Schreibtisch gegenübersaßen, ein Sechserpack Speckled Hen Bier tranken und eine Familienpackung Kentucky Fried Chicken verzehrten.
    Als er in den Einsatzbesprechungsraum zurückging, hatte Caffery beschlossen, Maddox nichts von seinem Fortschritt zu erzählen. Als um vier Uhr nachmittags das Fax eintraf, gerade als Detective Diamond losging, um sich einen Durchsuchungsbefehl für Geminis roten GTI zu besorgen, hatte Jack Essex ins Büro des Senior Investigation Officers gebeten. »Haben Sie schon was vor heute abend?« Er zeigte ihm die lange Papierrolle: »Das bringt mich einen Riesenschritt weiter, aber das ist erst der Anfang.«
    Nun lag das Fax ausgebreitet auf dem Schreibtisch, hing zu beiden Seiten über die Kanten hinab und bauschte sich auf dem Boden zu einem Knäuel zusammen.
    »Einhundertachtundsechzig Frauen«, sagte Essex, den Mund voller Hühnchensandwich. »Die von dreihundertzwanzig abgezogen macht, hmm …«
    »Einhundertzweiundfünfzig.«
    »Danke.« Er kritzelte die Zahl ans Ende der Liste, wo seine Finger fettige Flecken hinterließen. »Schließen wir alle, sagen wir, über fünfzig aus?«

    »Was nicht so viele sein dürften.«
    »Grob geschätzt – etwa zwanzig? Und uns bleiben einhundertund –«
    » – zweiundreißig.« Caffery trank einen Schluck Bier. »Geben Sie das in HOLMES ein, und wenn nichts dabei rauskommt, machen wir Befragungen. Übers Wochenende können wir nichts tun, aber fangen Sie am Montag an, eine durchschnittliche Befragung dauert zwanzig Minuten, also könnten wir am Tag etwa fünfzig zwischen uns aufteilen und am Mittwoch etwa durch sein; damit wären wir im Zeitplan. Gerade noch.«
    »Kein Problem«, sagte Essex und griff nach seinem Bier.
    »Sie lügen.« Caffery hob seine Dose. »Und dafür werde ich Ihnen ewig dankbar sein.«
    Sie schlugen die Dosen aneinander und tranken. »Komisch.« Essex wischte sich den Mund ab und lehnte sich zurück. »Komisch, daß Sie es nicht bemerken.«
    »Was?«
    »Das Vertrauen, das Maddox in Sie setzt.«
    »Vertrauen?« Er schüttelte den Kopf und lächelte über die Ironie. »Ist das Vertrauen? Er hat mir vier Tage gegeben.«
    »Das sind vier Tage mehr, als er jedem anderen Detective zugestanden hätte. Der Mann geht streng nach Vorschrift vor, Jack. Er ist ein stures Arbeitstier. Und Sie …« Auf der anderen Seite des Raums sprang der Drucker an. »Jetzt sehen Sie die Sache doch einmal aus seiner Sicht…« Essex stand auf, ging zum Drucker hinüber und hob die durchsichtige Abdeckung hoch. »Obwohl er Angst hat, daß Sie den Fall vermasseln, läßt er Sie von der Leine. Denken Sie mal darüber nach.« Er sah in das Gerät, wo der Druckkopf über das Papier ratterte. »Ah, von unserer lieben Kollegin in Lambeth.«
    »Dem Labor?« Caffery war froh, das Thema wechseln zu können.
    »Ja.« Essex lächelte. »Es ist von Jane Amedure, dem kleinen Genie aus dem Lake District. Sie hat mir alle Kniffe beigebracht, als ich das Beweismaterial im Fall Ambleside sammelte.«

    »Ambleside?«
    »Letztes

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