Der Vogelmann
die Wohnungsbaugesellschaften. Sie haben alles abgerissen, was mir lieb
und teuer war, und jetzt werden neue Häuser gebaut. Alles ultramodern. Wohnungen werden in Lofts umgewandelt und was nicht sonst noch alles …«
»Mrs. Frobisher.« Basset stellte seinen Tee neben seinen Notizblock und setzte sich ihr gegenüber. »In der Aussage, die Sie bei unserem Beamten am Schalter gemacht haben, haben Sie von einem Ihrer Nachbarn gesprochen, ist das richtig?«
»Ach, der!« Sie reckte den Kopf und kräuselte die Lippen. »Ja. Und ihn gibt es auch noch. Als hätte ich nicht schon genug Sorgen.«
»Erzählen Sie mir von ihm. Ihm gehört die Wohnung unter ihnen?«
»Sie gehört ihm. Aber er kümmert sich einen Dreck darum. Ist nie daheim.«
»Er wohnt schon lange dort, nicht wahr?«
»Seit Jahren. Seit mein George gestorben ist. Kaum war er unter der Erde, hat mein Sohn entschieden, daß die Wohnung zu groß für mich sei. Er hat die Sozialverwaltung geholt, die Planungsleute, das Gaswerk, und ich weiß nicht, wen sonst noch, und es wurde eine Menge Dreck gemacht. Sie haben die Treppe zugemauert, an der Seite eine Tür und eine dieser Garagen angebracht, so ein schrecklich amerikanisches Ding, das ganz und gar nicht nach meinem Geschmack ist. Als nächstes höre ich, daß sie die Wohnung an ihn verkauft haben, und ich und die Katze werden in unserem eigenen Zuhause wie ein paar Aussätzige ins obere Stockwerk verfrachtet …«
»Ist der Eingang an der Seite?«
»Auf der Hinterseite, unter der Garage, also gehört ihm der Garten. Nicht, daß er sich darum kümmern würde. Oooh, nein.« Sie zog die Luft ein und schüttelte den Kopf. »Nein, nein, nein. Wo er doch nie da ist. Alles ist mit Unkraut überwuchert, und das wird bis Juli so bleiben, wie ich ihn kenne. Aber selbst wenn er ihn pflegen würde, was dann? Wer wollte schon da draußen sitzen bei dem Lärm, dem Staub und dem Gehämmere den ganzen Tag? Und wenn es das nicht ist, dann
brüllen und schreien die auf der anderen Straßenseite – es ist hoffnungslos, Detective, es ist hoffnungslos.«
»Sicher«, sagte Basset nickend. »Sicher. Jetzt wollen wir uns auf das konzentrieren, was Sie unserem Beamten am Schalter über Ihren Nachbarn erzählt haben.«
»Ich habe Ihrem Sergeant gesagt, daß er meiner Meinung nach wieder den Stecker bei seiner Gefriertruhe rausgezogen hat. Dieser Gestank! Also, so einen Gestank haben Sie noch nicht erlebt, Detective. Das ist nicht normal, was immer es auch ist. Am Anfang, als er eingezogen ist, war er in Ordnung, hat die Wohnung in erträglichem Zustand gehalten, soweit ich weiß. Aber verstehen Sie, jetzt ist es soweit gekommen, daß er tage- und wochenlang nicht auftaucht, nie nach der Wohnung sieht. Und das«, sie klopfte mit einem arthritischen Finger auf den Schreibtisch, um jedes Wort zu unterstreichen, »das ist genau das, was passieren mußte. Man sollte doch annehmen, daß er als Akademiker ein bißchen Respekt zeigen würde, oder?« Sie stellte die Tasse auf Bassets Schreibtisch und begann, die Hutnadel herauszuziehen, als fühlte sie sich schließlich behaglich. »Mir tun nur seine Patienten leid.«
»Ist er Arzt?«
»Vielleicht nicht direkt Arzt, aber er hat irgendwas mit Medizin zu tun, das behauptet zumindest mein Sohn. Er muß was Wichtiges sein – bei dem schönen Wagen und den zwei Wohnsitzen. Aber trotz allem ist er ein seltsamer Kauz. So wie er die Wohnung vernachlässigt …«
»Aber es gab doch etwas Bestimmtes, was Sie gestört hat«, sagte Basset, um ihr auf die Sprünge zu helfen. »Gab’s da nicht etwas, Mrs. Frobisher? Haben Sie zu dem Beamten am Schalter nicht etwas über, über irgendwelche Tiere gesagt?« Er hielt inne. Mrs. Frobisher sah ihn verständnislos an. Einen Moment lang fragte er sich, ob der Sergeant sich verhört hatte. Ob alles nur ein Mißverständnis war. »Haben Sie nicht erwähnt, es seien Tiere im Spiel gewesen? Irgendwas darüber, daß sie mißhandelt wurden?«
»Ach das.« Es dämmerte ihr wieder. »Ja. Das auch. Er kümmert sich nicht wirklich um sie. Ich habe zwei tote Tiere in der Abfalltonne draußen gefunden. Sie sahen aus, als wären sie verhungert.« Sie trank den Tee und seufzte. »Also, der Tee ist wirklich gut. Man sagt doch, mit Teebeuteln kann man keinen guten Tee machen, aber in dem Fall muß ich widersprechen.«
»Mrs. Frobisher.« Basset holte Luft, um sich zu beruhigen. »Mrs. Frobisher, sprechen wir von Vögeln ? Waren es Vögel, die sie in der
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