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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Lidschatten und verflachte die Perspektive zu Mondrian-Vierecken. Aber dann stellte er fest, daß er alles mit seinen eigenen Vorstellungen versehen hatte, damit sich die Außenwelt seinem inneren Bild von diesem Ort anpaßte, und daß die Umrisse der Gebäude normal und die Fenster nicht bemerkenswert waren. Er rückte seine Krawatte zurecht, ging durch die Feuerschutztüren aus Plastik und war froh, seine Augen etwas schonen zu können.
    Im Innern war das Krankenhaus schäbig; die Gänge waren stickig vom Dampf unsichtbarer Küchen und Sterilisationskammern, und an der Decke flackerte eine Reihe beschädigter Neonlampen. Er war allein, nur hinter einer Biegung des Gangs war das Echo weiterer Schritte zu hören, und ein Spatz flatterte zwischen den Rohren an der Decke hindurch. Ein paar Zentimeter vor Caffery ließ er ein zinnweißes Tröpfchen fallen, gerade als er die Tür mit der Aufschrift »Personalabteilung« öffnete.
    Geh’s langsam an. Wenn du’s zu schnell angehst, merken sie, daß du verzweifelt bist.
    Das Büro war groß und mit mobilen Trennwänden unterteilt, das einzige Geräusch war das stockende Tippen auf einer Tastatur.
    Caffery spähte um eine Trennwand. Er sah einen kleinen, gebückt dasitzenden Angestellten mit zurückweichendem Haaransatz, der ein vergilbtes Nylonhemd trug. Er tippte auf einem Computer.

    Nicht sehr vielversprechend.
    Caffery räusperte sich.
    Der Angestellte sah auf. »Morgen, Sir. Zum Komitee, nicht wahr?«
    »Nein, nicht zum Komitee, Mr., ähm.« Er sah auf das Namensschild auf dem Schreibtisch. »Mr. Bliss. Detective Inspector Caffery. Der Leiter des Personalbüros, ist er …?«
    »Sie.« Er war halb aufgestanden. »Sie ist in der Konferenz des Komitees. Sie werden nicht vor elf herauskommen.« Er streckte Caffery die Hand entgegen, der sie schüttelte. »Vielleicht kann ich Ihnen helfen, Detective – wie war der Name?«
    »Caffery.«
    »Detective Caffery.«
    »Ich würde gern Ihre Personalakten einsehen.«
    »Oh.« Der Angestellte setzte sich wieder und spähte kurzsichtig zu ihm auf. »Wenn ich nein sagen würde, würden Sie sich einen Durchsuchungsbefehl besorgen?«
    »Das ist richtig.« Er wischte sich diskret die Hand an der Hose ab. Genauso wie das Krankenhaus war auch die Hand des Angestellten feucht. »Das ist richtig, einen Durchsuchungsbefehl.«
    »Und dann bekämen Sie all die Informationen, die Sie ohnehin brauchen?«
    »Das ist richtig.«
    »Dürfte ich Sie wohl um Ihren Ausweis bitten?«
    »Natürlich.«
    Caffery stand mit den Händen in den Taschen vor dem Schreibtisch und beobachtete, wie sich der Angestellte alle Angaben auf seinem Ausweis sorgfältig notierte.
    »Danke, Detective Inspector Caffery.« Er legte den Ausweis auf die Schreibtischkante und beugte sich vor. »Ich werde es mit meiner Chefin absprechen, wenn sie aus ihrer Konferenz zurückkommt, aber über wen wollen Sie Informationen haben? Über jemand Bestimmten?«
    »Über niemand Bestimmten. Über Ärzte, Sektionsdiener,
Schwesternhelfer, alle, die Erfahrung im Operationsraum haben.«
    »Hmm.« Der Angestellte kratzte sein rosafarbenes Ohr. »Was wollen Sie? Die Privatadressen?«
    »Alter, Adresse, Kontaktnummern.«
    »Das wird einige Zeit dauern. Kann ich es Ihnen faxen? Ich glaube, unser Fax funktioniert noch.«
    Caffery kritzelte eine Nummer auf die Rückseite seiner Karte. Glücklicherweise hatte er die Sache richtig angepackt.
    »Und gibt es ein Personalzimmer? Einen Ort, wo ich die Befragungen durchführen könnte, wenn ich alles gesichtet habe?«
    »Hmm. Lassen Sie mich nachdenken; Wendy, eine unserer Büroangestellten, betreut die Bibliothek. Vielleicht würde sie den hinteren Konferenzraum für Sie aufschließen. Wir wollen mal nachsehen.« Er kam hinter seinem Schreibtisch hervor und blieb stehen, um das Büro hinter sich abzuschließen, als sie weggingen. »Ich hoffe, Sie haben günstig geparkt. Es ist ein komisches Viertel hier.«
    »Oben am Hügel, neben dem Park.«
    »Heutzutage muß man sich einen Platz erkämpfen, bei all den Komiteemitgliedern mit ihren großen Wagen und Parkausweisen. Ich habe keine Wahl, ich lasse meinen Wagen nicht zu Hause, bei den vielen Baustellen, die es heute gibt, da rammt einem ein Bauarbeiter leicht mal einen Träger durch die Windschutzscheibe, also fahre ich damit hierher und streite mich mit den großen Tieren um einen Parkplatz. Sie sind diese Woche alle hier, wissen Sie, man kann ihnen nicht aus dem Weg gehen …« Er blieb stehen.

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