Der Vogelmann
Taschentuch einen Cremetropfen von den Fingern und machte sich wieder an die Arbeit.
25. KAPITEL
W ährend Diamond in seiner Eigenschaft als selbsternannter Leiter der Mission, Gemini zu verhaften, nach Deptford fuhr, begaben sich Caffery und Essex nach St. Dunstan in Greenwich. Es war ein schöner, strahlender Tag, und auf den Straßen entlang des Parks, wo Kastanienbäume über die Mauern hingen, spazierten Frauen in blumenbedruckten Kleidern mit Kinderwagen, blieben gelegentlich geduldig stehen und warteten mit ausgestreckter Hand, bis ein dickbeiniger Dreikäsehoch aufholte. Die Straßenränder waren mit abgestellten Autos gesäumt, fast eine halbe Meile entfernt fanden sie erst einen Parkplatz.
»Ich frage mich, was er an einem Tag wie diesem macht«, sagte Essex und sah in den Himmel hinauf, als sie einparkten. »Der Vogelmann, meine ich. Ich frage mich, ob er über das nächste Opfer nachdenkt.«
»Er denkt an eine Frau mit blondem Haar.«
»Sie meinen diesen Klon. Ist das jemand, den er kennt?«
»Oder jemand, den er zu kennen glaubt.« Caffery öffnete die Fenster einen Spaltbreit, sperrte den Wagen ab und zog sein Jackett an.
»Also suchen wir jemanden, der einen Wagen fährt, sich in Anatomie auskennt und ein Faible für Blondinnen mit kleinen Titten hat.«
»Poetisch.«
»Ja.« Sie traten zur Seite, um eine Joggerin in schwarzweißem Sweatshirt vorbeizulassen. Essex drehte sich um und beobachtete, wie ihr weißblonder Pferdeschwanz in der Sonne auf und
ab hüpfte. »Vielleicht hat er die nächste schon.« Er sah Caffery an. »Vielleicht macht er es gerade mit ihr.«
Essex dachte über diese Möglichkeit nach, als sie schweigend auf das Krankenhaus zugingen. Eine Weile redete keiner. Bis Essex das Schweigen brach, plötzlich stehenblieb, auf den Fersen nach hinten wippte und ein langes, leises Pfeifen ausstieß.
»Wow. Sehen Sie mal da.«
In der Nähe der Krankenhaustore, in einer der lizensierten Parkbuchten, stand ein grünes Cobra-Cabrio mit Speichenrädern, cremefarbenen Sitzen und Holzsteuerrad, das in der Sonne glänzte. Essex ging ehrfürchtig und mit demselben glasigen Blick darauf zu, den Caffery in der Wohnung von Joni und Rebecca an ihm bemerkt hatte. »Oje, Mamma mia, entschuldigen Sie, wenn mir einer abgeht.«
Caffery verdrehte die Augen zum Himmel und seufzte. »Du lieber Gott, wenn Sie schon nicht anders können, machen Sie es wenigstens diskret. Und schnell, Detective Sergeant Essex. Diese schöne Stadt zählt auf Sie.«
Wendy, die Bibliothekarin, die ihr gewohntes Twinset trug, errötete, als sie Caffery sah. Sie hatte den Raum vorbereitet.
»Obwohl Sie ihn beinahe nicht bekommen hätten, eines der Komitees tagt heute, ich dachte schon, sie würden diesen Raum wollen. Ich schätze, Sie hatten Probleme mit dem Parken, nicht wahr?«
Die Jalousien waren heruntergezogen, auf dem Schreibtisch lag aufmerksamerweise ein Schreibblock, den er nicht benutzen würde, und daneben standen zwei Plastikbecher mit dampfendem Tee und Trockenmilch. Essex schmuggelte heimlich den Tee hinaus, goß ihn in das Urinal und besorgte Kaffee und Twix-Riegel aus der Kantine. Dann marschierte er mit der Liste los, um einige der Leute, die befragt werden sollten, zu holen.
Um zwölf Uhr dreißig hatte Caffery drei Beschäftigungstherapeuten und einen Techniker aus der Augenabteilung befragt, als die Tür aufging und Cook eintrat. Sein schütteres
kupferfarbenes Haar war unter einem Haarnetz zusammengerollt, er trug keinen Kittel, sondern nur ein gestreiftes, ärmelloses T-Shirt in Regenbogenfarben, auf das ein Marihuanablatt aufgesteppt war. Er hatte eine übergroße Sonnenbrille auf der Nase, die er erst abnahm, nachdem er die Tür geschlossen hatte. Wiederum verblüfften Caffery die entzündeten, feuchten Augen.
»Wir haben uns schon kennengelernt.« Caffery streckte die Hand aus.
»Thomas Cook.«
»Ein Name, den man sich leicht merken kann.«
»Es geht um diese Mädchen, nicht wahr?« Er ignorierte Cafferys Hand und zog einen Stuhl heraus, ohne zu warten, bis er zum Sitzen aufgefordert wurde. »Seit ich Sie neulich hier gesehen habe, habe ich Ihren Besuch erwartet.«
Caffery legte die Fingerspitzen aneinander. »Sie wissen Bescheid darüber?«
»Es stand in allen Zeitungen, und Krishnamurthi hat es überall herumposaunt. Es wird behauptet, es sei ein Nachahmungstäter von Jack the Ripper.« Er hatte eine weiche, nasale, weibliche Stimme. »Daraus schließe ich, daß dieser Typ sie
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