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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Küchentuch ab. »Du könntest etwas Garam Masala für den Spinat machen, wenn du Lust hast, und der Mörser müßte abgewaschen werden.«
    Er stellte das Glas auf den Kühlschrank und fand Tabak und Papierchen in seiner Anzugtasche.
    »Ich habe keine anständigen Gläser finden können, deshalb leiht uns Mum ihre florentinischen Kelche. Mit denen muß achtsam umgegangen werden. In Ordnung?« Sie schnitt zwei Zitronen entzwei, drückte eine Hälfte auf die Presse und sah ihn über die Schulter an. »Jack, ich sagte: in Ordnung?«
    Caffery legte etwas Tabak ins Papier, rollte es zusammen, leckte das Papier an und suchte in seiner Tasche nach einem Feuerzeug.

    »Jack. Hast du mich verstanden?«
    »Ja.«
    Sie legte die Zitrone weg und stützte den Arm auf die Stuhllehne. »Also?«
    »Also was?«
    »Mum leiht uns ihre Lieblingsgläser. Stell dir vor. Sie vertraut darauf, daß unsere schlimmen Freunde sie nicht zerschmettern. Wir sollten vor Dankbarkeit den Boden küssen.«
    »Ich nicht.«
    Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich. »Nein, ehrlich. Wir sollten dankbar sein, weißt du?«
    Er zupfte sich etwas Tabak von der Zunge. »Ich meine es ehrlich.«
    Sie sah ihn eindringlich an und stieß dann ein kurzes Lachen aus. »Na schön, Jack.« Sie wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. »Ich habe für morgen eine Unmenge von Dingen zu erledigen. Ich habe wirklich nicht die Kraft, um…«
    »Du hast mich angelogen.«
    »Was?« Sie drehte sich langsam wieder um. »Was hast du gesagt?«
    »Ich habe gedacht, du könntest sterben.«
    »Was?«
    »Ich habe dir geglaubt. Ich habe geglaubt, der Krebs sei wieder ausgebrochen.«
    Sie verzog den Mund und schüttelte ungläubig den Kopf. »Du bist krank, weißt du? Das bist du wirklich. Glaubst du, ich würde so was erfinden?«
    »Ich habe Dr. Cavendish getroffen.«
    Veronica stand unbeweglich da. Er konnte förmlich sehen, wie das Tickerband der möglichen Lügen, der möglichen Ausreden in ihr abrollte. Einen Moment später preßte sie die Lippen so fest zusammen, daß er sah, wie sich ihre Halsmuskeln anspannten. Sie wandte sich ab und begann, wütend die Zitronen zu zerschneiden, sie auszupressen und mit ruckartigen Bewegungen den Saft in einen Krug zu gießen.

    »Ich sagte, ich habe Dr. Cavendish getroffen.«
    »Ja, und?« Sie warf die Zitronenschalen auf einen Haufen. »Ich dachte, er sei wieder ausgebrochen. Du kannst mir nicht die Schuld dafür geben. Du bist schwierig, Jack. Es war sehr schwierig für mich, mit dir zusammenzusein.«
    »Nun, vielen Dank. Es war auch verdammt schwierig, mit dir zusammenzusein.«
    »Ich glaube nicht, daß dir klar ist, in was für einer üblen Verfassung du warst, als ich dich kennengelernt habe, Jack. In einer saumäßigen Verfassung. Du bist nur aufgestanden, um zur Arbeit zu gehen, diesen Fettsack auf der anderen Seite des Bahndamms auszuspionieren und wegen deines blöden Bruders Trübsal zu blasen. Ich habe dich da rausgezogen.« Sie schlug mit der Handfläche auf das Messer, um es in die Zitronen zu stoßen. »Ich, ich habe dich da rausgezogen, ich habe dich aus diesem Pfuhl befreit. Alle, Mummy, Daddy, alle haben gesagt, ich würde meine Zeit vergeuden, aber ich habe nicht auf sie gehört. Gott, was für ein Idiot ich doch war.«
    »Ich liebe dich nicht, Veronica. Ich möchte dich nicht mehr in meinem Haus haben. Du kannst den Schlüssel hierlassen.«
    Sie ließ das Messer fallen, drehte sich verblüfft zu ihm um und starrte ihn lange an, bis er sich fragte, ob sie nach einer Antwort suchte oder sich bemühte, nicht in Tränen auszubrechen. Schließlich zwang sie ein hohes, scharfes Lachen aus sich heraus.
    »Also, das ist großartig, Jack, das ist wirklich großartig. « Sie beugte sich mit bebenden Schultern über den Stuhl. »Weil ich nachgedacht habe.« Mit zitterndem Finger deutete sie auf ihn. »Ich liebe dich nämlich auch nicht. Ich glaube nicht, daß ich dich je geliebt habe.«
    »Dann sind wir ja quitt.«
    »Ja, quitt.« Inzwischen zitterte sie am ganzen Leib. »Ich werde, ich werde für die Party bleiben, und dann verschwinde ich aus deinem Leben. Und glaub bloß nicht, daß ich das nicht tue.«

    »Wir sagen die Party ab.«
    »Nein, das tun wir nicht. Das kannst du nicht. Nicht jetzt. Wenn du sie absagst, dann schwöre ich …« Mit Tränen in den Augen hielt sie einen Moment inne. »Ich schwöre …, o bitte, Jack, ich schwöre, du gibst mir den Rest, wenn du das tust.«
    »Um Himmels willen.«
    »Bitte, Jack! Es ist auch meine

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